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Die Katze, die hoch hinaus wollte: Roman

Die Katze, die hoch hinaus wollte: Roman

Titel: Die Katze, die hoch hinaus wollte: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lilian Jackson Braun
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Ordner zu.
    Siebenundzwanzig, hatte sie gesagt.
    »Vielen Dank, Mrs. Tuttle. Machen Sie so weiter!«
    Qwilleran marschierte schnurstracks auf den Parkplatz. Er hatte auf Nummer 27 gestanden, als sich jemand an seinen Reifen zu schaffen gemacht hatte. Jetzt stand ein kleiner Lieferwagen dort. Am Nachmittag war der Abstellplatz leer gewesen. Yazbro war wohl gerade von der Arbeit nach Hause gekommen – das heißt, wenn der Lieferwagen Yazbro gehörte. Bei dem Durcheinander, das auf dem Parkplatz herrschte, konnte man unmöglich sicher sein. Er notierte sich das Kennzeichen auf einem Zettel, ging zurück zu Mrs. Tuttle und zeigte ihn ihr.
    »Entschuldigen Sie, daß ich Sie schon wieder belästige«, sagte er, »aber ist das das Kennzeichen von Mr. Yazbro?«
    Wieder sah sie in dem Ordner nach, und die beiden Nummern stimmten überein.
    »Stimmt etwas nicht?« fragte sie.
    »Das kann man wohl sagen! Yazbro ist die miese Kröte, die gestern die Luft aus meinen Reifen gelassen hat, und ich möchte mich mal mit ihm darüber unterhalten. Wo wohnt er?«
    »Auf vier-K. Ich hoffe, es gibt keinen Ärger, Mr. Qwilleran. Soll Rupert mit Ihnen hinaufgehen?«
    »Nein, danke. Das wird nicht nötig sein.«

 
    Während er in Old Red in den vierten Stock zu Yazbros Wohnung hinauffuhr, hatte Qwilleran viel Zeit, seine Konfrontation mit dem Mann, der ihm die Luft aus den Reifen gelassen hatte, zu planen. Er hatte schon früher mit miesen Typen zu tun gehabt, und er wußte, wie er sie in die Knie zwingen konnte, ohne sie sich zu Feinden zu machen. Er war ein guter Schauspieler und schaffte es immer. Der Trick bestand darin, ein freundliches, belangloses Gespräch zu beginnen, ein wenig herumzureden und sie in Sicherheit zu wiegen, um sie dann aus heiterem Himmel mit einem Vorwurf zu konfrontieren und eine Warnung auszusprechen, die zwar ernst, aber nicht allzu drohend war. Er klopfte an die Tür von 4-K – souverän, aber nicht aggressiv; das war ebenfalls wichtig. Dann wartete er. Er klopfte nochmals.
    Eine Stimme rief von drinnen: »Wer’s’n da?«
    »Ein Nachbar, Mr. Yazbro«, antwortete er mit schmeichelweicher Stimme.
    Mit seiner Größe von einsneunzig und ganzen zweihundertzwanzig Pfund Gewicht hielt sich Qwilleran nicht gerade für klein, doch angesichts des muskelbepackten Riesen mit dem herausfordernden Kinn, der – eine Bierflasche in der Hand und mit nacktem Oberkörper – die Tür öffnete und den Rahmen vollkommen ausfüllte, kam er sich vor wie ein Pygmäe.
    »Mr. Yazbro?« fragte er mit einer Selbstsicherheit, die wahrhaft bewundernswert war.
    »Ja.«
    »Fahren Sie einen kleinen Lieferwagen, der auf Nummer siebenundzwanzig steht?«
    »Ja.«
    Noch keiner hatte Qwilleran je einen Feigling genannt, doch er wußte, wann Tapferkeit angebracht war und wann nicht, und er war ein Meister im raschen Erfinden von Lügen. »Ich glaube, Sie haben das Begrenzungslicht nicht ausgeschaltet«, sagte er liebenswürdig. »Ich dachte nur, daß Sie es gerne wüßten.« Dann ging er, ohne Yazbros wütendes Grunzen abzuwarten, gemächlich zum Aufzug und drückte auf den Knopf von Old Green. Der Riese kam bald darauf mit rasselnden Schlüsseln und vor sich hinmurrend ebenfalls heraus und drückte den Knopf von Old Red, um nach unten zu fahren.
    »Hat viel geregnet in letzter Zeit«, sagte Qwilleran freundlich.
    »Ja«, sagte Yazbro, und da ging auch schon die Tür von Old Green auf, und Qwilleran wurde unter Ächzen und Stöhnen Zentimeter für Zentimeter in den vierzehnten Stock befördert.
    Die Katzen erwarteten ihn an der Tür. »Zeit zum Abendessen?« fragte er sie.
    Kokos Antwort – wenn man es so nennen wollte – lautete: »Rrrrrrrrrrrr.«
    »Heißt das, du willst Rindsragout in Rahmsoße... oder Rehrücken vom Rost?«
    »Rrrrrrrrrrrr«, gurgelte Koko, und Qwilleran machte eine Dose roten Lachs auf. Er dachte, er sollte vielleicht mit dem Kater zum Tierarzt gehen, damit er sich mal seinen Rachen ansah.
    Während die Katzen mit größter Konzentration den Lachs verschlangen, analysierte er Kokos Benehmen in letzter Zeit. Nicht nur, daß sein Kehlkopf häßliche Geräusche produzierte, er schlich rastlos herum und folgte Qwilleran, ganz offensichtlich gelangweilt, auf Schritt und Tritt. Es war verständlich. Yum Yum schlief sehr viel, und daher hatte er wenig Gesellschaft; es gab keine Tauben zur Unterhaltung, und Qwilleran selbst war viel weg oder mit Dingen wie Scrabble oder dem Grinchman-&-Hills-Gutachten beschäftigt

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