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Die Kinder des Ketzers

Die Kinder des Ketzers

Titel: Die Kinder des Ketzers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Klink
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Gott…»
    «Red keinen so gottverdammten Blödsinn.» In Anbetracht der Tatsache, dass Mergoult ihn soeben halb tot geschlagen hatte, war Arnacs Kaltblütigkeit schlichtweg unglaublich. «Du wirst nicht sterben. Die Inquisition wird dir kein Haar krümmen. Du bist kein Ketzer, die können dir gar nichts bloß wegen Mergoults haltlosen Anschuldigungen. Die haben doch gar keine Beweise.»
    «Beweise? Wozu brauchen die Beweise?», japste Sébastien. «Eine einzige Zeugenaussage genügt denen doch. Die foltern einen so lange, bis man selbst glaubt, dass man ein Ketzer ist! Oh Gott, Arnac!»
    «Du bist ein Adliger.» Arnacs Stimme klang verwaschen. Er schien sich von Wort zu Wort zu schleppen. «Du bist ein Franzose. 822
    Die wollen sich’s doch nicht mit dem König verderben. Die werden dich nach Paris überstellen.»
    «Hervorragend! Sterbe ich eben in Paris! Und was heißt da adlig! Arnac, die haben schon wesentlich wichtigere Leute als mich auf einen Scheiterhaufen gestellt!»
    «Dann… dann sag ihnen, wenn du je etwas Ketzerisches gesagt hast, dann warst du dabei betrunken, und dass es dir leid tut und dass du reumütig in den Schoß von Mutter Kirche zurückkehrst und so weiter. Dann kommst du vielleicht mit einer Geldstrafe davon.»
    «Geld? Was für Geld? Ich habe keins!»
    «Himmel, egal wie dein Bruder zu dir steht – bevor er zulässt, dass sie dich hinrichten, wird er ja wohl zahlen, oder?»
    «Ja», murmelte Sébastien. «Ja. Wahrscheinlich schon.»
    «Na, siehst du.» Ein erschöpfter Seufzer.
    Sébastien holte tief Luft. Keine Panik. Alles wird gut. «Und…
    und du?», fragte er.
    Arnac schwieg.
    «Verflucht, Arnac – warum tun die so etwas?», brachte Sébastien hervor. «Warum hassen die dich so?»
    «Oh. Das hat Tradition», krächzte Arnac. «Mein Vater und Maynier hassten sich, seit sie sich das erste Mal begegnet sind. Alexandre und ich hassen uns, seit wir uns das erste Mal begegnet sind, vor zwölf Jahren, oder wann das war.»
    «Vor zwölf Jahren?»
    «Hm… wir waren zusammen auf der Schule.» Er lachte heiser. Es klang geisterhaft. «Mergoult war damals schon kein bisschen anders als heute. Wer ihm nicht in den Kram passte, der wurde plattgemacht. Und ich habe mich eben schon damals nicht einfach verhauen lassen. Ich habe ihn mal vor der ganzen Schule verprügelt. Das hat er mir, glaube ich, einfach nicht verziehen.»
    «Das darf doch nicht wahr sein!», rief Sébastien. «Er will dich auf einen Scheiterhaufen bringen, weil du ihn als Kind in einer Schlägerei besiegt hast? Das ist doch krank!»
    «Oh, wenn man bedenkt, dass sein Vater dreitausend Waldenser hat niedermetzeln lassen, nur weil ihm die Tour d’Aigue einen Korb gegeben hat und sein Sohn mit einer Protestantin durchge823
    brannt ist – da erscheint mir Alexandres Verhalten im Vergleich dazu eigentlich relativ nachvollziehbar.»
    Sébastien starrte in die Dunkelheit. «Ich… ich verstehe das alles nicht!», stieß er hervor. «Warum hast du das getan? Für einen Diener?»
    Arnac schwieg in der Dunkelheit. «Cristino», sagte er dann. «Sie wollte es so. Sie liebt ihn.»
    «Mo…moment mal. Das gibt keinen Sinn», sagte Sébastien kopfschüttelnd. Er stellte fest, dass seine Muskeln bereits jetzt so verkrampft waren, dass ihn diese einfache Bewegung anstrengte.
    «Du liebst Cristino, nicht wahr? Gib’s zu, das ist nicht zu übersehen, so wie du sie die ganze Zeit beschützt. Cristino liebt Loís, von mir aus. Loís, einen Diener, einen Gemeinen, den sie niemals heiraten könnte, selbst wenn sie es ernsthaft vorhätte. Dann wird Loís zum Tode verurteilt. Jeder normale Mann würde Gott auf Knien danken, da der Rivale aus dem Weg ist, und auch im Interesse von Cristino, da diese unheilvolle Liebe zu einem Diener sie früher oder später ins Unglück gestürzt hätte. Und was machst du? Du rennst los und opferst dein Leben, um Loís zu retten! Das ist absurd! Das ist die schlechteste Lösung von allen! Du kriegst Cristino nicht, Loís kriegt sie nicht, da er sie nicht kriegen kann, du stirbst, Cristino vielleicht auch, weil du nicht mehr da bist, um sie zu beschützen, und alle sind unglücklich.»
    «Es war dumm. Ich weiß.» Arnacs Stimme klang hohl aus der Nacht. «Aber ich kann nicht zulassen, dass…»
    «Was?»
    «Dass sie… jemanden verliert, den sie liebt. Und mich liebt sie nicht. Zumindest nicht so wie Loís.»
    «Jesus, du bist verrückt.»
    Arnac antwortete nicht.
    ***
    Sie erreichten Ais am Nachmittag.
    Frederi

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