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Die Klinge des Löwen 03

Die Klinge des Löwen 03

Titel: Die Klinge des Löwen 03 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Weil
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Feldschlacht
allerlei Unwägbarkeiten eine Rolle. Das konnten Schwierigkeiten
des Geländes sein; berittene Spähtrupps mochten
unvollständige Berichte überbringen, weil sie nicht nahe
genug an den Feind herankamen; Kundschafter verschätzten sich
hinsichtlich der Bewaffnung des Gegners; oder ein Heerführer
hatte plötzlich eine neue Idee und warf damit den ursprünglichen
Angriffsplan über den Haufen. So glichen die Vorbereitungen zu
einer Schlacht mitunter mehr einem Würfelspiel, als einer
planmäßigen Vorgehensweise.
    Genau dies geschah
Branka. Spät in der Nacht, als seine Krieger die Vorbereitungen
für den kommenden Überfall auf das Mortenauer Heerlager
längst abgeschlossen hatten und bis zum Morgengrauen noch ein
paar Stunden zu schlafen versuchten, kam der Bote, der das Hauptheer
gesucht und gefunden hatte, mit neuen Anweisungen des polnischen
Kriegsherrn Gotvac zurück.
    So erfuhr Branka,
daß das große Heer bereits weiter im Süden und viel
näher am Gegner lag, als er angenommen hatte. Der Bote
berichtete, daß vier Männer eines gegnerischen Spähtrupps
Gotvac in die Hände gefallen seien, ein fünfter,
zurückhängender Krieger auf schnellem Roß sei
allerdings entkommen. Damit war der Feind jetzt alarmiert, und es sei
deshalb notwendig, ihm rasch und mit geballter Kraft zu begegnen. Die
Aufstellung des Hauptheeres würde ungesehen vom Gegner hinter
einer Hügellandschaft erfolgen. Dies würde einige Zeit in
Anspruch nehmen. Die Nachricht endete mit einem Befehl des polnischen
Heerführers an Branka, mit seiner Abteilung einen Scheinangriff
gegen das feindliche Lager zu führen, wenn am folgenden Tag die
Sonne auf den Mittag zugehe.
    Der slawische
Schlachtplan war einfach, aber durchaus erfolgversprechend. Brankas
Abteilung sollte soviel Verwirrung stiften, daß die Mortenauer
Ritter abgelenkt wären. Inzwischen konnte sich Gotvac mit seiner
Heeresübermacht nahe an den Feind heranschieben. Inmitten des
Durcheinanders im gegnerischen Lager gedachte der Pole dann seinen
tödlichen Stoß zu führen. Allerdings hatte sein Plan
einen Schwachpunkt, und der hieß Branka. Dieser dachte gar
nicht daran, auf die Reichtümer, die er sich durch einen
Sturmangriff auf das Mortenauer Lager erhoffte, zu verzichten. Es war
schließlich das erste Mal seit ihrem langen Marsch vom anderen
Ende des Reiches, daß sie auf ein Ritterheer trafen. Das
versprach fette Beute, wenn sie es niederzuwerfen vermochten, woran
Branka nicht zweifelte. Andererseits war er sich im klaren darüber,
daß seine hinterhältige Handlungsweise angesichts des
klaren Befehls Gotvacs nicht erkennbar sein durfte. Er verwarf
deshalb den ursprünglichen Entschluß, im Morgengrauen
anzugreifen, und verlegte den Angriff auf den späten Vormittag.
    Der schlaue Slawe
gedachte damit dem Heer Gotvacs zuvorzukommen, ohne daß diesem
die eigentliche Absicht Brankas auffiele. Sollte ihn der Pole wegen
seines eigenmächtigen Vorgehens später zur Rechenschaft
ziehen wollen, wußte er, was er zu antworten hatte. Er würde
einfach erklären, die zeitliche Abstimmung mit Gotvacs Heer sei
so genau nicht möglich gewesen, und als er gesehen habe, das der
Feind sich dem Hauptheer entgegenwerfen wollte, habe er handeln
müssen und sich zu einem echten Angriff entschlossen.
    Nachdem er die Sache
so weit durchdacht hatte, gab Branka den Befehl Gotvacs aus, ohne
jedoch seinen Kriegern schon zu offenbaren, daß sie am morgigen
Tag wirklich und nicht bloß zum Schein kämpfen sollten.
Dazu war noch Zeit, wenn sie das Schlachtfeld erreichten. Er würde
es schon so deichseln, daß alle annehmen mußten, er hätte
den Angriffsbefehl aus einer plötzlichen Notwendigkeit heraus
gegeben, die erst angesichts des Gegners erkennbar geworden sei.
    Mit einem Grinsen
rieb sich Branka die Hände. Er war überzeugt, daß
sein Plan gelingen würde, und in vergnügter Stimmung
unternahm er einen letzten Kontrollgang, ehe er sich ins Haus
zurückzog. Er warf sich auf sein Lager, um vor dem großen
Tag noch einige Stunden zu schlafen. Seine überreizten Nerven
ließen ihn davon träumen, wie er als schwerreicher Mann in
die Heimat zurückkehrte.
    Anders verhielt sich
Gotvac. Nachdem er durch einen Folterknecht zwei der gefangenen
Späher zum Reden gebracht hatte, durchdachte er mit kühlem
Kopf die gewonnenen Erkenntnisse. Er kannte jetzt die zahlenmäßige
Stärke des feindlichen Heeres und wußte, wie er vorzugehen
hatte. In Ruhe und im sicheren Gefühl eines Sieges plante er

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