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Die Klaviatur des Todes: Deutschlands bekanntester Rechtsmediziner klärt auf (German Edition)

Die Klaviatur des Todes: Deutschlands bekanntester Rechtsmediziner klärt auf (German Edition)

Titel: Die Klaviatur des Todes: Deutschlands bekanntester Rechtsmediziner klärt auf (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Tsokos
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Brief ist echt?«, fragt Linda Pauly ihren Kollegen.
    »Finde seinen Personalausweis«, antwortet der Oberkommissar, »dann können wir die Unterschriften vergleichen.«
    Bei der weiteren Begehung der kleinen Wohnung stoßen sie auf eine Umhängetasche aus Kunstleder. Sie liegt im Wohnzimmer auf einem Sessel und enthält unter anderem einen Schlüsselbund und eine Geldbörse mit Sven Haberts Personalausweis. Die Unterschrift auf dem Abschiedsbrief entspricht dem Schriftzug in Haberts Ausweis.
    Die Kriminalbeamten konzentrieren ihre Suche nun auf rezeptpflichtige Medikamente und sonstige Hinweise auf mögliche Krankheiten von Sven Habert und damit vielleicht auf ein Suizidmotiv. Aber außer einer Schachtel mit rezeptfreien Tabletten gegen Bauchkrämpfe finden sie nichts.
    »Falls er wirklich depressiv war, wie es die Freundin seiner Schwester gesagt hat, hat er jedenfalls nichts dagegen unternommen«, sagt Bartusch.
    Linda Pauly blättert einen Aktenordner durch, den sie auf dem Computertisch im Wohnzimmer entdeckt hat. »Er war Hartz-IV-Empfänger«, sagt sie. »Nach seiner bevorzugten Lektüre zu urteilen, hat er Ausländer gehasst. Aber warum sollte er sich selbst töten? Solche Typen schaden doch normalerweise eher anderen Leuten und tun sich nicht gleich selbst was an.«
    Oberkommissar Bartusch zuckt mit den Schultern. »Vielleicht hat Sven Habert sich selbst ja mehr als jeden anderen gehasst«, sagt er.
    Um halb zwei wird endlich die Leiche abgeholt. Die Fahrer der Rechtsmedizin packen den Toten mitsamt seinem Plastiksack in einen Leichensack. Die Kriminalkommissare nehmen Sven Haberts Hausschlüssel an sich, versiegeln die Wohnung und machen sich auf den Heimweg.

    Während der Tote im Kühlraum des Instituts für Rechtsmedizin lagert, ermitteln die Kriminalbeamten weiter im Fall Sven Habert.
    Am nächsten Tag ruft Oberkommissar Bartusch den Vater des mutmaßlichen Suizidenten an. Er informiert Lothar Habert über den Stand der Ermittlungen. »Die Identität des Toten ist noch nicht endgültig geklärt. Aber wir müssen davon ausgehen, dass es Ihr Sohn ist und dass er sich selbst getötet hat.« Er spricht dem Vater sein Beileid aus und bittet ihn, im Verlauf des Vormittags zwecks Klärung einiger offener Fragen im Kommissariat vorstellig zu werden.
    Lothar Habert wirkt tief erschüttert, als er kurz vor Mittag in der Dienststelle der Kripo erscheint. Er sieht älter aus als die 52 Jahre, die er laut Personalausweis zählt. Erst vor einem halben Jahr hat er seine krebskranke Frau verloren – und nun auch noch seinen Sohn.
    »Sven war eigentlich immer ein schwieriger Junge«, erklärt er mit matter Stimme. »Vor drei Jahren wurde er im Krankenhaus psychiatrisch behandelt, weil er mit dem Leben einfach nicht zurechtgekommen ist. Mit 19 hat er schon einmal versucht, sich das Leben zu nehmen.«
    Er verliert kurzzeitig die Fassung. Der Oberkommissar schaut rücksichtsvoll zur Seite und wartet, bis sich der Vater wieder halbwegs gefangen hat.
    »Wann haben Sie denn zum letzten Mal mit Ihrem Sohn gesprochen?«, fragt er.
    Lothar Habert muss nicht lange überlegen. »Vorletzten Sonntag«, antwortet er. »Da haben wir telefoniert, und Sven war überhaupt nicht anzumerken, dass er sich schlecht gefühlt hat. Im Gegenteil – er hat mir von einem neuen Job erzählt, um den er sich gerade beworben hatte. Er kam mir optimistischer vor als seit langem.« Vater Habert schüttelt den Kopf. »Aber Sven war immer schon perfekt darin, seine psychischen Probleme zu verbergen.«
    Noch am Nachmittag desselben Tages schließt Oberkommissar Bartusch seinen Ermittlungsbericht vorläufig ab. »Zum zweifelsfreien Ausschluss eines Fremdverschuldens und zur Klärung der Identität wird eine Obduktion angeregt«, vermerkt er routinemäßig.

    Am nächsten Tag liegt der Tote bei uns auf dem Sektionstisch. Zusammen mit meinem Kollegen Dr. Lilienthal und einer Sektionsassistentin führe ich die Obduktion durch. Kopf und Oberkörper der Leiche sind immer noch in dem übergroßen Plastiksack verborgen.
    Kriminalkommissarin Pauly ist ebenso anwesend wie ihr Kollege Bartusch. Mit Überraschungen hinsichtlich der Identität des Toten ist eigentlich nicht zu rechnen; auch erwartet keiner der Anwesenden, dass im Innern des Müllsacks doch noch Hinweise auf Fremdverschulden auftauchen werden. Doch die geheimnisvollen Ballons im Kopfbereich des Toten lassen Bartusch und Pauly keine Ruhe. Was mag es damit auf sich haben?
    Als Erstes stellen wir

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