Die Katze, die hoch hinaus wollte: Roman
das?« fragte Dunwoody.
»Das sind Siamk atzen. Sehr intelligent.«
Yum Yum lieferte einen Beweis ihrer Intelligenz, indem sie die Stufen hinaufhuschte, durch die Glastüren verschwand und zurück zum Wasserbett lief, Koko kratzte sich mit der Hinterpfote am Ohr, ein Kunststück, bei dem er schielen und die Fangzähne entblößen mußte – die am wenigsten ansprechende Pose in seinem gesamten Repertoire.
»Darf ich Ihnen etwas zu trinken anbieten?« frage Qwilleran.
»Für mich nichts«, sagte Charlotte.
»Ich hätte nichts gegen ein Bier«, sagte Dunwoody, wobei in seinem ausdruckslosen Gesicht leises Interesse aufflackerte.
Qwilleran entschuldigte sich, ging in die Küche und kam mit einem Tablett zurück. »Falls Sie es sich überlegen«, sagte er zu Charlotte, »hier ist ein Glas weißer Traubensaft.« Er sagte nicht, daß er aus Kokos Privatvorrat stammte; das hätte ihre Gefühle verletzt. Dunwoody griff äußerst vorsichtig nach seinem Glas; es war zweifellos das erste Bier, das er aus einem Waterford-Kristallglas trank. »Prost!« sagte Qwilleran grimmig entschlossen und hob sein eigenes Glas mit Traubensaft.
»Ungewöhnlicher Raum«, sagte Dunwoody.
»Die gesamte Wohnung war früher ein Restaurant, der ›Palmenpavillon‹. Das Haus hat eine interessante Geschichte. Ich trage mich mit dem Gedanken, ein Buch darüber zu schreiben.« Charlotte sagte zu ihrem Freund: »Mr. Qwilleran schreibt ganz hervorragend.« Beide starrten ihn mit großen, staunenden Augen an.
»Sind Sie auch im Gaststättengewerbe tätig?« fragte Qwilleran den Mann.
»Nein, ich arbeite bei der Stadtverwaltung.«
»Er ist Ingenieur«, sagte Charlotte stolz.
»Wie gefällt Ihnen das Landleben, Mr. Qwilleran?«
»Jetzt, wo ich mich an die frische Luft, die sicheren Straßen und den schwachen Verkehr gewöhnt habe, gefällt es mir gut.«
»Ich habe immer in der Stadt gelebt. Raymond auch, nicht wahr, Liebling?« Sie wandte sich ihrem Begleiter zu und strahlte ihn an.
Qwilleran widerstand einem dringenden Bedürfnis, auf die Uhr zu schauen. »Seit wann wohnen Sie schon im Casablanca?«
»Seit sie unser altes Haus auf der River Road abgerissen haben. Raymond ist... wann bist du eingezogen, Schatz?«
»Vor vier Monaten.«
»Es ist nicht weit zu unserer Arbeit«, erklärte sie.
»Das ist eindeutig ein Vorteil«, sagte Qwilleran.
»Die Bushaltestelle ist vor dem Haus«, lautete Dunwoodys Beitrag zu dem Gespräch.
Die drei sahen einander an. Qwilleran suchte verzweifelt nach etwas, das er sagen konnte. Es waren die längsten zehn Minuten, die er je erlebt hatte.
Dunwoody ergriff wieder das Wort. »Was macht der Kater da?«
Koko grub sich unter den Vorleger vor der Bar.
»Laß das, Koko!« schalt Qwilleran. Er zerrte den Kater unter dem Vorleger hervor und strich ihn glatt, um den Blutfleck zu verdecken. »Das ist eine schlechte Gewohnheit, die er seit kurzem hat. Noch ein Bier, Mister Dunwoody?«
»Es wird Zeit, ich muß zur Arbeit«, sagte Charlotte. »Komm, Raymond. Vielen Dank, Mr. Qwilleran.«
»Es war mir ein Vergnügen, das können Sie mir glauben. Es war ein Glück, daß Sie gerade zu diesem Zeitpunkt gekommen sind.« Er war so erleichtert gewesen, als sie kamen, und jetzt war er so erleichtert, daß sie gingen!
Seine Gäste stiegen aus der Sitzecke hinauf, murmelten ein paar Abschiedsworte und gingen. Hätte Qwilleran Alkohol getrunken, dann hätte er sich jetzt einen doppelten Scotch genehmigt. Statt dessen nahm er sich eine große Portion neapolitanisches Eis und gab den Katzen auch einen Löffel. Sie schleckten das Vanilleeis auf, zeigten jedoch, daß sie vom Schokolade- und Erdbeereis nichts hielten, indem sie mit den Pfoten in der Luft herumruderten, was hieß: »Nimm es weg und vergrabe es!«
In Anbetracht der Ereignisse dieses Nachmittags war Qwilleran froh, als es Zeit wurde, sich umzuziehen und zum Abendessen zu Roberto zu gehen. Wieder holte er den grauen Anzug aus dem Schrank, und um halb sieben spazierte er zum Blue Dragon, um Mary Duckworth abzuholen.
Auf dem Weg zum Restaurant sagte sie: »Würdest du mir etwas erklären, Qwill? Vorigen Montag hast du mir gesagt, daß du keine Spiele kannst, und drei Tage später hast du die Gräfin beim Scrabble geschlagen.«
»Es überrascht mich selbst, Mary. Zuerst fand Yum Yum diesen Blankostein, und dann entdeckte Koko die Scrabble-Schachtel, also las ich die Spielanleitung und beschloß, es mal zu versuchen. Wenn ich zufällig gewonnen habe, so war das
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