Die Katze, die hoch hinaus wollte: Roman
Holzsplitter auf«, warnte ihn Amber.
Der Tafelschmuck war ein Arrangement aus weißen Nelken und Unkraut vom Parkplatz. Zinnteller und -kelche standen auf den nackten Holzbrettern, und es gab vier große Kerzenleuchter aus Zinn.
»Wo haben Sie denn die gestohlen?« fragte Amber, und Courtney warf ihr einen vernichtenden Blick zu.
Als ersten Gang gab es Kressecremesuppe, gefolgt von Krebs-Küchlein mit Shitake-Pilzen, Rübchen in Orangenglasur und wildem Reis. Ein Artischockenherzen-Sprossen-Salat wurde auf Lalique-Tellern als eigener Gang serviert, und mit einem Schokoladensouffle endete das Mahl. Nicht schlecht, dachte Qwilleran, für eine Umgebung, die aus Holzkisten und Betonblöcken bestand.
Amber sagte zu ihm: »Courtney gibt jedes Jahr am vierten Juli eine Party auf dem Dach, mit Picknickkörben mit Hühnchen, Wein und Kirschtörtchen. Vom Dach aus hat man einen phantastischen Blick auf das Feuerwerk.«
»Wie kommt man da hinauf?«
»Vom vierzehnten Stock geht eine Treppe hinauf. Auf der Tür steht ›Zutritt verboten‹, aber sie ist nie abgesperrt. Im Sommer ist das ein schöner Platz zum Sonnen.«
Qwilleran sagte: »Als Experte für die Szene im Casablanca könnten Sie mir vielleicht ein paar Fragen beantworten, Courtney. Wie kommt es, daß Rupert anscheinend nie irgend etwas arbeitet? Er hängt nur herum.«
»Er ist eigentlich für die Sicherheit zuständig«, sagte der Gastgeber, »und unter seiner schlechtsitzenden Jacke trägt er ein regelrechtes Werkzeugarsenal mit sich herum.«
»Und was ist mit diesem Yazbro im vierten Stock?«
»Der ist Möbelpacker und mit einem einzigen Vorfall berühmt geworden: Ross’ Leiche ist auf seinem Wagen gelandet, und so kam sein Name in die Zeitung. Wollen wir den Kaffee in der Sitzecke trinken? Und möchten wir alle etwas von Noel Coward hören?« Er ging zu einem Stapel Erdbeerkisten, die Kassetten und CDs enthielten.
»Spielen Sie doch das Band von Ihrer eigenen Show, Courtney«, sagte Amber. Sie wandte sich an Qwilleran. »Er schreibt ein Musical mit dem Namen Casablanca Cathouse, und die Eröffnungsnummer ist eine Wucht!«
»Ich schreibe das Buch und die Liedtexte, aber ich habe noch keinen Komponisten gefunden«, sagte der Impresario. »Keestra macht die Choreographie. Sie haben vielleicht schon von Keestra Hedrog und ihren Ausdruckstänzern gehört, Qwill. Sie wohnt auf vierzehn-B.«
»Sind das Bauchtänzer? Ich habe merkwürdige Geräusche durch die Wand gehört.«
»Sie sind einzigartige Interpreten fundamentaler Gefühle«, erklärte Courtney herablassend.
»Spielen Sie die Eröffnungsnummer, Court«, drängte ihn Amber.
»Courtney! « sagte er tadelnd. »Die Musik müssen Sie sich vorstellen.«
Das Band begann zu laufen, und seine Stimme verkündete mit einem gekünstelten britischen Akzent: »Musical in zwei Akten von Courtney Hampton. Casablanca Cathouse. – Erster Akt, erste Szene.« Dann kam der Liedtext:
Die Leute reden oft von ’nem besonders miesen Haus.
Das ist alt und kaputt, schon das Foyer sieht schrecklich aus.
Wie wahr...
Das Dach ist leck, in den Gängen liegt Dreck.
Die Lifts sind am Verenden, es rieselt von den Wänden.
Doch in Wirklichkeit ist’s gar nicht so ein Graus.
Der Lack vom Fenster geht im Stück ab, Warmwasser gibt’s
nur, wenn man Glück hat,
Und der Spüle in der Küche entströmen seltsame Düfte,
Doch daß es schlimm ist, das sind alles nur Gerüchte.
Ja...
Das Casablanca Cathouse hat ein tolles Flair!
Die Mieter werden immer exklusiver!
Die Stripperinnen flogen schon nach einer Nacht raus.
Die Penner machten sich im Suff gegenseitig den Garaus,
Und die Puffmutter im elften Stock ist still wie ’ne Maus.
Der Fensterputzer stürzte ab und stiehlt jetzt nie mehr.
Ja...
Das Casablanca Cathouse hat ein TOLLES Flair!
Die Mäuse werden von Jahr zu Jahr kleiner.
Wir sind Bohémiens, schick und dekadent.
Sehen wir uns im Gang, sind wir äußerst dezent.
Werden wir überfallen, geben wir das letzte Hemd.
Brav, bieder und vernünftig ist hier keiner.
Oh...
Es gibt ’ne Menge schrille Typen mit Stöcken und Krücken,
Alte Voyeure und verschreckt-verhuschte Seelen,
Exhibitionisten beider Geschlechter,
abgetakelte Herzensbrecher, Und Klassefrauen mit Pelzen und Juwelen.
Ja...
Das Casablanca Cathouse hat ein T-O-L-L-E-S Flair!
In anderen Häusern sieht’s dagegen trostlos aus.
Es heißt, es wär’ ein übles Quartier –
Millionäre und Politiker wohnen keine hier,
Doch
Weitere Kostenlose Bücher