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Die Katze

Titel: Die Katze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joy Fielding Kristian Lutze
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Handy anrufen zu dürfen. Ganz bestimmt werde ich Ihre Großzügigkeit und Ihren guten Willen nicht ausnutzen. Im Gegenteil: Ich werde mich nur bei Ihnen melden, wenn mir etwas wirklich Wichtiges einfällt oder ich der Post nicht vertraue. Ich möchte nicht, dass Sie meiner überdrüssig werden, und verspreche, ganz bestimmt keine Plage zu sein.
    Ihre Idee mit den Briefen finde ich übrigens sehr gut. So können wir eine Menge Zeit sparen, und vielleicht hilft es Ihnen bei der Vorbereitung Ihrer Fragen. Ich will Ihnen natürlich nicht vorschreiben, wie Sie Ihre Zeit einteilen sollen. Bestimmt nicht. Ich würde es mir im Traum nicht einfallen lassen, einer Autorin Ihres Kalibers zu erklären, was sie zu tun hat. Ich bin so aufgeregt über unsere Zusammenarbeit, also entschuldigen Sie bitte, wenn ich manchmal ein wenig zu enthusiastisch klinge.
    Ein weiterer positiver Nebeneffekt der Briefe besteht darin, dass ich auf diese Weise etwas zu tun habe. Ich verbringe viel Zeit alleine in meiner Zelle, und auch wenn Häftlinge im Todestrakt ein Radio und einen kleinen Schwarzweiß-Fernseher
in ihrer Zelle haben dürfen - wussten Sie das? -, will man manchmal einfach mit jemandem reden (und damit meine ich nicht die anderen Insassen). Briefe zu schreiben ist natürlich ein wenig einseitig, aber ich kann ja immer so tun, als wären Sie hier bei mir, würden mich ansehen, dem, was ich sage, wirklich zuhören und hoffentlich versuchen zu verstehen. Selbst wenn wir sonst nichts erreichen würden, wäre ich damit zufrieden.
    Alex hat gesagt, Sie meinen, ich sollte mit meiner Kindheit anfangen. Ich finde, das ist eine ausgezeichnete Idee. Schließlich sind wir alle das Produkt unserer Kindheit. Alles, was wir als Erwachsene werden, geht darauf zurück, wer wir als Kinder waren, wie wir behandelt wurden und was unsere Ideen und Werte geprägt hat. Wir sind, wer wir waren - nur größer. Sehen Sie das auch so?
     
    Charley ließ den Brief in ihren Schoß sinken. »›Alles, was wir als Erwachsene werden‹«, wiederholte sie laut, »›geht darauf zurück, wer wir als Kinder waren.‹ Ich schätze, dem kann ich zustimmen.« Sie atmete tief ein und blies die Luft wieder aus wie Zigarettenrauch. Wir sind, wer wir waren , las sie stumm noch einmal. Nur größer . »Ich wette, du hältst dich für verdammt clever, was?«
    »Nun, ja. Wo Sie es erwähnen«, sagte Mitch Johnson hinter ihr.
    Charley fuhr auf ihrem Stuhl herum. »Anklopfen wäre nett«, sagte sie zu ihrem Vorgesetzten mit dem runden Gesicht und dem Bierbauch.
    »Eine Tür wäre auch nett, aber was soll’s, wir müssen mit dem auskommen, was wir haben.« Er machte zwei Schritte auf ihren Stuhl zu, sodass Charley ein feiner Hauch seines Körpergeruchs in die Nase stieg. »Noch mehr Drohbriefe?«
    Charley legte Jills Brief verdeckt auf ihre Knie. »Nein, die ganze Woche nichts.«
    »Nun, das ist eine Erleichterung.«

    »Ja, in der Tat.« Sie wartete, dass er entweder noch etwas sagte oder ging. »Kann ich sonst noch etwas für Sie tun, Mitch?«
    »Michael hat mir erzählt, dass Sie ein Buch über Jill Rohmer schreiben?«
    »Ja, das ist richtig.«
    »Wäre schön gewesen, das aus erster Hand zu erfahren.«
    »Das Projekt steht noch ganz am Anfang«, erwiderte Charley. Sie hatte keine Lust, sich um Mitchs gekränktes Ego zu kümmern. »Ich habe noch nicht einmal einen Vertrag.«
    »Das Ganze liegt ein bisschen außerhalb Ihrer Kuschelecke, was?«
    »Das werde ich vermutlich herausfinden.«
    »Ich könnte Ihnen helfen … sich einzukuscheln. Abendessen? Morgen?«
    Charley fragte sich, ob das ein Scherz sein sollte. »Ich kann nicht«, sagte sie. »Aber richten Sie Ihrer Frau bitte aus, dass ich das freundliche Angebot zu schätzen weiß.«
    »Polly und die Kinder sind übers Wochenende weggefahren. Ich dachte, wir könnten vielleicht ein neues Lokal ausprobieren. Intime Beleuchtung, Wachskerzen …«
    Charley schüttelte den Kopf. »Das ist wirklich unangemessen, Mitch.«
    »Ach, kommen Sie, Charley. Nun gucken Sie nicht so grimmig. Sie haben doch nicht geglaubt, dass ich das ernst meine, oder? Wo bleibt ihr Humor?«
    »Ich habe keinen, Mitch. Sonst noch was?«
    »Die Kolumne für den kommenden Sonntag«, sagte er nach einer Pause. »Nicht Ihre beste.«
    »Was ist verkehrt daran?«
    »Sie ist viel zu ernst.«
    »Alkohol am Steuer ist ein ernstes Thema«, sagte Charley.
    Er zog die Augenbrauen hoch. »Die ernsten Themen sollten Sie wohl besser den ernsten Journalisten

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