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Die Katze, die hoch hinaus wollte: Roman

Die Katze, die hoch hinaus wollte: Roman

Titel: Die Katze, die hoch hinaus wollte: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lilian Jackson Braun
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Nebligkeit waren, doch nur Rasmus kann Schärfe so scharf malen, daß der Betrachter zusammenzuckt.«
Das Messer, das er auf seinen Bildern malte, war immer dasselbe – ein spitz zulaufendes japanisches Hackmesser mit einem hellen Holzgriff, das selbst von provokanter Formschönheit ist. Man schaudert, wenn man zuviel über die konkrete Tat nachdenkt. Das Motiv ist das einzige, worüber man sich gefahrlos Gedanken machen kann, und das ist eine Frage, die niemals beantwortet werden wird.
Dianne Bessinger war die Gründerin und Vorsitzende von RUCK. Diesem Projekt hatte sie sich leidenschaftlich verschrieben, und sie würde nicht wollen, daß dieses ihr so wichtige Vorhaben von der traurigen Berühmtheit überschattet wird, die ihr tragischer Tod erlangte. Sie würde sagen: »Breitet über all das den Schleier des Vergessens und arbeitet weiter an der Rettung des Casablanca.«
     
    Qwilleran las die Artikel zu Ende und klopfte sich auf den Schnurrbart. Es wäre eine Herausforderung, dachte er, dieses geheimnisvolle Motiv aufzudecken. Vielleicht war es in der Wohnung vierzehn-A verborgen.

 
    Nachdem er die Zeitungsausschnitte über den Mord und den Selbstmord gelesen hatte, ging Qwilleran, einem Impuls folgend, zur Bessinger-Todd-Galerie im Finanzviertel. Sie befand sich in den Räumen der ehemaligen Lambreth-Galerie, die er so gut gekannt hatte, doch sah es innen jetzt ganz anders aus. So früh am Vormittag herrschte in der Galerie gähnende Leere, abgesehen von einem Mann im Anzug, der einem Mitarbeiter in Jeans auf einer Trittleiter Anweisungen gab. Er wandte sich überrascht um, als Qwilleran eintrat und sagte: »Wir haben geschlossen. Ich dachte, die Tür sei abgesperrt.«
    »Störe ich? Mein Name ist Jim Qwilleran. Ich habe früher beim Daily Fluxion gearbeitet und zu der Zeit, als Mountclemens Kritiker war, über die Kunstszene geschrieben.«
    »Guten Tag. Ich bin Jerome Todd. Ich habe von Mountclemens gehört, aber das war vor meiner Zeit hier. Ich komme aus Des Moines.«
    »Ich war jetzt drei Jahre weg. Ich sehe, Sie haben die Galerie vergrößert.«
    »Ja, wir haben die Decke herausgenommen, um größere Werke ausstellen zu können, und für kunsthandwerkliche Objekte den Balkon angebaut.«
    Qwilleran sagte: »Ich bin jetzt im Ruhestand und lebe im Norden oben, aber ich habe von dem tragischen Tod Ihrer Partnerin gehört und wollte Ihnen meine Teilnahme aussprechen.«
    »Vielen Dank... Kann ich irgend etwas für Sie tun?« wechselte Todd abrupt das Thema. Er war ein großer, distinguiert aussehender Mann, der eine störende Angewohnheit hatte: Er hielt sich die Nase zu, als ob er etwas Unangenehmes rieche.
    Qwilleran war ein Meister der improvisierten Antworten.
    »Ich wohne zufällig im Casablanca«, sagte er, »und möchte einen Gedenkband zu Ehren von Miss Bessinger vorschlagen, der dem Projekt, das ihr so am Herzen lag, zugute kommen würde.«
    Todd wirkte gleichermaßen überrascht und mißtrauisch.
    »Was ich im Auge habe«, fuhr Qwilleran gewandt fort, als hätte er das monatelang geplant, »ist ein Buch über das alte Casablanca, mit Fotos aus der öffentlichen Bücherei. Als Text würde ich Interviews und die Ergebnisse von Recherchen verwenden.«
    »So etwas würde teuer werden«, sagte der Kunsthändler und zog sich in der Erwartung, um Geld gebeten zu werden, etwas zurück.
    »Für Bücher über historische Themen kann man Zuschüsse beantragen«, sagte Qwilleran gelassen, »und die Einnahmen aus dem Verkauf des Buches würden an den Bessinger-Gedenkfonds gehen. Meine eigenen Dienste würde ich gratis zur Verfügung stellen.«
    Statt erleichtert zu sein, wurde Todd zunehmend mißtrauischer. »Wer würde denn interviewt werden?« fragte er scharf.
    »Experten der lokalen Geschichte, Architekten und Menschen, die sich an das Casablanca in seiner Frühzeit erinnern. Sie werden staunen, wie viele sich melden, wenn wir einen Aufruf veröffentlichen. Mein eigener Anwalt kann sich noch daran erinnern, wie er als Junge im Dachrestaurant Spinatpasteten gegessen hat.«
    »Es wäre mir nicht recht, wenn irgend jemand die Geschichte über die Begleitumstände des Todes meiner Partnerin aufwühlt. Es wurde sowieso schon viel zuviel darüber geschrieben und geklatscht«, sagte der Kunsthändler und hielt sich die Nase zu.
    »Nichts dergleichen würde geschehen, das versichere ich Ihnen«, sagte Qwilleran. In diesem Augenblick nahm er aus den Augenwinkeln eine Bewegung über ihnen wahr und blickte hinauf –

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