Die Kindes des Todes - Inspektor Rebus 14
einem Ex-Soldaten.
Renshaw und Jarvies waren eng befreundet; waren anders als Teri, anders als James Bell. Hörten Jazz statt Heavy Metal; nahmen einmal die Woche in Uniform an einer Parade auf dem Schulgelände teil, trieben Sport. Im Gegensatz zu Teri Cotter.
Ganz im Gegensatz zu James Bell.
Und was hatten Herdman und Doug Brimson im Endeffekt gemeinsam, abgesehen davon, dass beide bei der Armee gewesen waren? Also, beispielsweise kannten beide Teri Cotter. Teri war mit Herdman zusammen, ihre Mutter hatte eine Affäre mit Brimson. Rebus stellte sich das Beziehungsgeflecht der vier als einen dieser merkwürdigen Tänze vor, bei denen man ständig den Partner wechselte. Er stützte den Kopf in die Hände, schloss die Augen und roch das Gemisch aus Handschuhleder und den Whisky-Dämpfen, die aus seinem Glas aufstiegen, während gleichzeitig die Tänzer in seinem Kopf herumwirbelten. Als er blinzelnd die Augen wieder öffnete, sah er alles um sich herum nur verschwommen. Die Tapete war als Erstes wieder deutlich zu erkennen, aber er sah im Geiste Blutflecken, das Blut des Aufenthaltsraums. Zwei Todesschüsse, ein Schuss in die Schulter.
Nein: drei Todesschüsse...
»Nein.« Er merkte, dass er das Wort laut ausgesprochen hatte. Zwei Todesschüsse, ein Schuss in die Schulter. Dann ein weiterer Todesschuss.
Blut spritzt auf wände und Fußboden.
Überall Blut.
Blut, das eine Geschichte erzählt...
Er schenkte sich ohne nachzudenken einen vierten Whisky ein und besann sich erst, als er das Glas schon an die Lippen geführt hatte. Schüttete die Flüssigkeit vorsichtig zurück in die Flasche und verschloss sie. Stellte die Flasche sogar sicherheitshalber zurück auf den Kaminsims.
Blut, das eine Geschichte erzählte.
Er griff nach dem Telefonhörer. Bezweifelte, dass um diese Zeit noch jemand im Labor in Howdenhall war, aber er rief trotzdem dort an. Man konnte nie wissen: manche der Kriminaltechniker hatten ihre eigenen, kleinen Obsessionen, eigene kleine Rätsel, die sie unbedingt lösen wollten. Nicht etwa, weil es die Ermittlungen oder ihre Berufsehre verlangten, sondern aus anderen, persönlichen Beweggründen. Genau wie Rebus fiel es ihnen schwer loszulassen. Er konnte nicht mehr beurteilen, ob das gut oder schlecht war; es war einfach so, wie es war. Am anderen Ende klingelte es, aber niemand hob ab. »Faule Säcke«, murmelte er leise. Dann sah er, dass Bob den Kopf durch die Tür steckte. »'schuldigung«, sagte der junge Mann und kam ins Zimmer geschlurft. Er hatte seine Jacke ausgezogen. Sein weites, graues T-Shirt gab den Blick auf schlaffe, unbehaarte Arme frei. »Kann irgendwie nicht einschlafen.« »Setz dich, wenn du magst.« Rebus nickte in Richtung Sofa. Bob nahm darauf Platz, wirkte aber immer noch verlegen. »Da steht der Fernseher, wenn du Lust hast.« Bob nickte, doch seine Augen schweiften umher. Sein Blick fiel auf das Bücherregal, und er ging hinüber. »Vielleicht werde ich doch mal...« »Bedien dich ruhig...« »Das Stück heute Abend... Sie haben doch gesagt, dass es eigentlich ein Buch ist.« Jetzt nickte Rebus. »Aber ich habe leider kein Exemplar.« Er lauschte noch weitere fünfzehn Sekunden lang dem Klingeln, dann gab er auf.
»Tut mir Leid, wenn ich Sie störe«, sagte Bob. Noch immer hatte er keines der Bücher aus dem Regal gezogen, sie schienen in seinen Augen eine seltene Spezies zu sein, die man zwar bestaunen, nicht aber berühren durfte.
»Tust du nicht.« Rebus stand auf. »Warte einen Moment.« Er ging in den Flur, öffnete den Wandschrank. Ganz oben standen mehrere Pappkartons, und er holte einen davon herunter. Sachen, die seiner Tochter gehört hatten... Puppen und Malkästen, Postkarten und kleine, bei Strandspaziergängen gesammelte Steine. Er musste an Allan Renshaw denken. Er dachte an die Bindung, die sie eigentlich haben sollten, eine Bindung, die sich nur allzu leicht hatte lösen lassen. Allan mit seinen Foto-Kartons, seinem Dachboden voller Erinnerungsstücke. Rebus stellte den Karton zurück, nahm sich den nächsten. Alte Bücher seiner Tochter: kleine Ladybook-Bilderbücher, einige Taschenbücher mit bekritzelten oder halb abgerissenen Umschlägen. Und ein paar hoch geschätzte Hardcover. Ja, da war es: grüner Schutzumschlag, gelber Buchrücken und eine Zeichnung von Herrn Kröte. Jemand hatte eine Sprechblase hinzugefügt, in der die Worte »puup-puup« standen. Er wusste nicht, ob es die Handschrift seiner Tochter war oder nicht. Dachte erneut an
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