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Die Kinder des Dschinn. Der Spion im Himalaya

Die Kinder des Dschinn. Der Spion im Himalaya

Titel: Die Kinder des Dschinn. Der Spion im Himalaya Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. B. Kerr
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zugeht.«
    John nickte. »Das sehe ich ein«, sagte er. »Also gut. Ich heiße John Gaunt. Und ich komme aus den Vereinigten Staaten.«
    »Ein Amerikaner? Wie kommt es, dass du perfekt Deutsch sprichst?«
    John nahm sich bei seiner Antwort in Acht. »Meine Mutter ist Deutsche«, log er. »Wir sind zweisprachig aufgewachsen.«
    Der Mann im weißen Kittel zuckte die Achseln. »Interessant«, sagte er. »Aber vielleicht nicht ganz so interessant wie die Frage, wie du auf einen fliegenden Teppich kommst.«
    »Das ist mir selbst immer noch ein Rätsel.« John, der liebernicht zugeben wollte, dass er ein Dschinn war, fühlte sich gezwungen, den Deutschen weiter anzulügen: »Ich mache hier Urlaub mit meinem Vater«, erklärte er leichthin. »Er ist Diplomat und hatte gestern irgendwo in Lhasa ein wichtiges Treffen, deshalb bin ich auf den Markt gegangen, um ein Mitbringsel für meine Mutter zu besorgen. Da habe ich diesen komischen kleinen Mann getroffen. Er hieß Laviah Davi und hat behauptet, ein heiliger Mann zu sein. Er hat mir versprochen, dass er mir einen ganz besonderen Teppich verkauft, einen Zauberteppich, wenn ich ihm dafür mein ganzes Geld gebe. Zuerst habe ich ihm nicht geglaubt. Aber dann hat er mir gezeigt, dass der Teppich vom Boden abheben kann, und ich war so beeindruckt, dass ich ihn doch genommen habe. Ich habe ihn auf mein Hotelzimmer gebracht und dort ausgerollt. Mein Vater war nicht gerade begeistert davon, vor allem, als der Teppich nicht einen Millimeter abhob. Er dachte, ich hätte mich über den Tisch ziehen lassen, und hat den Teppich aus dem Fenster geworfen. Dann musste er wieder zu einem Diplomatentreffen und ich bin mit jemand zum Mittagessen gegangen. Als ich zurückkam, lag der Teppich wieder in meinem Zimmer, und da habe ich mir gedacht, dass dieser heilige Mann, Laviah Davi, vielleicht doch die Wahrheit gesagt hat und dass es wirklich ein Zauberteppich ist. Also habe ich mich mit meinem Hund auf ihn gesetzt und im nächsten Augenblick flogen wir auch schon durch die Luft. Was sich toll anhört, nur dass der Teppich immer weitergeflogen ist. Stundenlang. Jedenfalls so lange, bis Ihr Freund ihn mit dem Gewehr abgeschossen hat.«
    Der Mann im weißen Kittel lächelte geduldig. »Interessante Geschichte«, sagte er leise. »Man könnte fast Märchen dazu sagen. Sie erinnert mich ein bisschen an die Geschichte von Hansund der Bohnenranke. Sie gehört zu meinen Lieblingsgeschichten. Aber so dumm wie Hans bist du meiner Meinung nach nicht.«
    John zuckte die Achseln. »Es ist die Wahrheit.«
    »Tatsächlich?« Der Mann zog seinen weißen Kittel aus. Darunter trug er eine elegante schwarze S S-Uniform mit allerlei Orden.
    »Du gestattest, dass ich mich vorstelle.«
    Der Mann schlug mit einem lauten Klacken die Hacken zusammen. Er war groß, hatte dünnes blondes Haar und ein sonnenverbranntes, knochiges Gesicht, das man als gut aussehend hätte beschreiben können. Vor einem seiner kornblumenblauen Augen saß ein Monokel und auf der Wange hatte er einen Schmiss. Die Narbe sah aus wie ein Haken in einem Schulheft, als hätte der Lehrer ihm als Schüler ins Gesicht gesehen und es als »korrekt« abgehakt.
    »Ich bin S S-Obersturmbannführer Dr.   Heinrich Hynkell und trage diese Uniform schon lange genug, um zu wissen, wann jemand lügt.«
    »Wissen Sie eine bessere Erklärung?«, fragte John.
    »Nein, keineswegs.« Hynkell nickte nachdenklich. »Ich muss sagen, deine Geschichte ist eine ziemlich vernünftige Erklärung dafür, wie du in Begleitung eines Wolfs auf einen fliegenden Teppich geraten bist. Jawohl, eines Wolfs. Ich erkenne einen Wolf, wenn ich einen vor mir habe, John. Und ich weiß auch, dass Teppiche nur in Märchen fliegen können. Trotzdem bleibt es eine Tatsache, dass wir dich hier allesamt auf einem fliegenden Teppich haben ankommen sehen. Es handelt sich also um eine Situation, in der die vernünftigste Erklärung möglicherweise die am wenigsten wahrscheinliche ist. Vor allem, wenn man bedenkt,dass wir uns in unmittelbarer Nähe von Shamba-La befinden, wo viele magische Dinge vor sich gehen. In einem Fall wie diesem, in dem sich das Unmögliche, so unwahrscheinlich es auch erscheinen mag, nicht eliminieren lässt, muss alles andere, egal wie vernünftig es sein mag, unberücksichtigt bleiben.«
    John schüttelte den Kopf und gähnte, während er versuchte, der bestrickenden Logik des Deutschen zu folgen.
    »Hören Sie«, sagte John, »dass ein Junge einen Teppich fliegt, ist

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