Die Katze
zu besuchen, meine ich. Wir könnten Pizza bestellen und...«
»Ich fahre mit den Kindern übers Wochenende nach Disney World.«
»Disney World. Ich mag Disney World. Lust auf Gesellschaft?«
»Meine Mutter kommt auch mit.«
»Ich mag Mütter.«
»Und mein Freund«, fügte Charley hinzu.
»Freund finde ich nicht so toll«, sagte Glen mit einem traurigen Lächeln. »Verzeihung, ich wusste nicht, dass Sie mit jemandem zusammen sind.«
»Es ist auch noch ziemlich frisch.«
»Und ziemlich ernst?«
»Ich weiß nicht genau. Ich denke, es könnte ernst sein.«
»Na, das ist ja echt blöd«, sagte Glen und lachte.
»Darf ich Bandit trotzdem behalten?«, fragte Charley nur halb im Scherz.
»Er gehört Ihnen.« Glen stand auf. »Ich denke, es wird Zeit, dass ich aufhöre, Ihnen auf die Pelle zu rücken.«
»Sie müssen noch nicht gehen.«
»Doch, muss ich.« Er streckte die Hand aus und fasste ihr Kinn. »Passen Sie gut auf sich auf, Charley.«
»Sie auch.«
Charley saß ganz still auf ihrem Stuhl und spürte den Abdruck seiner Finger noch auf ihrer Haut, als Glen hinausging, ohne sich noch einmal umzudrehen.
»Sie sind so still heute.« Jill lehnte sich zurück und lächelte Charley über den Tisch hinweg an.
»Ich soll ja auch zuhören«, erinnerte Charley sie. Jill hatte fast zwei Stunden lang geredet, zumeist profane Erinnerungen an ihre Highschool-Jahre. Deshalb waren Charleys Gedanken immer wieder zu Glen und der überraschend sanften Berührung seiner Finger gewandert.
Jill blickte zu dem Kassettenrekorder auf dem Tisch. »Wie viele Stunden Band haben Sie jetzt eigentlich?«
Ich denke, es wird Zeit, dass ich aufhöre, Ihnen auf die Pelle zu rücken , hörte sie Glen sagen. »Verzeihung. Wie bitte?«
»Ich habe Sie gefragt, wie viele Stunden Band Sie haben.«
»Ich weiß nicht genau. Viele.«
»Haben Sie sich schon irgendwas davon angehört?«
»Nein.«
»Wieso nicht?«
Weil ich schon den Gedanken nicht ertrage, dachte Charley, sagte jedoch: »Ich dachte, dass ich meine Recherchen zunächst komplett abschließe und dann anfange, alles zusammenzufügen.«
»Das wird bestimmt ein Spaß«, bemerkte Jill seltsam verträumt. »Dann können Sie alles noch mal durchleben.«
Charley spürte, wie sich ihr Magen umdrehte. »Wie Sie mit den Bändern, die man unter Ihrem Bett gefunden hat?« Sie versuchte, die Frage so beiläufig und dahingeworfen wie möglich klingen zu lassen, wandte den Blick ab und strich eine unsichtbare Fluse von ihrer grauen Hose.
»Das sollten Sie nicht tun.«
»Was sollte ich nicht tun?«
»Zu Boden blicken und desinteressiert tun. Das ist absolut verräterisch.«
»Verräterisch?«
»Beim Pokern nennt man es ein Tell.«
»Ich fürchte, ich kann Ihnen nicht folgen.«
Jill seufzte vernehmlich, als würde sich ihre Musterschülerin unerträglich begriffsstutzig anstellen. »Haben Sie je Poker gespielt?«
»Nein.«
»Okay, dann will ich versuchen, es Ihnen zu erklären. Ein Tell ist zum Beispiel, wenn man sich jedes Mal, wenn man ein gutes Blatt hat, an die Nase fasst, oder jedes Mal, wenn man blufft, am Hals kratzt. Es ist einem selbst oft gar nicht bewusst. Aber jeder, der einen beobachtet, kriegt es ziemlich schnell raus.«
»Und Sie meinen, das mache ich?«
»Dauernd. Jedes Mal, wenn Sie nicht zeigen wollen, wie spannend etwas ist, blicken Sie zu Boden oder betrachten Ihre Nägel. Und Sie nesteln ständig an Ihrer Kleidung herum.« Jill lachte. »Sie sind so leicht zu lesen wie ein Buch Ihrer Schwester.«
Charley versuchte ihre Verärgerung mit einem Lächeln zu überspielen.
»Jetzt sind Sie wütend. Jedes Mal, wenn Sie Ihre wahren Gefühle vor mir verbergen wollen, erscheint dieses leicht hämische Lächeln in Ihrem Gesicht.«
»Sie glauben, Sie durchschauen mich ziemlich gut«, sagte Charley.
Sie glauben, Sie kennen mich .
»Irre ich mich?«
»Warum sollte ich so tun, als wäre ich desinteressiert an irgendetwas, was Sie sagen?«
»Wahrscheinlich haben Sie Angst, dass ich dichtmache, wenn Sie zu begierig wirken. Wie eben, als wir über die Bänder geredet haben, und ich habe gesagt: ›Dann können Sie alles noch mal durchleben.‹ Wir wussten beide, dass das eine ziemlich provokative Äußerung war, die alle möglichen saftigen Enthüllungen versprach. Also tun Sie ganz nonchalant und denken, ich bin so blöd und ahnungslos, dass ich einfach weiterplappere
und die Katze aus dem Sack lasse. Nur um Sie zu beeindrucken.«
»Machen Sie das - versuchen Sie,
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