Die Katze, die hoch hinaus wollte: Roman
kritischen Zug um den Mund, die Eingangshalle. Qwilleran ging auf ihn zu und stellte sich vor.
»Ich bin Jeff Lowell«, sagte der Mann. »Das ist also der berühmte Presseclub. Irgendwie nicht das, was ich erwartet habe.« Er deutete auf die damastbespannten Wände und die goldgerahmten Spiegel.
»Sie haben ihn vor ein paar Jahren renoviert«, sagte Qwilleran entschuldigend, »und jetzt ist er nicht mehr der düstere, schäbige Presseclub, den ich so geliebt habe. Gehen wir hinauf?«
Oben war ein Speisesaal mit Tischtüchern, Stoffservietten und Pfeffermühlen auf den Tischen statt Papiersets und Plastikflaschen mit Senf und Ketchup. Sie wählten einen Tisch in einer ruhigen Ecke.
»Sie interessieren sich also für die Restaurierung des Casablanca«, sagte der Architekt.
»Genug, um Fragen stellen zu wollen. Ich habe meine Hausaufgaben gemacht. Ich habe gestern abend das Grinchman-&-Hills-Gutachten gelesen. Sie scheinen in bezug auf das Projekt sehr zuversichtlich zu sein.«
»Wie der Bericht klar zum Ausdruck brachte, wird es einen Haufen Geld kosten, aber es ist entschieden machbar. Es könnte das sensationellste Restaurationsprojekt im Land sein«, sagte Lowell.
»Worin besteht Ihr spezielles Interesse daran?«
»Erstens habe ich vor meiner Heirat ein paar Jahre lang im Casablanca gewohnt, und das Haus hat etwas an sich, das einen nicht mehr losläßt; ich weiß nicht, wie ich es erklären soll. Aber in erster Linie ist meine Firma daran interessiert, weil der Entwurf des Casablanca vom verstorbenen John Grinchman stammt, und wir haben die ganzen Original-Baubeschreibungen in unseren Archiven. Natürlich hat das die Prüfung ungeheuer erleichtert. Grinchman war um die Jahrhundertwende, als er Harrison Plumb begegnete, ein ehrgeiziger junger Architekt. Plumb hatte ein tollkühnes Projekt, an dem sich kein etablierter Architekt die Finger verbrennen wollte, doch Grinchman riskierte es und machte sich mit dem Casablanca einen Namen. Im Hinblick auf den Baustil war es seiner Zeit voraus; der maurische Stil kam erst nach dem Ersten Weltkrieg in Mode. Die Wände waren am Erdniveau sechzig Zentimeter dick und verjüngten sich auf achtunddreißig Zentimeter im obersten Stock. Alle Installationen – die Wasser- und Dampfrohre, die Stromleitungen – waren in Installationsschächten zwischen den Stockwerken verlegt, wo sie leicht zugänglich waren und als zusätzliche Schalldämmung dienten. Und noch etwas wird Sie vielleicht amüsieren: Die Bewohner konnten soviel Strom verbrauchen, wie sie wollten!«
»Was wissen Sie über Harrison Plumb?« fragte Qwilleran.
»Seine Familie hatte mit Eisenbahnen Geld gemacht, aber er hatte nichts fürs Geschäft über. Er war ein Träumer, ein Liebhaber der schönen Künste. Er studierte eine Zeitlang an der Ecole des Beaux Arts, und während seiner Zeit in Paris sah er, daß der Adel in feudalen Stadtwohnungen lebte. Diese Idee brachte er mit nach Hause. Er träumte davon, einen Wohnpalast zu bauen.«
»Wie reagierte die hiesige Elite darauf?«
»Die Leute waren begeistert! Es war ein Knüller! Für Familien gab es Wohnungen mit zwölf Räumen und Dienstbotenzimmern. Es gab auch kleinere Wohnungen für Junggesellen und Mätressen. Die Pferde und Kutschen waren in Ställen hinter dem Haus untergebracht und binnen Minuten verfügbar, wie Taxis. Merkwürdigerweise gab es keine Küchen, aber im obersten Stockwerk war ein Restaurant, und die Bewohner gingen entweder hinauf in den Speisesaal oder ließen sich die Mahlzeiten herunterschicken.«
»Und was war mit dem Swimmingpool?«
»Der war nur für Männer – und in gewisser Weise eine extravagante Spielerei. Im Erdgeschoß hatten sie einen Börsenmakler, einen Juwelier, eine Anwaltskanzlei und eine Versicherung. Im Keller gab es Wäscherinnen und Schuster. Barbiere, Schneider, Näherinnen und Friseure konnte man sich in die Wohnung kommen lassen.«
»Und Plumb behielt die beste Wohnung für sich?«
»Den gesamten zwölften Stock. Er war nach seinen Angaben im spanischen Stil gestaltet worden und wurde dann in den zwanziger Jahren im zeitgenössischen französischen Stil renoviert. Wenn das Gebäude restauriert ist, könnte man aus der Plumb-Suite irgendwann einmal ein Privatmuseum machen – so spektakulär ist sie!«
Qwilleran sagte: »Angenommen, der Klingenschoen-Fonds würde das Casablanca restaurieren und den ursprünglichen Charakter des Gebäudes wiederherstellen lassen, gäbe es denn eine Nachfrage nach den
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