Die Kinder des Kapitän Grant
wurde also auf den folgenden Tag festgesetzt.
Bis zum Abend besuchten die Passagiere die Insel, deren Aussehen sehr einladend ist. Ihre Fauna und Flora aber hätten nicht ein Octavbändchen auch des weitschweifigsten Naturforschers ausgefüllt. Die Klassen der Säugethiere, Vögel, Fische und Wale bestand aus nur einigen Wildschweinen, Sturmvögeln, Albatrossen, Barschen und Robben. Warme und eisenhaltige Quellen drangen da und dort aus der schwärzlichen Lava hervor und ihre dichten Dämpfe breiteten sich über den vulkanischen Boden. Einige erreichten eine sehr hohe Temperatur. John Mangles prüfte sie mit einem Thermometer nach Fahrenheit, welches hundertsechsundsiebenzig Grad ( = 80° hunderttheilig) zeigte. Fische, welche wenige Schritte davon aus dem Meere genommen waren, kochten binnen fünf Minuten in diesem beinahe siedenden Wasser.
Gegen Abend, nach einem tüchtigen Spaziergang, verabschiedete sich Glenarvan bei dem wackeren Herrn Viot. Jeder wünschte ihm alles auf der verlassenen Insel mögliche Gute. Dagegen wünschte der Alte den besten Erfolg der Fahrt, und das Boot des Duncan brachte die Passagiere wieder an Bord.
Fußnoten
1 Es ist damit eine Art Gegen-Passate gemeint, deren Grenze der dreißigste Breitengrad zu bilden scheint.
2 Der Lieutenant Maury.
3 75°4’ östlich von Paris.
Viertes Capitel.
Die Wetten Jacques Paganel’s und des Major Mac Nabbs.
Am 7. December brummten auf dem Duncan die Oefen schon um drei Uhr Morgens, an den Winden wurde auch schon gearbeitet; der Anker kam in senkrechte Stellung, verließ den sandigen Boden des kleinen Hafens, die Schraube setzte sich in Bewegung, und die Yacht lief in die hohe See. Als die Passagiere um acht Uhr auf das Verdeck kamen, verschwand die Insel Amsterdam in den Nebeln des Horizonts. Sie bildete die letzte Haltestelle auf der Linie des 37. Breitengrades, und es waren nur noch dreitausend Meilen von da bis zur australischen Küste. Der Westwind brauchte nur zwölf Tage anzudauern und das Meer sich weiter günstig zu zeigen, so hatte der Duncan das Ziel seiner Reise erreicht.
Mary Grant und Robert konnten nicht ohne tiefe Rührung die Wogen betrachten, welche die Britannia ohne Zweifel einige Tage vor ihrem Schiffbruch durchschnitt. Hier vielleicht hatte Kapitän Grant, nachdem sein Schiff rhedelos und seine Bemannung zusammengeschmolzen war, gegen die fürchterlichen Stürme des Indischen Meeres zu kämpfen gehabt und sich dann durch eine unwiderstehliche Gewalt nach der Küste treiben lassen müssen. John Mangles zeigte dem jungen Mädchen die auf der Karte angegebenen Küstenströmungen, und erklärte ihr die stets gleiche Richtung derselben. Eine derselben durchschneidet geradezu in der Richtung von Westen nach Osten den Indischen Ocean, treibt nach dem australischen Festland, und man fühlt ihre Wirkung ebenso im Stillen wie im Atlantischen Ocean. Und so hatte auch die Britannia, nachdem ihr das Mastwerk zerbrochen und das Steuer geraubt war, also schutzlos gegenüber der anstürmenden Gewalt des Meeres und Himmels, auf die Küste treiben und dort zerschellen müssen.
Indessen hier stieß man auf ein Bedenken. Die letzten Nachrichten über den Kapitän Grant datirten der Handels-und Schiffer-Zeitung nach vom 30. Mai 1862 aus Callao. Wie konnte sich die Britannia am 7. Juni, acht Tage nachdem sie die Küste von Peru verlassen hatte, im Indischen Meere befinden? Paganel, über diesen Gegenstand zu Rathe gezogen, gab eine sehr einleuchtende Antwort, von der sich selbst die Bedenklichsten zufriedengestellt zeigten.
Eines Abends, es war am 12. December, und sechs Tage nach der Abreise von der Insel Amsterdam, saßen Lord und Lady Glenarvan, Robert und Mary Grant, der Kapitän John, Mac Nabbs und Paganel auf dem Hinter verdeck und plauderten. Wie gewöhnlich sprach man über die Britannia, denn sie war der einzige Gedanke an Bord. Genauer gesagt hatte freilich das obgedachte, so beiläufig entstandene Bedenken zunächst den Erfolg, die auf den jetzt eingeschlagenen Weg gesetzte Hoffnung etwas herabzustimmen.
Paganel hatte bei jener von Glenarvan gemachten unerwarteten Bemerkung lebhaft den Kopf gehoben und war dann, ohne ein Wort zu antworten, fortgegangen, um das Document zu holen. Als er wieder kam, zuckte er nur die Achseln, wie ein Mensch, der sich schämt, nur einen Augenblick an einer »Kleinigkeit der Art« Anstand genommen zu haben.
»Nun, mein lieber Freund, sagte Glenarvan, geben Sie uns wenigstens eine Antwort.
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