Die Katze
liebsten eine runtergehauen hätte.
Wir tragen beide eine Menge Wut mit uns herum , hörte sie Jill sagen.
»Ich bin nicht wütend«, sagte Charley laut. »Scharf vielleicht. Aber nicht wütend.« Außerdem hatte der Tag ja auch durchaus gute Neuigkeiten gebracht: Der Anruf von Lester Owens aus New York, die Aussicht auf ein lukratives Vertragsangebot für ihr Buch. Sie hatte einiges zu feiern, dachte sie auf der Fahrt. Vielleicht würde sie mit den Kindern essen gehen. Vielleicht würde sie Alex überreden mitzukommen. Nein, das war keine gute Idee, entschied sie unverzüglich. Es war noch viel zu früh, ihn den Kindern vorzustellen. Oder nicht? Was dachte sie sich eigentlich?
James saß neben seinem Vater auf der Treppe von Steves schmalem Wohnwagen in einem besseren Trailer Park in Boynton Beach, wo er wohnte. »Mommy!«, rief James und sprang auf, sobald er ihren Wagen sah. Als sie über das kleine Stück Rasen vor dem Wohnwagen kam, warf er sich ihr zu Füßen. »Rate mal, was! Rate mal, was! Daddy heiratet!«
Steve betrachtete verlegen seine Stiefel und strich mit der rechten Hand durch seine langen blonden Haare. »Ich dachte, wir wollten eine Sekunde warten, bevor wir deine Mutter mit der Neuigkeit überraschen«, sagte er und blickte errötend auf. »Tut mir leid, Charley.«
»Du heiratest?«
»Wir haben noch keinen Termin festgelegt, aber...«
»... du heiratest.«
»Ja.« Steve sah sie erwartungsvoll lächelnd an.
Charley wollte sein Lächeln erwidern, war sich aber nicht darüber im Klaren, was sie empfand. Natürlich war sie davon
ausgegangen, dass Steve eines Tages heiraten würde. Sie selbst hatte jedenfalls ganz bestimmt kein Interesse mehr an ihm. Aber ihr Verhältnis war bis jetzt relativ locker und unkompliziert gewesen, genau wie mit Ray, bevor Elise auf der Bildfläche erschienen war. »Na, herzlichen Glückwunsch«, hörte sie sich sagen. »Du siehst richtig glücklich aus.«
»Das bin ich auch. Danke.«
»Sie heißt Löwe und ist Laurie«, verkündete James stolz.
»Was?«
»Er meint, sie heißt Laurie und ist Löwe«, verbesserte Steve. »Das ist ihr Sternzeichen. Astrologie ist ihr Ding«, fügte er einfältig hinzu.
»Ich schätze, es gibt Schlimmeres«, sagte Charley und musste an ihren Bruder denken.
»Möchtest du sie kennenlernen?«
»Sie ist hier?«
»Sie wartet drinnen.«
»In dem Fall möchte ich sie unbedingt gerne kennen lernen.« Charley wappnete sich innerlich, als Steve an die Wohnwagentür klopfte.
Die Tür ging auf, und ein sehr hübsches Mädchen mit braunen Haaren bis zur Hüfte und strahlend weißen Zähnen trat ins Licht der Spätnachmittagssonne. »Es freut mich wirklich sehr, dich kennenzulernen«, sagte sie und streckte die Hand aus. »Seit Steve mir erzählt hat, wer du bist, lese ich deine Kolumnen immer im Internet. Sie sind wirklich gut. Du bist Fische, stimmt’s?«
Oha, dachte Charley, eine Vollspinnerin. Laut sagte sie: »Woher wusstest du das?«
»Ich schwöre, ich hab nichts verraten«, sagte Steve stolz.
»Es ist einfach offensichtlich. Du bist kreativ, intuitiv, sensibel. Das spürt man an deiner Art zu schreiben.«
Nun, vielleicht doch keine Voll spinnerin, korrigierte Charley sich. »Bist du Astrologin?«
»Nein, das ist bloß ein Hobby von mir. Ich bin Löwe. Wir Löwen mögen so etwas.«
»Laurie ist Zahntechnikerin«, erklärte Steve. »So haben wir uns auch kennengelernt.«
»Ich fand, dass er unheimlich schöne Zähne hat«, gestand Laurie kichernd.
»Er hat sehr schöne Zähne«, stimmte Charley ihr zu.
»Hab ich auch schöne Zähne?«, fragte James lautstark, schob seine Lippen mit den Fingern auseinander und sperrte den Mund weit auf.
»Du hast die schönsten Zähne von allen«, sagte Laurie, als Charley gerade dasselbe sagen wollte. James schlang die Arme um Lauries Knie, und sie strich instinktiv über seinen Kopf.
Charley spürte, wie sie sich entspannte. Was machte es, wenn Laurie ein bisschen verrückt war? Sie war süß, freundlich und vergötterte ihren Sohn ganz offensichtlich. Was konnte man mehr verlangen? »Wollt ihr hier wohnen?«
»Wir hoffen, ein kleines Haus zu finden, das wir uns leisten können«, sagte Laurie.
»Wir sparen beide«, fügte Steve hinzu.
»Ihr schafft das schon.«
»Ich hoffe, dass du zu unserer Hochzeit kommen kannst«, sagte Laurie.
Das hatte Charley nicht erwartet. »Das ist sehr nett von dir.«
»Ich werde Ringewerfer«, verkündete James stolz.
»Ring träger «, verbesserte
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