Die Klinge des Löwen 01
Titus und leckte ihm immer wieder
blitzschnell über die vorgestreckte Ramsnase.
Das Geräusch
brechender Zweige war zu hören. Kurz darauf tauchten Zofe und
Knappe zu Fuß auf, letzterer sein Roß und den Zelter Idas
am Zügel führend. Rolands Gesicht, der mit den beiden
Pferden in dem unwegsamen Gelände einige Mühe hatte, war
ein wenig gerötet, aber sonst merkte man ihm die zurückliegenden
Strapazen nicht an. Anders Bertha, sie schnaufte gewaltig und schien
von dem anstrengenden Fußmarsch doch etwas mitgenommen.
Dietrich erhob sich
und sah den beiden erwartungsvoll entgegen. „Na, war es schwer,
uns zu finden?“
„ Ach, nein“, sagte
Roland zögernd, indem er Bertha unsicher ansah. Prompt kam von
ihr die Antwort. "Na, hör mal, mir hat es gereicht!"
"Ja",
lenkte der Knappe unter dem strafenden Blick der Zofe ein. "Der
Abstieg ins Tal war mit den Rossen am Zügel nicht ganz einfach.
Aber wir sind heil hinuntergekommen. Und dann brauchten wir ja nur
noch ein Stück weit talauswärts zu reiten, bis Greif Euch
witterte. Er führte uns schnurstracks hierher."
Der schwarze
Wolfshund strich schweifwedelnd zwischen den Menschen hin und her,
als fühlte er, daß von ihm die Rede sei.
„ Nichts von unseren
Verfolgern gesehen oder gehört?“ fragte Dietrich.
Roland schüttelte
den Kopf. „Weit und breit war alles ruhig. Vielleicht schlafen
die Kerle noch.“
„ Wohl kaum“, sagte
Dietrich. „Sie wissen um unseren Vorsprung. Das zwingt sie,
frühzeitig nach unserer Fährte zu suchen.“
Roland kicherte. „Da
werden sie aber eine böse Überraschung erleben! Sie müssen
ja allen Fährten nachgehen, die wir hinterlassen haben.“
„ Wenn sie mehrere
Suchtrupps bilden, merken sie mit Hilfe ihrer Hunde schnell, daß
wir sie in die Irre locken wollten“, sagte Dietrich
nachdenklich. „Brechen wir also auf und nutzen unseren
Vorsprung!“
Gräfin Ida
erhob sich von ihrem Sitz. Sie nahm den Knaben bei der Hand, der sich
schlaftrunken die Augen rieb, und gesellte sich mit ihm zu den
anderen. Dietrich sah, daß er offenbar seinen Hunger vergessen
hatte. Und eilig, um dem Kleinen keine Gelegenheit zu geben, sich
wieder daran zu erinnern, gab er das Zeichen zum Aufbruch.
Nach einiger Zeit
erreichten sie jene breite Talaue, die sich von der Husenburg bis zu
dem Dorf Steinach erstreckte. Erlen und Weiden säumten die Ufer
der Künzig und ihrer Nebenarme. Zu den Bergen hin kamen Eschen,
vereinzelte Pappeln und Büsche von Schneeballen hinzu, die
verstreute Waldinseln bildeten. Dazwischen zeigten sich Sand- und
Schotterbänke, die von der ungezähmten Künzig bei
zahlreichen Hochwassern aufgeschwemmt worden waren.
Den Reisenden kamen
solche baumlosen Abschnitte zustatten, denn hier konnten ihre Rosse
ungehindert ausgreifen. Nachdem sie geraume Zeit ungestört die
in der Morgensonne liegende Landschaft durchquert hatten, ließ
Dietrich anhalten.
„ Eigentlich müßten
wir jetzt bald auf Giselbert treffen“, sagte er. Seine Stimme
klang etwas besorgt, als er sich an seinen Knappen wandte: „Roland,
es wird unserer Sicherheit dienen, wenn du dich etwas zurückfallen
läßt und uns als Nachhut folgst. Sei wachsam und achte
darauf, ob hinter oder seitlich von uns Verfolger auftauchen !“
„ Ja, Herr! Mir wird nichts
entgehen!“
Dietrich streifte
ihn mit einem abschätzenden Blick. „Stell es dir nicht zu
leicht vor, Knappe! Du bist jetzt mitverantwortlich für unsere
Sicherheit - denke daran!“
Wieder einmal glühte
Rolands Gesicht vor Stolz. Dietrich hätte seine Hand dafür
ins Feuer gelegt, daß er sich auf diesen Jungen, obwohl er erst
fünfzehn Jahre alt war, blind verlassen konnte. Er wandte sich
den beiden Frauen zu und erklärte, daß er nun vorausreiten
werde, um das Gelände, das vor ihnen lag, zu erkunden. Die
Frauen sollten mit dem Kind die Mitte zwischen ihm und dem Knappen
einhalten.
„ Ich denke, auf diese Weise
sichern wir uns am besten“, sagte er. Gräfin Ida neigte
zustimmend den Kopf und sah Dietrich lächelnd an. „Unter
dem Schutz so mutiger Männer ist mir um uns nicht bange!“
Rolands Gesicht
wurde dunkelrot. Dietrich, der das sah, lachte, lenkte sein Roß
neben den Wallach des Knappen und schlug ihm derb auf die Schulter.
„Nun weißt du, was man an höchster Stelle von dir
erwartet! Enttäusche mir bloß unsere Herrin nicht,
verstanden?“
Gräfin Ida
drohte Dietrich lächelnd mit dem Zeigefinger. „Bringt den
jungen Mann nicht so in Verlegenheit, Herr
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