Die Keltennadel
selbstbezogen in gewisser Weise, falls das kein Widerspruch ist.«
»Vielleicht hast du Recht, Kevin. Aber wir waren sowieso viel zu verschieden, Ciara und ich. Zum Beispiel ist sie ganz versessen auf Musik, geht viel in Clubs und so weiter. Selbst nach einer harten Arbeitswoche zog sie los zum Feiern. Wenn ich dagegen mich anschaue – ich glaube, das letzte Mal, dass ich Musik gekauft habe, das war eine Cassette von Celine Dion.«
Dempsey deutete mit Blick zum Barkeeper auf sein leeres Whiskeyglas und zeigte auch zwei neue Pints an. Seine Reaktionszeit wurde länger. Er musste überlegen, was sein Kollege vor ein paar Sekunden gesagt hatte. Ach ja, jetzt wusste er es wieder.
»Aber das ist nicht so wichtig, oder? Ich meine, ich war ein Beatles-Fan, und Susan stand auf die Rolling Stones.«
Er merkte, dass er das Bild von Männern heraufbeschworen hatte, deren Gesichter wie Dörrpflaumen nach Ablauf des Verfallsdatums aussahen. Die Runde kam, und Dempsey schob einen Schein über den Tresen.
»Ich meine, damals war Jagger für unsereins ein eingebildeter Fatzke, und wir haben auf jede Beatles-Platte gewartet, als wäre sie die neueste Botschaft des Himmels.«
Dempsey wusste allerdings, dass Taaffe, hätte er damals schon dazugehört, wahrscheinlich ein Fan von Engelbert Humperdinck gewesen wäre. Die Niedertracht dieses Schnulzensängers war für alle Zeit in das kollektive Gedächtnis der Beatles-Gemeinde eingebrannt, weil er verhindert hatte, dass die beste Schallplatte der vier überhaupt – Strawberry Fields Forever – Platz eins der Hitparade erreichte. Tatsächlich erinnerte Taaffe Dempsey an seine älteren Brüder, die erst auf Schnulzensänger und dann auf irische Showbands standen und sich wie Schieber kleideten. Aber das war natürlich lange her und Jack war gut zehn Jahre jünger als er selbst. Und doch war er irgendwie altmodischer. Wahrscheinlich hatte er sich in Wirklichkeit ein althergebrachtes, häusliches Leben gewünscht, und Ciara wollte nichts davon wissen. Während er diesen Gedankengang verfolgte, merkte er, dass Taaffe mit ihm redete. Er wurde langsam betrunken.
»‘tschuldige, Jack, was hast du gesagt?«
»Ich wollte nur kurz auf den Fall zurückkommen.«
Taaffe beugte sich zu ihm und sprach in einem vertraulichen Tonfall. Auch wenn ihnen eine Trennwand aus Holz und Glas eine gewisse Ungestörtheit sicherte, befanden sie sich immerhin in einer öffentlichen Kneipe. »Es gibt etwas, das mir wirklich zu schaffen macht, und ich muss es hier und jetzt sagen –«
»Es ist Lavelle, richtig?«, Dempsey leerte seinen Whiskey in einem Zug.
»Ja. Und versteh mich nicht falsch, das ist keine Kritik an dir. Aber er war der Einzige außerhalb unseres Ermittlungsteams, der wusste, dass wir James Turner vernehmen wollten. Hab ich Recht?«
»Und?«
»Du hast doch gesagt, dass Turner der Typ ist, der notfalls den Täter ans Messer liefern würde. Vielleicht wusste Lavelle das auch. Verstehst du, was ich meine?«
»Du meinst, dass Lavelle der Mörder ist. Und dass er Turner umlegen ließ. Aber dafür haben wir keine Beweise, Jack. Wir brauchen Beweise.«
»Vielleicht finden wir sie ja noch. Inzwischen sollten wir einen großen Bogen um ihn machen. Erzähl ihm nichts mehr. Und was dieses verdammte Zeugs angeht, das er für uns getippt hat – kompletter Blödsinn, wenn du mich fragst. Es war von Anfang an falsch, ihn mit einzubeziehen.«
»Du hast Recht, Jack, du hast verdammt noch mal Recht« sagte Dempsey und erhob sein Guinness. Sie ließen die Gläser klirren. Und schlossen die Reihen.
34
S ie hieß Paula. Paula Ryman. Sie kam eines Tages auf der Suche nach Hilfe ins Cultwatch Centre in Chicago.« Lavelle saß auf der Vorderkante des Lehnstuhls, schaute in sein Glas und ließ den Wein darin träge kreisen. »Sie geriet an mich als Berater.«
Jane trank einen Schluck von ihrem Wein und wartete darauf, dass er fortfuhr. Sie saß in dem Sessel gegenüber, auf den Kaffeetisch zwischen ihnen hatte sie die Weinflasche gestellt.
Lavelle setzte sein Glas ab, lehnte sich zurück und fixierte einen Punkt an der Decke. »Sie sagte, ihr Mann habe sich urplötzlich einer religiösen Sekte angeschlossen. Er hatte ihr am Morgen ihres dreißigsten Geburtstags eine handschriftliche Notiz hinterlassen, dass er seinen Job aufgegeben habe, dass er sie verlassen und sie ihn nie wieder sehen würde.«
»Das muss ein schwerer Schlag gewesen sein«, sagte Jane mitfühlend.
»Und es kam völlig
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