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Die Kinder des Ketzers

Die Kinder des Ketzers

Titel: Die Kinder des Ketzers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Klink
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erröten ließ, während Catarino eifrig versicherte, nie würde sie etwas tun, was ihre Tugend in Gefahr bringen könne, und das ganze mit einem so übertrieben 181
    züchtigen Augenaufschlag, dass Frederis Gesicht noch um einiges finsterer wurde. «Ach, Frederi, was du immer gleich denkst – gegen ein wenig Courtoisie ist doch nichts zu sagen, sonst denken die Herren noch, den Mädchen läge nichts an ihnen», säuselte die Dame Castelblanc.
    «Ich habe nichts gegen Courtoisie », grummelte Frederi, «bis auf die Art, die einem neun Monate später eine Taufe beschert.»
    «Hört nicht auf den alten Moralpriester», zischelte Oma Felicitas den Mädchen ins Ohr. «Man muss sich amüsieren, solange man noch alle Zähne hat.» Und mit einem kopfschüttelnden Blick auf Cristinos Schuhe fügte sie hinzu: «Mädchen, hast du nicht auch das Gefühl, dass diese Schuhe ein wenig zu klein für dich sind?»
    Der Sonntagmorgen empfing Ais mit einem strahlend blauen Himmel. Cristino und Catarino zappelten die ganze Messe hindurch ungeduldig auf ihren Stühlen herum, und als der Priester endlich ein Einsehen hatte und seinen Segen sprach, waren sie schneller auf den Beinen, als Frederi «Amen» sagen konnte. Daheim stürzten sie sich Hals über Kopf in die letzten Vorbereitungen. Vor dem Spiegel sitzend ließen sie sich von den Dienerinnen Puder ins Gesicht pinseln, bis auch der letzte Pickel unter einer glücklichen Schicht aus makellosem Weiß verschwunden war, trugen Rouge auf Lippen und Wangen auf, ließen sich die Augenbrauen kämmen und die Haare frisieren und feilten an ihren Fingernägeln. Catarino geriet in einen Zustand großer Gemütserregung, als sich ihr die Überlegung aufdrängte, ob das Kleid in rosé
    wohl doch besser zu den neuen Schuhen passte als das in blau, mit dem dramatischen Nachteil, dass die Lapislazuli-Ohrringe perfekt zu dem blauen Kleid gepasst hätten. Nach fünfmaligem Umziehen blau-rosé und rosé-blau war die Dienerin einem Weinkrampf nahe und Frederi brüllte, wenn du nicht in zehn Minuten fix und fertig bei der Kutsche bist, fahren wir ohne dich, woraufhin sich Catarino heulend in ihrem Zimmer einschloss und schwor, nie wieder herauszukommen. Cristino stand in einem cremefarbenen Kleid mit rotem Aufsatz vor dem Spiegel, starrte mit verklärtem Gesicht auf ihre silbernen Schuhe und versuchte den sich ankündigenden Schmerz in ihren Zehen zu ignorieren. «Zieh dir vernünftige Schuhe an, Kind», sagte Oma Felicitas, deren Blick noch 182
    skeptischer geworden war. Die Dame Castelblanc hing bittend und bettelnd an Catarinos Zimmertür – «Es ist eine wichtige Gesellschaft heute Abend, du musst mitkommen!» – während Catarino drinnen auf ihr Kopfkissen einschlug und brüllte, es ist so gemein, keiner versteht mich. Fünf Minuten, brüllte Frederi, und Cristino schlug ihre Schmuckdose auf und blickte auf das Medaillon, das dort auf dunklen Samt gebettet war, eine zierliche Mutter Gottes, ein lachendes Jesuskind, was, was kann da noch schiefgehen. Die Tür zu Catarinos Zimmer öffnete sich und sie selbst kam heraus, die Augen gerötet, das Lippenrouge verschmiert, Himmel, wie siehst du aus, jammerte die Dame Castelblanc und winkte hastig nach der Dienerin, um ihre Tochter in Rekordzeit wieder in einen vorzeigefähigen Zustand zu bringen.
    Eine Minute, sagte Frederi.
    Eine halbe Stunde später saß die Familie endlich glücklich in der Kutsche, Frederi mit finsterer Miene, Catarino in rosé und mit trotzig verzogenen Lippen. Die Dame Castelblanc fächerte sich so aufgeregt Luft mit ihrem Pfauenfederfächer zu, als ob es ihre erste Festgesellschaft sei, und neben ihr strahlte Cristino verklärter als Maria beim Anblick des Verkündigungsengels. Auf ihrer Brust prangte mit silbernem Funkeln das Medaillon. «Das wird schön langweilig werden», nörgelte neben ihr Fabiou und zupfte unbehaglich am hochgeschlossenen Kragen seines neuen seidenen Wams herum. «Warum kann ich eigentlich nicht zu Hause bleiben? Ich will schließlich diesen Sommer nicht mehr heiraten.»
    «Du bist der Baroun von Bèufort, und es ist an der Zeit, dass du dich in der Gesellschaft sehen lässt, das habe ich dir schon x-mal erklärt!», sagte der Cavalié de Castelblanc gereizt. Seine Geduld war für diesen Tag offensichtlich erschöpft.
    «Aber eins sage ich gleich: ich fordere keines von diesen Hühnern zum Tanz auf», murrte Fabiou. Vor dem Haus der Ardoches reihten sich bereits die Kutschen aneinander, und die Kutscher

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