Die Kinder aus Bullerbü
sagte ich gar nichts. Dann nahm ich ein paar Kronen von meinem Rübengeld und legte sie unter das Kopfkissen. Und dann holte ich einen langen Bindfaden, den ich um den
großen Zeh binden wollte. Abends spielten wir alle Brennball und
als es Schlafenszeit war, blinzelten Inga und ich uns zu und
flüsterten:
»Um halb elf.«
Ich drückte Papa und Mama heftig, als ich gute Nacht sagte,
denn ich dachte, jetzt würde ich sie wohl lange Zeit nicht sehen.
Und als Mama zu mir sagte: »Morgen wollen wir beide
Johannisbeeren pflücken«, tat sie mir furchtbar Leid, weil sie
morgen gar kein kleines Mädchen mehr haben würde.
Dann ging ich in mein Zimmer, band den Bindfaden um den einen
großen Zeh, ließ das andere Ende aus dem Fenster fallen, und
dann ging ich zu Bett und dachte, jetzt müsste ich mich beeilen,
etwas zu schlafen, damit ich nicht allzu müde wäre, wenn es
losging.
Sonst schlafe ich immer ein, sobald ich den Kopf auf das
Kissen gelegt habe. Aber an diesem Abend konnte ich gar
nicht einschlafen. Ich strengte mich ordentlich an, aber
immer, wenn ich mich bewegte, spannte sich der Bindfaden
am großen Zeh. Und dann dachte ich daran, was Mama sagen
würde, wenn sie am nächsten Morgen ins Zimmer kam und
merkte, dass mein Bett leer war. Sie tat mir so Leid, dass ich
weinen musste. Ich weinte lange, lange. Plötzlich erwachte
ich. Ich hatte so ein komisches Gefühl im großen Zeh.
Zuerst konnte ich gar nicht begreifen, was los war. Aber dann
fiel es mir ein: Da zog einer an dem Bindfaden.
»Ja, Inga, ich komme«, rief ich, sprang aus dem Bett und
stürzte ans Fenster. Und da war es hellichter Tag! Unten stand
Lasse und zog an dem Bindfaden. Nun wurde ich aber
wütend.
»Au! Au!«, schrie ich. »Lass das!«
Aber Lasse zog.
»Lass das bleiben!«, schrie ich.
»Warum denn?«, fragte Lasse.
»Weil der Bindfaden an meinem großen Zeh sitzt!«, schrie
ich.
Lasse lachte und sagte: »Da hab ich ja einen netten Fisch an
der Angel.« Er wollte wissen, was der Bindfaden zu
bedeuten hätte, aber ich hatte keine Zeit, es ihm zu
erklären. Ich rannte zum Nordhof, denn ich glaubte, Inga
wäre vielleicht allein weggelaufen. Britta saß auf der Treppe
und spielte mit Sissa. »Wo ist Inga?«, fragte ich. »Schläft«,
sagte Britta.
Ich ging in Brittas und Ingas Zimmer hinauf. Und da lag sie
und schnarchte. Ich versuchte, ihr den Bindfaden um den
großen Zeh zu binden, aber davon wachte sie auf. »Oh«, sagte
sie, »wie spät ist es?«
Als ich sagte, es sei acht Uhr morgens, saß sie eine ganze Weile
still da. Dann sagte sie:
»Die Leute, die nachts nicht schlafen können, sollten nur
versuchen, auf Wacholdergrün zu schlafen. Du ahnst nicht,
wie müde man davon wird.«
Später gingen wir zu Großvater hinauf, um ihm die Zeitung
vorzulesen. Als wir hineinkamen, war er furchtbar erstaunt
und sagte: »Was ist denn los, seid ihr nicht weggelaufen?«
»Ein andermal«, sagten wir.
Wir bauen uns eine Hütte
chließlich wurde es uns über, im Heu zu spielen. Lasse,
S Bosse und Ole verschwanden jeden Morgen. Wir
wussten nicht, wohin, aber es war uns auch einerlei, denn wir
spielten selber so schön. Auf einer kleinen Waldlichtung
hinter dem Südhof gibt es viele kleine, flache Klippen und
Steine. Dort spielten wir, Britta, Inga und ich.
Eines Tages kam Britta auf den Einfall, dass wir uns unsere
eigene kleine Hütte in einer Spalte zwischen ein paar großen
Felsblöcken bauen sollten.
Oh, machte das Spaß! Wir richteten sie wundervoll ein und es
war die schönste kleine Hütte, die wir je gehabt hatten. Ich
fragte Mama, ob wir nicht einen kleinen Flickenteppich
mitnehmen dürften. Das durften wir. Den legten wir auf den
glatten Steinboden und da sah es noch mehr wie ein Zimmer
aus. Dann holten wir Zuckerkisten und stellten sie als
Schränke auf und die größte Kiste stellten wir in die Mitte als
Tisch. Britta lieh sich ein kariertes Kopftuch von ihrer
Mutter, das legten wir als Decke auf den Tisch.
Wir holten uns noch jeder eine Fußbank zum Sitzen. Ich
brachte auch mein hübsches rosa Puppenservice mit und Inga
ihre kleine geblümte Saftkaraffe mit den Gläsern.
Wir stellten das alles in die Zuckerkiste, natürlich nachdem wir
sie zuerst mit Schrankpapier ausgelegt hatten. Zuletzt
pflückten wir einen Strauß Glockenblumen und Margeriten, die
wir in Wasser in ein Einmachglas mitten auf den Tisch stellten.
Nein, war das schön!
Agda war an dem Tag gerade
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