Die Kinder von Estorea 02 - Der magische Bann
Verbündeten in der Politik und unter den Geschäftsleuten mit herausragenden Posten zu bedenken. Ihnen Ämter zu übertragen, die ein für alle Mal ihr Ansehen festigen würden. Sie waren fähige Verwalter und kluge Buchhalter.
Allerdings verstanden sie überhaupt nichts davon, die Verteidigung der Konkordanz zu organisieren. Sie konnte diese Leute nicht einfach aus ihren Ämtern entfernen, ohne ihre eigene Glaubwürdigkeit zu beschädigen. Abgesehen davon gab es in Estorr sowieso keinen fähigen Ersatz. Das Schlimmste war, dass sie gewarnt worden war und beschlossen hatte, die Warnungen zu ignorieren. Sie hatte sich lieber mit Leuten umgeben, die allen ihren Entscheidungen zustimmten. Es war ein Verbrechen, das auf ihrer eigenen Überheblichkeit beruhte und nicht weniger schlimm war als die Invasion von Tsard. Jhered hatte es zu erklären versucht, aber sie hatte nicht zuhören wollen.
»Oh Paul«, seufzte sie. »Was soll ich nur tun, wenn du nicht nach Hause kommst?«
»Meine Advokatin?« Abrupt drehte sie sich um. Ihr Geliebter stand da, nur mit einem Lendentuch bekleidet. Sein schöner muskulöser Körper war geölt und glänzte im Laternenlicht, seine Wangen waren mit einer Spur feinem Ton rot gefärbt. Er roch frisch, nachdem er gebadet hatte, und ein Lächeln zierte sein hübsches Gesicht. Es erzürnte sie mehr, als sie mit Worten sagen konnte.
»Was willst du?«
»Ich dachte, ich hätte Euch sprechen hören, Herrin.«
»Und?«
Nervös stieg er von einem Fuß auf den anderen. »Habt Ihr denn nicht mit mir gesprochen?«
»Heißt du Paul?«, fragte sie scharf. Er schüttelte den Kopf. »Dann habe ich dich nicht gerufen, oder?«
Schweigend versuchte er, ihre Stimmung einzuschätzen. Bei allen körperlichen Vorzügen war er ein Trottel, und an diesem Abend brauchte sie Klugheit und Einsicht.
»Ihr macht Euch Sorgen«, sagte er. »Vielleicht kann ich Euch helfen.«
Sie stieß sich vom Balkongeländer ab und schritt auf ihn zu. In ihm hatte ihr Zorn endlich ein Ziel gefunden, und er wich Schritt um Schritt vor ihr zurück.
»Mir helfen? Besitzt du ein militärisches Fachwissen, das mir bisher verborgen blieb? Kannst du mir die Stellungen jeder Legion der Konkordanz benennen und mir raten, wie sie am besten aufgestellt werden, um der kommenden Gefahr zu begegnen? Bist du fähig, die besten Bereiche aufzuzeigen, die meine Schiffe kontrollieren sollten, um feindliche Invasionstruppen abzufangen? Bist du dank irgendeines glücklichen Zufalls ein meisterhafter Taktiker von solchem Rang, dass deine Befehle ohne Rückfrage befolgt werden, und kannst du unsere Grenzen im Handumdrehen sichern? Hast du so viele Kriege gesehen, dass du unsere Gegenangriffe richtig bemessen kannst, um dem Feind keine andere Möglichkeit zu lassen, als zur Verteidigung überzugehen und das Land zu verlassen, das sie heute schon bedrohen?«
Er bot ein erbärmliches Bild, als er beschwichtigend die Hände hob, über einen niedrigen Tisch stolperte und auf dessen marmorner Oberfläche liegen blieb.
»Nein, meine Advokatin.«
»Nein.« Sie schüttelte den Kopf. Er rappelte sich wieder auf, an der Hacke blutete er leicht. »Ich brauche Männer, die meine Konkordanz retten können.«
»Ich kann Euch Zerstreuung schenken«, erwiderte er mit so hoher Stimme, dass es beinahe wie das Winseln eines gescholtenen Hundes klang.
»Verdammt, Paul Jhered hatte recht. Ich frage mich, ob dein Gemächt nicht schon längst abhanden gekommen ist, da du ja offenbar unfähig bist, mich zu schwängern. Was hast du hier noch zu suchen, wenn es dir nicht gelingt, meiner Familie das nächste Kind zu schenken?«
»Eines Tages …«
»Eines Tages ist nicht und war noch nie bald genug. Deine Zeit ist vorbei. Ich bin deines Körpers überdrüssig, wie ich deiner unterwürfigen Stimme überdrüssig bin. Du hast mir nichts außer nebensächlicher Befriedigung im Bett verschafft, aber mein Schoß ist leer, bis auf deinen toten Samen. Vielleicht ist dies am Ende doch ein Segen, da du so dumm bist. Ein Kind, das du zeugst, wäre mir sicher nicht von Nutzen.«
Jegliche Farbe war aus seinem Gesicht gewichen. Hinter ihm hatten Wächter bereits die Türen geöffnet, nachdem sie ihren Ausbruch vernommen hatten. Zitternd streckte ihr Geliebter die Hand zu ihr aus.
»Bitte, meine Advokatin, entlasst mich nicht.«
»Du hast mir nichts mehr zu bieten«, knurrte sie.
Er zuckte zusammen. »Aber ich liebe Euch doch.«
»Liebe? Ha! Was nützt mir so ein Gefühl, wenn
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