Die Kinder aus Bullerbü
steht der größte Herzkirschenbaum,
den es auf der ganzen Welt gibt, glaube ich. Dieser Baum heißt
»Großvater-Herzkirschenbaum«. Die Zweige hängen fast bis
zur Erde herunter. Und jedes Jahr ist er übervoll von großen
Herzkirschen. Großvater sagt, wir dürfen so viele Kirschen
essen, wie wir wollen. Aber von den alleruntersten Zweigen
dürfen wir keine abpflücken, denn die soll Kerstin haben, sagt
Großvater. Er will, dass Kerstin sie sich selbst abpflücken kann.
Und das kann sie, wenn sie auch noch klein ist. Ole muss
natürlich auf sie Acht geben, sonst schluckt sie auch die
Steine hinunter.
Wir tun, was Großvater sagt. Wir nehmen keine Kirschen
von Kerstins Zweigen. Wir können ja auch in den Baum
klettern und dort pflücken. Es gibt so viele Äste und
Astgabeln, in denen man sitzen und Kirschen essen kann.
Man kann unaufhörlich Herzkirschen in sich hineinstopfen,
solange man will – jedenfalls bis man Bauchschmerzen
bekommt. Jedes Jahr haben wir ein bisschen
Bauchschmerzen in der Kirschenzeit.
Und dann haben wir keine Bauchschmerzen mehr, bis die
Pflaumen reif sind.
Lasse, Bosse und ich haben jeder einen eigenen Kirschbaum,
der jedem ganz allein gehört. Mein Kirschbaum ist nicht
besonders groß, aber es wachsen wundervolle kleine schwarze
Kirschen darauf. In diesem Jahr gab es unheimlich viele
Kirschen, auf Lasses und Bosses Bäumen übrigens auch.
Man kann auch Kirschen für den Winter trocknen. Das
macht Mama immer. Sie legt die Kirschen auf eine
Trockenhorde und schiebt sie in den angewärmten Backofen.
Da werden die Kirschen trocken und schrumplig, und man
kann sie aufbewahren, solange man will, und hat im Winter
etwas, woraus man Fruchtsuppe kochen kann. Als wir so
viele Kirschen auf unseren Bäumen hatten, konnten wir sie
unmöglich alle aufessen, obwohl Britta, Inga und Ole uns
halfen. Lasse wollte eines Tages Kirschen trocknen und schob
eine ganze Horde voll in den Ofen.
Dann ging er zum Baden und vergaß alles. Und als er schließlich
an seine Kirschen dachte und nachsah, lagen nur noch die
kleinen, traurigen, schwarzgebrannten Kerne auf der
Trockenhorde.
»Das ist wohl nicht die richtige Art zu trocknen«, sagte Lasse.
Eines Abends saßen wir bei Großvater und lasen in der
Zeitung. Und da stand, dass in Stockholm ein Liter Kirschen
zwei Kronen koste. Es grämte Lasse furchtbar, dass er seinen
Baum nicht in Stockholm hatte.
»Dann könnte ich mich doch an eine Straßenecke stellen und
Kirschen verkaufen und so reich werden wie der König«, sagte
er. Wir versuchten auszurechnen, wie viel Geld wir verdienen
würden, wenn unsere Kirschbäume in Stockholm ständen. Es
wurde so viel Geld, dass Lasse ganz bleich wurde, wenn er
nur daran dachte.
»Wenn ich den Nordhof-See in der Wüste Sahara hätte, könnte
ich einen Liter Wasser für zwei Kronen verkaufen«, sagte
Britta, denn sie fand Lasse reichlich dumm.
Ich glaube, Lasse lag die ganze Nacht wach und dachte
darüber nach, dass man in Stockholm für einen Liter Kirschen
zwei Kronen bekommen konnte, denn am nächsten Tag sagte
er, er würde unten an der großen Landstraße einen
Kirschhandel aufmachen. Die große Landstraße läuft an der
anderen Seite von Storbü vorbei. Dort fahren von morgens
bis abends sehr viele Autos.
»Und wer weiß, ob da nicht auch einige verrückte
Stockholmer vorbeikommen«, sagte Lasse.
Bosse und ich sagten, wir wollten unsere Kirschen auch
verkaufen. Wir gründeten eine Gesellschaft, die wir Kirschen-
Verkaufs-Gesellschaft nannten. Britta, Inga und Ole durften
mitmachen, wenn sie auch keine Kirschbäume hatten, die
ihnen selber gehörten. Sie halfen uns Kirschen pflücken.
Um fünf Uhr eines Morgens standen wir auf und pflückten.
Und gegen acht Uhr hatten wir alle Kirschen in drei großen
Körben, Wir aßen ordentlich Grütze, damit wir es eine Zeit
lang aushaken konnten, und dann ging es die Abhänge
hinunter nach Storbü.
Dort gingen wir zu Onkel Emil in den Laden und kauften
einen Haufen braune Papiertüten für Geld, das wir uns
aus Bosses Sparbüchse geliehen hatten.
»Was soll das nun werden?«, fragte Onkel Emil.
»Wir wollen Kirschen verkaufen«, sagte Lasse. Wir hatten die
Körbe vor dem Laden gelassen. Ole stand draußen und passte
auf sie auf.
»Kirschen sind etwas Gutes!«, sagte Onkel Emil. »Kann man
vielleicht auch ein paar kaufen?«
Das war doch großartig! Lasse ging hinaus und holte einen
der Körbe, und Onkel
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