Die kleine Schwester
Vergrößerungsglas. Er schüttelte den Kopf und zupfte dann etwas von der Schraube ab, mit der das Gehäuse festgeschraubt war.
»Graue Baumwollhandschuhe für Sargträger«, sagte er verärgert. »Kosten etwa 4 Cent das Paar im Großhandel. Sehr ergiebig in Abdrücken, diese Bude hier. Die haben wohl was im Klingelkasten gesucht?«
»Offenbar irgendwas, das dareinpaßt«, sagte French. »Mit Abdrücken habe ich sowieso nicht gerechnet. Diese Eisdorn-Sachen sind eine Spezialität. Wir kriegen die schon, diese Fachleute, eines Tages. Erstmal nur das Gröbste.«
Er leerte die Taschen des toten Mannes und legte den Inhalt auf das Bett neben den stillen und schon etwas wächsernen Körper. Flack saß auf einem Stuhl neben dem Fenster und blickte mürrisch hinaus. Der zweite Geschäftsführer war erschienen, hatte mit bekümmertem Gesichtsausdruck nichts gesagt und war wieder fortgegangen. Ich lehnte an der Wand neben dem Bad und zupfte an den Fingern.
Flack sagte plötzlich: »Ich vermute, mit dem Eisdorn kann auch eine Frau arbeiten. Man kann sie überall kaufen. Zehn Cents. Um einen zu klauen, kann man ihn hinten in den Hüfthalter stecken und da aufbewahren.«
Christy French warf ihm einen kurzen verwunderten Blick zu. Beifus sagte: »Mit was für Frauen haben Sie sich denn herumgetrieben, Süßer? Bei den Strumpfpreisen heutzutage kann sie sich genausogut eine Säge reinstecken.«
»Da hab ich nicht dran gedacht«, sagte Flack.
Beifus sagte: »Überlaß uns das Denken, mein Schatz. Dafür muß man ausgestattet sein.«
»Sie brauchen nicht so mit mir zu reden«, sagte Flack.
Beifus zog seinen Hut ab und machte eine Verbeugung. »Bitte, Mr. Flack, rauben Sie uns doch nicht unser kleines Vergnügen.«
Christy French sagte: »Und außerdem, eine Frau würde immer weiter stechen. Sie würde gar nicht merken, wann es vorbei ist. Viele von den Typen wissen das nicht. Der das hier gemacht hat, war ein Könner. Erwischte das Rückenmark gleich beim ersten Mal. Und noch was - der Bursche muß stillhalten, damit es geht. Das heißt, es war mehr als einer, oder er war betäubt, oder der Killer war ein Freund von ihm.«
Ich sagte: »Wie der betäubt gewesen sein kann, ist mir unklar, wenn es der war, der mich angerufen hat.«
French und Beifus betrachteten mich beide mit dem gleichen Ausdruck von Geduld und Langeweile. »Wenn«, sagte French, »und da Sie ja den Mann nicht kennen - wie Sie sagen - besteht da immer eine geringe Möglichkeit, daß Sie die Stimme auch nicht kennen. Können Sie mir folgen oder denke ich zu rasch?«
»Ich weiß nicht«, sagte ich. »Was schreiben denn Ihre Verehrer darüber?«
French grinste.
»Bei dem ist das reine Verschwendung«, sagte Beifus zu French. »Sparen Sie's lieber auf für Ihren Vortrag im Freitagmorgen-Club. Einige von diesen alten Damen von der Blaulippen-Riege sind sehr scharf auf die Feinheiten der Kunst des Mordes.«
French rollte sich eine Zigarette und zündete sie mit einem großen Küchenstreichholz an, das er an einer Stuhllehne anriß. Er seufzte.
»Sie haben diese Technik in Brooklyn entwickelt«, erklärte er. »Die Burschen von Sonny Moe Stein haben sich darauf spezialisiert, aber sie haben es übertrieben. Es war so weit gekommen, daß man über kein leeres Grundstück gehen konnte, ohne ein Stück Arbeit von ihnen zu finden. Dann kamen sie hierher, jedenfalls die, die übrig waren. Möchte wissen, warum sie das hier gemacht haben.«
»Vielleicht haben wir hier mehr leere Grundstücke«, sagte French, fast traumverloren.
»Als Weepy Moyer letzten Februar Sonny Moe Stein in der Franklin Avenue kaltmachen ließ, hat der Auftragskiller es mit einem Revolver erledigt. Moe hätte das gar nicht gefallen.«
»Bestimmt war das der Grund, warum sein Gesicht so enttäuscht aussah, als sie das Blut abgeputzt hatten«, bemerkte Beifus.
»Wer is'n Weepy Moyer?« fragte Flack.
»Er war der zweite nach Moe in der Bande«, erklärte ihm French. »Das hier könnte leicht von ihm kommen. Natürlich braucht er es nicht selbst gemacht zu haben.«
»Warum denn nicht?« fragte Flack säuerlich.
»Lest ihr Kerle denn nie Zeitung? Moe ist jetzt ein feiner Herr. Er kennt die feinsten Leute. Hat sogar einen anderen Namen. Und was die Sache mit Sunny Moe Stein betrifft, da hatten wir ihn zufällig gerade im Gefängnis, in Haft wegen Glücksspiels. Wir konnten ihm nichts beweisen. Aber wir haben ihm ein sehr schönes Alibi verschafft.
Und sowieso, ich habe schon gesagt, er
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