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Die Katze, die hoch hinaus wollte: Roman

Die Katze, die hoch hinaus wollte: Roman

Titel: Die Katze, die hoch hinaus wollte: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lilian Jackson Braun
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gewesen.
    »Okay, ihr beiden«, sagte er. »Unternehmen wir mal etwas, das euch Spaß macht.« Er holte die neuen ledernen Laufgeschirre hervor und ließ sie verheißungsvoll baumeln.
    Koko war bereits früher mit dem Laufgeschirr herummarschiert und brannte darauf, es sich anlegen zu lassen, doch Yum Yum wehrte sich dagegen, angegurtet zu werden. Obwohl sie normalerweise für Schmeicheleien empfänglich war, ignorierte sie seine Bemerkungen, daß das blaue Leder zu ihren Augen paßte und ihr sandfarbenes Fell noch betonte. Sie wand sich, sie trat um sich, sie schnappte nach ihm. Als Qwilleran an der Leine zog, weigerte sie sich, zu gehen oder auch nur auf ihren vier Beinen zu stehen. Er zog fester, und sie stellte sich tot. Als er sie aufhob und auf ihre Füße stellte, kippte sie um, als hätte sie weder Knochen noch Muskeln in ihrem Körper und blieb reglos liegen – nicht ein Schnurrhaar bewegte sich.
    »Du bist ein widerspenstiges, undankbares, unmögliches Ding!« sagte er. »Das werde ich mir merken, wenn du dich das nächste Mal auf meinen Schoß setzen willst.«
    In der Zwischenzeit hüpfte Koko im Zimmer herum und schleifte die Leine hinterher. Das Laufgeschirr war ihm wohlvertraut. Er hatte einige seiner größten Abenteuer am Ende einer vier Meter langen Nylonschnur erlebt. Jetzt gab er deutlich zu verstehen, daß er die Terrasse erkunden wollte.
    »Es wird kalt sein«, warnte Qwilleran.
    »Yau«, antwortete Koko.
    »Und es sind keine Tauben da.«
    »Yau!«
    »Und es wird schon dunkel.«
    »YAU!« sagte Koko nachdrücklich und zerrte ihn zum Ausgang.
    Auf der Terrasse lief er ungeduldig voran. Er zog Qwilleran zunächst zur Vorderseite des Gebäudes und dann zur Rückseite. Plötzlich blieb der Kater unvermittelt stehen und ging dann zur Brüstung. Qwilleran packte die Leine fester, als sich Koko anschickte, auf die steinerne Balustrade zu springen. Schwankend stand er, die vier Füße eng aneinandergedrückt, auf dem Geländer und spähte über den Rand hinunter. Qwilleran hielt die Leine gespannt und blickte ebenfalls hinunter. Direkt unter ihnen war der Parkplatz Nummer 18; die Nummer war mit verblaßter gelber Farbe auf den Asphalt gemalt.
    »Unglaublich!« sagte Qwilleran.
    »Rrrrrrrrrr«, machte Koko.
    »Gehen wir wi eder hinein. Es ist kalt.«
    Koko weigerte sich, weiterzugehen, und als Qwilleran ihn um die Mitte packte, war sein Körper steif, und sein Schwanz krümmte sich angespannt.
    Warum, so fragte sich Qwilleran, während er den Kater zurück in die Wohnung trug, sollte Ross dreißig Meter die Terrasse entlang gehen, laufen oder torkeln, um auf Yazbros Auto zu springen? Noch verwirrender war die nächste Frage. Woher kannte Koko die genaue Stelle, wo es passiert war?
    In der Wohnung fand er Yum Yum auf dem Wasserbett schlafend vor – samt Laufgeschirr und Leine. Sanft drehte Qwilleran sie herum, öffnete den Verschluß und zog ihr das Halsband über den Kopf. Ohne die Augen zu öffnen, schnurrte sie. Und warum auch nicht? Sie hatte gewonnen. Sie hatte das letzte Wort gehabt.
    »T ypisch Frau!« brummelte Qwilleran.
    Es war Zeit, sich zum Abendessen mit der Gräfin umzuziehen, und er holte seinen dunkelblauen Anzug und das weiße Hemd aus dem Schrank, wobei er erstaunt feststellte, daß er binnen zwei Tagen zweimal einen Anzug getragen hatte. In Moose County hatte er zweimal in drei Jahren einen getragen, einmal bei einer Hochzeit und einmal bei einer Beerdigung. Zu seinem Begräbnisanzug nahm er jetzt eine rote Krawatte, um seine Stimmung zu heben. Ein gestreiftes Hemd wäre schicker gewesen, doch für modische Feinheiten interessierte sich Qwilleran nicht.
    Dies war kein Abend, auf den er erpicht war. Doch er hatte jahrelang für despotische Herausgeber wenig verlockende Aufträge erledigen müssen und war daher gewohnt, seine Pflichten ohne nachzudenken zu erfüllen. Außerdem bestand die Aussicht auf ein Buch über das Casablanca – einen exquisiten Bildband im Folioformat mit großen Fotos auf Qualitätspapier. Der Klingenschoen-Fonds würde die Finanzierung übernehmen.
    Er dachte daran, daß an diesem Nachmittag der Vorstand des Klingenschoen-Fonds seine Sitzung abhielt und Hasselrich, zitternd vor Aufregung und mit Anekdoten über Spinatpasteten, den Vorschlag mit dem Casablanca präsentieren würde. Als hätte er telepathische Fähigkeiten, läutete in diesem Augenblick das Telefon, und am anderen Ende war Hasselrich, der ihm mitteilte, daß der Vorstand einstimmig beschlossen

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