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Die Katze

Titel: Die Katze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joy Fielding Kristian Lutze
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hat mich gezwungen, das dreckige Kleid am Nachmittag zur Geburtstagsfeier einer Nachbarin zu tragen. Es war mir schrecklich peinlich, und ich wollte nicht hingehen, aber er hat gedroht, er würde den Kopf meiner Schildkröte abschneiden, wenn ich nicht mitkäme. Also bin ich natürlich zu der Feier gegangen. Die Schildkröte - sie hieß Tilly - habe ich mitgenommen, versteckt in einer Tasche meines Kleides. Doch irgendwie muss sie entwischt sein, denn wenig später war sie weg, und ich habe sie nie wiedergesehen. Pammy hat gesagt, wahrscheinlich hätte die Nachbarskatze sie erwischt. Mein Vater meinte, das geschehe mir recht. Und meine Mutter sagte, es wäre Gottes Wille.
    Wie dem auch sei, zurück zu dem, was ich über Schwestern sagen wollte. Ich staune einfach, wie verschieden Menschen sein können, Menschen, die von denselben Eltern abstammen und gemeinsam aufgewachsen sind, mit denselben Werten etc. Um Ihnen ein Beispiel zu geben: Pam war immer ein braves Mädchen. Sie ist nie in irgendeinen Schlamassel geraten, hat immer
ihre Hausaufgaben gemacht und nur glatte Einsen geschrieben, während ich ständig wegen irgendwas Ärger hatte. Sie hatte viele Freundinnen, war jedoch bei den Jungen nicht so beliebt wie ich. Sie war eine Idealistin, könnte man wohl sagen. Sie sprach davon, dass sie sich dem Friedenskorps anschließen, nach Afrika gehen und armen Menschen helfen wollte, die an AIDS starben. Mein Vater meinte, wenn sie unbedingt armen Menschen helfen wollte, könnte sie zu Hause bleiben und ihm mit meiner Mutter helfen, bei der vor zehn Jahren MS diagnostiziert wurde. Und genau das hat Pam am Ende dann auch gemacht. Obwohl sie die Highschool als Klassenbeste abgeschlossen hat, ist sie nie aufs College gegangen. Vor ein paar Jahren hat sie ein paar Abendkurse belegt, aber das war’s im Grunde auch schon. Und nachdem ich dann den Ärger bekam, ist sie so ziemlich zur Einsiedlerin geworden. Sie kümmert sich um meine Mutter, kocht für meinen Vater und meinen Bruder. Ethan ist mittlerweile über dreißig, wohnt aber immer noch zu Hause. Können Sie sich das vorstellen? Er war mal eine Zeitlang verheiratet, doch seine Frau hat ihn rausgeschmissen, nachdem er ihr die Zähne eingeschlagen hat.
    Aber ich eile voraus und wollte eigentlich auch nur sagen, dass Pammy und ich, obwohl wir Schwestern sind, nicht verschiedener sein könnten. Ich war immer der Wildfang, der Scherereien hatte. Ich wollte nicht böse sein. Wirklich nicht. Ich habe mich wirklich angestrengt, gut zu sein. Wie in der Kirche. Es war hart, jeden Sonntag dem Prediger zuzuhören, der uns erklärte, dass wir für jede Kleinigkeit in die Hölle kommen würden. Ich fing an zu glauben, dass es selbst in der Hölle besser sein musste als in der Kirche. Ich meine, es war wirklich langweilig, also fing ich an rumzuzappeln, und ehe ich mich versah, hatte mein Vater mir eine Kopfnuss verpasst. Bald wurde ich rebellisch und widerspenstig und fiel in der Schule zurück. Bis ich Wayne Howland kennenlernte, der meinem Leben eine Wende gab und mir einen besseren Weg zeigte.

    Aber ich eile schon wieder voraus. Sie wollten etwas von meiner Kindheit hören, und ich springe von einem Thema zum nächsten, kreuz und quer, aber so funktioniert mein Verstand wohl. Deshalb bekomme ich wohl auch ständig Ärger.
    An was aus meiner Kindheit kann ich mich noch erinnern? Nun, ich erinnere mich an meine Mutter.
     
    »Ich erinnere mich an Mama«, sagte Charley, lehnte sich zurück und dehnte ihre Arme und Beine. Sie legte den Brief weg und griff zum Telefon. »Hi, Mom«, sagte sie, als ihre Mutter nach dem ersten Klingeln abnahm. »Wie geht es dir?«
    »Gut, mein Schatz. Schön, dass du anrufst.«
    »Tut mir leid, dass ich nicht zurückgerufen habe. Ich hatte wirklich viel zu tun.«
    »Natürlich, Liebes.«
    »Wie war deine Kreuzfahrt?«
    »Fantastisch. Ich habe mich großartig amüsiert. An Bord gab es auch ein Kasino. Ich habe fünfzig Dollar gewonnen.«
    »Ganze fünfzig Dollar?«
    »Ach, du kennst mich doch, Schatz. Sobald ich gewinne, höre ich auf.«
    »Nun, das wusste ich ehrlich gesagt nicht von dir.«
    »Ich bin wohl keine große Spielerin.«
    Charley wollte widersprechen. Wie sollte man eine Frau, die nicht nur ihre komplette Familie, sondern ihr ganzes Leben zurückgelassen hatte, um sich auf der anderen Seite der Erdkugel neu zu erfinden, anders bezeichnen als als Spielerin?
    »Und ich habe einen äußerst reizenden Herrn kennengelernt«, redete ihre Mutter mit

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