Die Klinge des Löwen 01
gesagt hatte, mischte sich ein. „Aber,
Vater, Ihr werdet doch unseren Feinden nicht mehr Glauben schenken
als meinem über jeden Zweifel erhabenen Herrn, dem als Knappe zu
dienen, für mich die größte Ehre ist!“
„ Schweig,
Sohn! Du bist zu jung, um mitzureden.“
„ Aber
nicht zu jung, um Lüge und Wahrheit nicht unterscheiden zu
können!“
„ Teufel,
noch mal!“ brauste Werner von Husen auf. „Wer bin ich
denn, daß ich mir die Widerrede dieses Grünschnabels
bieten lassen muß? Hinaus mit dir!“
Dietrich
trat dazwischen. „Langsam, Herr von Husen! Roland steht als
Knappe in meinem Dienst. Auch wenn Ihr der Vater seid, liegt es nicht
mehr bei Euch, ihn ohne meine Einwilligung hierhin und dorthin zu
schicken. Einzig der Wunsch, daß Ihr Euch nicht mit Eurem
eigenen Sohn entzweien mögt, rät mir, Euch gewähren zu
lassen.“
Obwohl
die Wut über die Ansichten des Burgherrn in ihm kochte, zwang er
sich Roland gegenüber zu einem freundlichen Ton. „Tu, was
dein Vater sagt. Warte in der Kemenate auf mich.“
Nachdem
der Knappe kopfschüttelnd hinausgegangen war, wandte sich
Dietrich mit grimmiger Miene erneut dem Burgherrn zu. Er bemühte
sich nicht länger, seinen Zorn zurückzuhalten. Seine
schneidend scharfe Stimme war wie ein Peitschenhieb für sein
Gegenüber.
„ So,
Herr von Husen, und nun verlange ich, daß Ihr Euch entscheidet.
Wollt Ihr lieber einem Gefolgsmann des Geroldseckers glauben, der
Lügen über mich verbreitet, um die finsteren Absichten
seines Herrn zu tarnen - oder vertraut Ihr mir?“
Werner
von Husen schien immer noch unschlüssig, so daß es
schließlich sogar seinem Waffenmeister zu bunt wurde. „Aber
Herr, es ist doch wohl eindeutig, daß die waffenstarrende Horde
da draußen nicht in friedlicher Absicht gekommen ist! Dietrich
und seine Begleitung sind Eure Gäste. Muß ich Euch erst an
Eure Pflichten als Gastgeber erinnern?“
„ Nein,
das nicht, das nicht...“
Heinrich
ließ nicht locker. „Gestern habt Ihr und Eure Gemahlin
dem Wunsch Dietrichs, die Reise fortzusetzen, widersprochen, weil Ihr
um die Sicherheit seiner Begleitung fürchtetet. Jetzt erweckt
Ihr den Anschein, als würdet Ihr den üblen Beschuldigungen
dieser Schurken da draußen Gehör schenken. Es kann doch
nicht Euer Ernst sein, Euren Gast so vor den Kopf zu stoßen!
Laßt also Herrn Dietrich entscheiden, was er tun will.“
Auf
dem übernächtigten bleichen Gesicht des Burgherrn erschien
ein verlegenes Grinsen. „Es sei so, wie du sagst, Heinrich. Das
Gastrecht steht über allem. Ihr, Dietrich, könnt bestimmen,
ob Ihr mit Euren Schutzbefohlenen hierbleiben oder weiterziehen
wollt.“
Er
blickte unsicher um sich und setzte dann spitzfindig hinzu: „Wenn
ihr aber hier bleibt, wird wohl die Sicherheit der Burg gefährdet
sein...“
„ Macht
Euch darüber keine Sorgen. Wir werden weiterziehen, sobald sich
die Möglichkeit bietet“, entgegnete Dietrich kalt. Er
wandte sich dem Torwächter zu. „Teile denen da draußen
mit, was ich dir vorhin sagte!“
Der
Mann nickte, bückte sich zu dem Mauerspalt und rief mit lauter
Stimme: „Hört, Ihr Leute! Mein Herr hat Euer Anliegen zur
Kenntnis genommen. Er würde Euch gerne zu Diensten sein, aber er
kann Eure Wünsche nicht erfüllen.“
„ Wieso
nicht?“ tönte es gereizt von unten.
„ Weil
die Leute, die Ihr sucht, die Burg längst wieder verlassen
haben. Sie sind nicht mehr hier!“
„ Du
lügst, Spitzbube! Der Satan soll dich braten...“
Dietrich
flüsterte dem Wächter ins Ohr: „Sag ihnen, wir seien
das Gutachtal hinaufgezogen.“
Der
Mann tat, wie ihm geheißen. Von unten drangen Flüche
herauf zu den Männern. „He, du“, schrie der eine,
seine scheinbare Heroldswürde vergessend. „Sag deinem
Herrn, wir werden einen Boten zur Burg Geroldseck schicken, um es
Graf Urban zu berichten. Aber bis von dort die Antwort kommt, bleiben
wir hier, und keine Maus soll Eure Burg verlassen, ohne daß wir
ihr nicht den Garaus machen!“
Direkt
im Anschluß an diesen Vorfall begab sich Dietrich zur Kemenate,
die Gräfin Ida mit ihrem Sohn und der Zofe bewohnte. Als er
eintrat, fand er alle drei beisammen. Ida, die auf einem reich
bestickten farbigen Sitzkissen vor dem Kamin saß, in dem
brennende Holzscheite knisterten, schien ihm anzusehen, daß
etwas Außergewöhnliches geschehen sein mußte.
„ Gibt
es etwas Neues?“
„ Und
ob!“ entgegnete Dietrich geheimnisvoll und lächelte
vielsagend.
„ Sicher
nichts Gutes“, murmelte
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