Die Kinder des Dschinn. Das Rätsel der neunten Kobra
von mir selbst behaupten darf. Aber … vielleicht darf ich Sie um einen Gefallen bitten. Bitte erzählen Sie niemandem davon. Ich möchte nicht, dass die Leute glauben, ich wolle mich in den Vordergrund spielen.«
»Aber klar«, sagte Jagannatha grinsend. »Kein Problem. So, Leute, und jetzt zeige ich euch den Aschram.«
»Ja, bitte«, sagte Groanin, froh darüber, endlich das Thema wechseln zu können. »Das ist wirklich sehr freundlich von Ihnen.«
An einem Tag wie diesem wäre man überall ins Schwitzen gekommen, aber oben auf dem Felsen kam man sich vor wie in einem Backofen. Die Sonne brannte so erbarmungslos auf die Festung herab, dass es selbst für den indischen Groanin, ganz zu schweigen vom englischen, fast unerträglich war. Trotz seiner
Kurta
und der weichen Slipper rang Groanin nach Luft, als Jagannatha sie durch die Wohnheime führte, in denen die anderen
Sannyasins
schliefen, durch die Bücherei und in den riesigen Kuppelbau, in dem Guru Masamjhasara sonst zu seinen versammelten Anhängern sprach. Als sie ins Callcenter kamen, in dem Dutzende
Sannyasins
die Anrufe vonLeuten entgegennahmen, die in Großbritannien oder den Vereinigten Staaten einen Dingle-Computer gekauft hatten, schnaufte Groanin jämmerlich.
»Geht es Ihnen nicht gut, Mr Groanin?«, erkundigte sich Philippa leise.
Der Butler fächelte sich mit einem Exemplar der Aschramzeitung Luft zu und gab einen Stoßseufzer von sich. »Mir? Doch, ich glaube schon, Miss. Ich wünschte nur, es wäre nicht so heiß. Das ist alles.«
Kaum hatte er die Worte ausgesprochen, tauchte wie aus dem Nichts eine einsame schwarze Wolke auf und schob sich über die rosa Festung, sodass sie den Aschram nun wie ein riesiger Sonnenschirm vor der grausamen Sonne schützte. Augenblicklich wurde es merklich kühler. »Das ist ja seltsam«, sagte Jagannatha und sah zu der Wolke hinauf. »So was habe ich noch nie gesehen.«
Groanin zuckte zusammen. »Oje«, sagte er auf Hindi. »Ich habe es schon wieder getan, nicht wahr? Mir irgendwas Nutzloses gewünscht.« Verärgert über sich selbst schüttelte er den Kopf. »Was für eine Verschwendung von Wünschen.«
»Machen Sie sich nichts draus«, sagte John. »Das hätte jedem passieren können.«
»Ja, aber es ist
mir
passiert«, erwiderte Groanin. »Und das nicht zum ersten Mal. Als ich Nimrod kennenlernte und drei Wünsche geschenkt bekam, weil ich ihn aus einer Flasche befreit hatte, war es genau das Gleiche.«
»John hat Recht«, sagte Philippa. »Sie sollten sich deswegen nicht verrückt machen.«
»Alles in Ordung?«, fragte Jagannatha. Er verstand keinWort von dem, was die vier Inder miteinander beredeten, aber Groanins Verhalten ließ keinen Zweifel daran, dass ihn irgendetwas aufgebracht hatte. »Janesh? Panchali? Ist mit eurem Vater alles in Ordnung?«
»Es war die Hitze«, erklärte John auf Englisch. »Aber seit die Wolke aufgetaucht ist, geht es ihm viel besser.«
»Ich wünschte, es wäre so«, murmelte Groanin unglücklich, auch wenn seine Traurigkeit nur noch wenige Sekunden andauerte, bis nämlich mit einem Schlag auch sein dritter Wunsch in Erfüllung ging und er sich viel, viel besser fühlte. Er holte tief Luft, dehnte Brust und Schultern und nickte begeistert. »Zum Teufel, weißt du was, junger John, ich fühle mich wirklich besser. Als hätte ich eine Pille geschluckt.« Er blinzelte glücklich und setzte ein breites, zufriedenes Grinsen auf. »So gut habe ich mich nicht mehr gefühlt, seit Manchester City im Jahr 1989 United mit 5 : 1 durch den Fleischwolf gedreht hat. Hätte nie gedacht, dass ich das Gefühl noch mal erleben würde.«
»Machen Sie das Beste draus«, sagte Dybbuk. »Ich habe nämlich das dumpfe Gefühl, dass uns diese Vergeudung von Wünschen noch leidtun wird. Das kann ich euch sagen. Die Show von eben wäre fast ins Auge gegangen.«
»Tut mir leid«, sagte Groanin, dem es nicht im Mindesten leidtat und der weiter glücklich vor sich hin grinste.
»Warum schenken
wir
ihm nicht einfach einen Notfallwunsch «, schlug Philippa vor. »Ein Diskrimen. Nur für den Fall, dass etwas Unerwartetes passiert.«
»Das geht nicht«, sagte John. »Nicht nach den Regeln von Bagdad. Nicht für ein Jahr und einen Tag. Ein vierter Wunschwürde die vorherigen drei rückgängig machen. Und ein fünfter würde alles noch verschlimmern. Er bringt eine Art Fluch mit sich, der Enantodromia genannt wird und genau das Gegenteil von dem bewirkt, was man sich wünscht.« John
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