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Die Kinder des Ketzers

Die Kinder des Ketzers

Titel: Die Kinder des Ketzers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Klink
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Couvencour!»
    Ein angedeutetes Lächeln umspielte Arnacs Mundwinkel. «Ich war alt genug», sagte er. «Alt genug, um zu begreifen, dass du ein falsches Spiel spieltest. Alt genug, um zu wissen, dass Rouland de Couvencour recht hatte, als er dich einen Verräter nannte. Spätestens auf dem Richtplatz von Ate ist mir das klar geworden. Aber Hector Degrelho war viel zu vertrauensselig, Archimède. Lieber steigerte er sich in die Vorstellung hinein, dass Frederi de Castelblanc an allem schuld sei, als sich der Tatsache zu stellen, dass er von seinem eigenen Bruder verraten worden war.»
    Degrelhos Lippen bewegten sich, ein stummer Kampf in seinen Zügen. Im Mondlicht wirkte sein Gesicht grau wie sein Haar. «Wer bist du?», flüsterte er.
    Das Lächeln wuchs auf Arnacs Lippen. Endlos schwarz schillerten seine Augen. «Ahnst du es denn nicht, Onkel Archimède?», fragte er.
    Degrelho schüttelte den Kopf. «Nein», sagte er. Dann lachte er schrill los. «Nein! Du kannst nicht Daniel sein, das ist unmöglich!
    Daniel ist tot!»
    «Oh ja, Daniel ist tot», sagte Arnac sanft. «Wir haben ja schließlich beide gesehen, wie einer deiner Henkersknechte ihm den Schä961
    del gespalten hat. Ein siebenjähriger Junge, Onkel Archimède. Ein wahrhaft furchterregender Gegner für dich.»
    «Wer dann?», brüllte Archimède Degrelho. «Wer bist du dann, wenn du nicht Daniel bist? Wer?»
    Diese Augen! Sie saugten die Nacht an, bündelten sie zu Strahlen aus Dunkelheit. Das Lächeln vibrierte in ihnen. «Weißt du es wirklich nicht, Onkel Archimède?» Er lachte. Ein leises, trockenes Lachen, das über die hohe Gewölbedecke strich. Und dann sagte er mit einer Stimme, die so klar war und so spröde und so schneidend wie Glas: «Ich bin Louise Penthesilea Degrelho. Deine Nichte, Onkel Archimède.»
    Das Echo war verklungen, und Stille war eingekehrt in der Welt. In der Stille stolperte Cristino rückwärts, einen Schritt, einen zweiten. «Ich?», fragte sie ungläubig. «Ich bin Agnes Degrelho?»
    Arnac drehte sich um zu ihr, Bedauern in den schwarzen Augen.
    «Es tut mir leid. Ich weiß, ich hätte es dir sagen sollen.»
    Archimède Degrelho rang nach Atem, als wolle er alle Luft dieser Welt in sich aufsaugen. Plötzlich hielt er inne. Einen Moment starrte er mit ausdruckslosem Blick ins Nichts, dann brach er in gellendes Gelächter aus. «Ein Weib?», schrie er. «Der Ketzer ist ein Weib?»
    Arnac lächelte noch immer. «Ja, ein Weib. Und dieses Weib hat vor dreizehn Jahren geschworen, dich zu töten», sagte er. Degrelho schüttelte den Kopf. «Bringt sie um», sagte er zum Genevois. «Beide.»
    Der Degen bewegte sich im Mondlicht, ein Wechsel aus blitzendem Silber und stumpfer Nacht, und Arnac sagte mit dieser seltsamen, gläsernen Stimme: «Versucht’s doch.»
    Der Genevois hob die Hand. Die Landsknechte griffen an. Cristino begriff, dass die drei Landsknechte bei dem Überfall auf St. Vitori nicht dabei gewesen waren und Arnac somit nicht kannten, denn wie wäre es sonst zu erklären gewesen, dass zwei von ihnen grinsend zusahen, während ein einziger vorstürzte, ein Schwert erhoben wie ein Hackebeil. Bevor er auch nur dazukam, zuzuschlagen, hatte Arnac ihm den Degenarm aufgeschlitzt und ihm den Ellenbogen auf die Nase geknallt, so dass er komplett außer Gefecht gesetzt auf dem Boden landete. Einen Moment standen 962
    die anderen beiden da und starrten wie vom Donner gerührt auf ihren ohnmächtigen Kameraden auf dem Marmor. Dann gingen sie mit einem kollektiven Brüllen zum Angriff über. Mit einer blitzschnellen Bewegung hatte Arnac de Couvencour Cristino hinter sich in eine Nische in der Wand gestoßen. Sie krachte gegen den hohlen Klang einer Tapetentür, als die Waffen das erste Mal ineinanderknirschten.
    Unter anderen Umständen wäre es faszinierend gewesen, Arnac zuzusehen. Nicht Arnac, Louise, Louise Penthesilea Degrelho. Er
    – sie – wirbelte in einer Geschwindigkeit durch die Schatten des Gewölbes, die sich dem menschlichen Auge entzog. Von drei Seiten drangen die Klingen auf ihn ein, doch sie schienen abzuprallen von einer unsichtbaren Rüstung, abgewehrt von einem Degen, der nirgends und überall zugleich war. Einer der Landsknechte heulte auf, taumelte rückwärts, sein Schwert auf dem Marmor zurücklassend, die linke Hand in seinen durchbohrten rechten Unterarm gekrallt, und Arnac war bereits wieder zurückgetänzelt, durchgetaucht unter den zustoßenden Klingen, als wäre er ein Geist, ein substanzloses

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