Die Kinder aus Nr. 67
von wejen de villen Verbote und nirgends spielen konnte und nirjends spielen durfte. Im Hof bei uns is det verboten, wejen des Jeräusch, wat die jrosen Leute und der Wirt nicht vertragen können. Auf die Straße sind die villen Autos und Bahnen, da ist det jefährlich. Det komt von de jroßen Stadt und die dichtbevölkerte Gegend, hat der Schubo gesagt, und is nich zu ändern. Wir können aber doch nich raus aus der großen Stadt. Wo sollen wir denn hin? Det kost och zu ville Jeld. Warum verbieten sie denn da den Rasen in den Parks? Willi sagt, det is von wejen die Schönheit. Wees ick ja nich, wozu die so nötig is. Auf die Bauplätze is das och verboten. Überhaupt überall. Aber wir möchten doch auch gern mal einen Platz für uns haben zum Spielen und Unsinnmachen. Wo det doch immer heißt: Sport und Spiel is jesund und jebt eure Kinder Licht, Luft und Raum zum Sport. So stand det bei Warenhaus in de Sportausstellung. Also vielleicht überlegen Sie mal, wie Sie det ändern können. Weil sie doch für det Wohl der Stadt da sind, so steht det immer in der Zeitung. Und unsern Fußball möchten wir auch wieder haben. Der Paul und ich haben sehr schwer arbeiten müssen und lange jespart, bis wir die zehn Mark zusammen hatten.
Hochachtungsvoll grüßt Ihnen
Erwin Brackmann
Und Paulchen schrieb darunter:
Paul Richter
Dann gaben sie noch ihre Adresse an. Sie brauchten zu dem Brief den ganzen Abend. Er war schrecklich lang geworden. Sie hatten auch großes Bedenken, ob viele Fehler drin waren. Sie waren viel zu aufgeregt, um nachzudenken. Aber sie wollten ihn keinem zeigen. Sonst hätten sie ihn vielleicht nicht absenden dürfen.
Die ganze Clique brachte ihn gemeinsam zum Briefkasten. Heiner stiftete die Marke. Jeder einzelne sah noch einmal durch den Schlitz, ob er auch wirklich heruntergefallen war.
Dann warteten sie auf Antwort. Wenn Erwin den Briefträger sah, erschrak er vor Freude.
Endlich, eines Tages kam ein Brief mit einem Amtssiegel. Es war aber nur ein Brief von der Polizei. Erwin sollte noch einmal auf die Wache kommen. Er ging auch sofort hin. Vielleicht hatte der Bürgermeister den Schupo bestraft, weil er sie nicht hatte spielen lassen. Der Schutzmann gab ihm aber nur den Ball zurück. Es hing ein Zettel daran. Darauf stand: »Erledigt. Von Klage wurde Abstand genommen.« Sie freuten sich sehr. Und dann warteten sie weiter. Einmal, da las Erwins Vater aus der Zeitung eine Notiz vor. Da stand, der Oberbürgermeister und die Stadtverwaltung hätten beschlossen, in einigen Stadtteilen Nebenstraßen für den Verkehr zu sperren. Diese Straßen sollten jetzt Spielstraßen für die Jugend werden. Die Schutzpolizei sei angewiesen worden, dafür geeignete Straßen ausfindig zu machen.
Erwin stand fast der Atem still, als er das hörte. Er schnitt sich die Notiz heraus und rief Paul, Heiner und Willi herbei. »Seht ihr, das kommt von unserm Brief. Es war doch gut, daß wir geschrieben haben.« Willi und Heiner behaupteten zwar, das sei Zufall. Der Brief wäre sicher nicht angekommen. Und überhaupt, was das ihnen schon nützen würde. »Fußballspielen kann man zwischen die Häuser doch nich.«
Auch Paul konnte sich nicht recht freuen. »Wenn sie das nur auch wahrmachen? Mein Vater sagt immer, Versprechen ist leicht, aber Halten, det steht auf ne andere Seite.«
Erwin war nicht der Meinung. »Sie werden's schon tun. Bestimmt werden sie es tun. Warte nur erst einmal ab.«
Und jetzt warten sie weiter. Wer von ihnen wird recht behalten?
Das Mädchen aus dem Vorderhaus
1 - Der Streit um Piddel
Ein trauriger Anfang, der leider dazu gehört
In einer kleinen Stadt in Oberschlesien lag seit mehreren Jahren in einer Nebenstraße der Vorstadt ein Hutgeschäft. Es war nur ein unscheinbarer, schmaler Laden mit einem einzigen Schaufenster und hinter dem Laden war ein Zimmer, in dem die im Fenster ausgestellten Hüte von der Ladenbesitzerin genäht und garniert wurden. Neben dem Zimmer war eine Kammer mit zwei Betten und einer Küche. Das alles bewohnte die Witwe Sabrowsky mit ihrer kleinen Tochter. Nachdem ihr Mann, der Tischlermeister Karl Joseph Sabrowsky, gestorben war, hatte sie angefangen, Hüte zu nähen und sich allmählich diesen Laden eingerichtet. Durch ihn konnten Mutter und Kind
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