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Die Katze, die hoch hinaus wollte: Roman

Die Katze, die hoch hinaus wollte: Roman

Titel: Die Katze, die hoch hinaus wollte: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lilian Jackson Braun
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unterbrechen.«
    »Mögen Sie mich nicht?«
    Er hatte ein großes Verlangen, aufzulegen, doch er sagte so freundlich, wie er konnte: »Es liegt nicht daran, daß ich Sie nicht mag; es liegt einfach daran, daß Sie zu einem ungünstigen Zeitpunkt anrufen.«
    »Wollen Sie nicht meine Katze sehen?«
    »Ich habe Ihre Katze schon gesehen, Isabelle. Ich habe sie gestern in der Eingangshalle gesehen. Sie ist ein liebes kleines Kätzchen, und das habe ich Ihnen auch gesagt.«
    »Wollen Sie zum Abendessen kommen?«
    Er versuchte, nett zu sein. »Vielleicht erinnern Sie sich nicht mehr, aber ich habe Ihnen gestern gesagt, daß ich mit den Leuten von RUCK zum Abendessen verabredet bin.«
    »Niemand will mit mir essen«, jammerte sie. »Ich habe keine Freunde. Ich werde mich vom Dach stürzen.«
    »Jetzt warten Sie mal, Isabelle. Reden Sie doch nicht so. Sie haben ein gutes Leben vor sich. Wie alt sind Sie?«
    »Zweiundvierzig, Dreiundvierzig. Weiß nicht mehr.«
    »Erinnern Sie sich an unser Gespräch in der Waschküche? Als ich so alt war wie Sie, machte ich dasselbe durch, daher weiß ich, wie Sie sich fühlen und was Sie durchmachen. Ich weiß auch, daß Sie Hilfe bekommen können, so wie ich, und dann wieder Freude am Leben haben werden. Es gibt Gruppen, denen Sie beitreten können, wo Sie Leute treffen werden, die das gleiche Problem haben wie Sie.«
    »Hab’ kein Problem. Hab’ nur keine Freunde. Keinen Grund, weiterzuleben. Werde aufs Dach hinaufgehen und hinunterspringen.«
    »Isabelle, das letzte Mal, als ich Sie in der Eingangshalle sah, da trugen Sie Ihr Kätzchen in einer blauen Decke auf dem Arm und wirkten sehr glücklich. Wie heißt Ihr Kätzchen?«
    »Sweetie Pie.« Sie sprach undeutlich.
    »Haben Sie Spaß mit ihr?«
    Keine Antwort. Er glaubte, Glucks- und Schlucklaute zu hören.
    »Was füttern Sie ihr?«
    »So ’n Z eug aus der Dose.«
    »Spielen Sie mit Ihr? Kätzchen spielen gerne. Sie sollten es mit einem Papierknäuel versuchen. Binden Sie es an eine Schnur und schwenken Sie es herum – lassen Sie sie danach springen und es jagen.« Es war eine dämliche Unterhaltung, aber er versuchte, sie von ihrem grausigen Vorhaben abzulenken. »Wo schläft sie?«
    »Auf meinem Bett.«
    »Ist sie eine glückliche Katze?«
    »Vermutlich.«
    »Schnurrt sie viel?« Er hoffte, daß irgend etwas ihr Interesse erregen würde.
    »Weiß nich’.«
    »Junge Katzen brauchen Liebe und Aufmerksamkeit. Sie lassen sich auch gerne bürsten. Haben Sie schon versucht, sie zu bürsten?« Qwilleran wischte sich die Stirn ab. Warum trat ihm der Schweiß auf die Stirn? Warum plagte er sich so ab? Sie hörte ihm ja nicht mal zu.
    »Woll’n S ie runterkommen... auf einen Drink?« murmelt e sie.
    »Haben Sie heute schon etwas gegessen, Isabelle?«
    »Werd’ vom Dach runterspringen... Schluß machen.«
    »Hören Sie zu, Isabelle, das können Sie nicht tun. Denken Sie an Sweetie Pie! Sie braucht Sie! Was würde sie ohne Sie anfangen? Sie ist doch nur ein hilfloses kleines Kätzchen.«
    »Werd’ sie mitnehmen.«
    Er schwieg einen Augenblick. Dann sagte er: »Bleiben Sie eine Minute am Apparat, Isabelle. Legen Sie nicht auf! Ich bin gleich wieder da!«
    Er lief in die Küche und rief die Verwalterin an. »Isabelle Wilburton droht, vom Dach hinunterzuspringen!« schrie er. »Ich habe sie am Telefon!«
    »Halten Sie sie am Telefon fest«, sagte Mrs. Tuttle. »Ich gehe hinauf in ihre Wohnung.«
    Er lief zurück zum Telefon in der Bibliothek , hörte jedoc h nur das Freizeichen. War sie auf dem Weg hinauf aufs Dach – mit dem Kätzchen? Er stürzte aus der Wohnung, warf die Tür hinter sich zu und lief, drei Stufen auf einmal, die zwei Treppen hinauf. Es war niemand oben. Er wartete eine Weile, doch Isabelle tauchte nicht auf. Sollte sie etwa vor ihm oben angekommen sein? Unmöglich! Dennoch blickte er besorgt über den Rand des Daches. Ein Wind war aufgekommen, und er stellte sich im Treppenhaus unter.
    Was tue ich eigentlich hier im Casablanca? fragte er sich. In der letzten Woche hatte es nichts als Streß gegeben: kaputte Aufzüge, kalte Duschen, außer Kontrolle geratene Heizkörper, die Ausdruckstänzer, Ärger auf dem Parkplatz, die verrückte Gräfin und jetzt Isabelle! Nach zehn oder fünfzehn Minuten war er sicher, daß sie jemand aufgehalten hatte, und machte sich auf den Weg nach unten. Am Ende der zweiten Treppe erwartete ihn eine unliebsame Überraschung. Die Stahltür, die die Treppe vom obersten Stockwerk abtrennte, war

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