Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Klingen der Rose: Jenseits des Horizonts (German Edition)

Die Klingen der Rose: Jenseits des Horizonts (German Edition)

Titel: Die Klingen der Rose: Jenseits des Horizonts (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zoe Archer
Vom Netzwerk:
Huntley schwieg, während Thalias Vater fluchte. »Sie waren deutlich in der Überzahl, aber er hat bis zum Ende mutig gekämpft.«
    »Woher wissen Sie das alles?«, fragte Thalia. Wenn über Tonys Tod in der Zeitung berichtet worden wäre, würde jetzt jemand anders in ihrem Ger stehen, Bennett Day oder Catullus Graves. Thalia sehnte sich danach, einen von ihnen zu sehen und ihre Trauer mit ihnen zu teilen, anstatt mit diesem Mann, der sie durch seine bloße Anwesenheit beunruhigte.
    Wieder glitt der Blick des Hauptmanns kurz zu ihr. Sie wehrte sich gegen ihre unmittelbare körperliche Reaktion und versuchte, sich auf seine Worte zu konzentrieren. »Ich war dabei, als es passiert ist, Miss. Ich kam zufällig vorbei, als ich hörte, wie Morris angegriffen wurde. Da habe ich ihm geholfen.« Er verzog das Gesicht. »Aber es waren zu viele. Und als ich ihm kurz den Rücken zuwandte, hat einer von ihnen auf ihn eingestochen – ein blonder Mann, der wie ein feiner Pinkel geredet hat. Wie ein Gentleman, meine ich.«
    »Henry Lamb?«, fragte Franklin und hob den Blick zu Thalia. Sie zuckte mit den Schultern. Ihr Vater wandte seine Aufmerksamkeit wieder dem Hauptmann zu und sagte mit schneidender Stimme: »Sie behaupten, Sie wären bloß ›zufällig vorbeigekommen‹, hätten die Schlägerei gehört und ›ihm geholfen‹. Das hört sich in meinen Ohren ziemlich verdächtig an.« Thalia musste ihrem Vater recht geben. Welcher Mann kam zufällig an einem Kampf vorbei und eilte dem Opfer zu Hilfe? Wer stürzte sich zugunsten eines Fremden in eine Schlägerei? Wohl niemand.
    Hauptmann Huntley biss wütend die Zähne zusammen. »Verdächtig oder nicht, Sir, so ist es gewesen. Morris hat mir sogar noch kurz vor seinem Ende das Leben gerettet. Deshalb musste ich seiner Bitte nachkommen und Ihnen diese Nachricht überbringen.«
    »Sie sind den ganzen Weg von Southampton nach Urga gekommen, um die Bitte eines sterbenden Mannes zu erfüllen, dem Sie nie zuvor begegnet sind?«, wiederholte Thalia ungläubig.
    Der Hauptmann hielt es nicht für nötig, ihr zu antworten. »Morris hat gesagt, man dürfe sie nicht aufschreiben«, wandte er sich weiter an ihren Vater. Dass er sie ignorierte, missfiel Thalia. »Seit fast drei Monaten habe ich diese Nachricht nun in meinem Kopf. Für mich ergibt sie keinen Sinn. Vielleicht verstehen Sie, was sie bedeutet, Sir. So sehr ich es auch versucht habe, ich werde nicht schlau daraus.«
    »Bitte«, sagte ihr Vater und forderte Hauptmann Huntley mit einer Geste auf fortzufahren.
    »Die Nachricht lautet: ›Die Erben sind überlegen. Sucht nach der Frau, die die Schildkröte füttert.‹«
    Er wartete auf ihre Reaktion und wirkte ziemlich überrascht, als ihr Vater erneut fluchte und Thalia sich an einem nahe stehenden Tisch abstützte. Ihr war schwindelig geworden. Es war so weit. »Sie wissen, was es bedeutet?«, fragte der Hauptmann.
    Franklin nickte, ballte die Hände zu Fäusten und löste sie wieder. Thalia klemmte die Unterlippe zwischen die Zähne und nagte nachdenklich an ihr.
    Sie hatte gewusst, dass das irgendwann passieren würde, aber nicht wann. Jetzt war der Zeitpunkt gekommen. Wenn es stimmte, was Hauptmann Huntley sagte, mussten sie rasch aufbrechen. Aber das setzte voraus, dass er die Wahrheit sagte.
    »Wir wissen nicht, ob wir Ihnen trauen können, Hauptmann«, sagte Thalia. Sie schritt trotz ihres engen, unbequemen Kleides direkt auf Hauptmann Huntley zu und blieb kurz vor ihm stehen. Er spannte sich leicht an. Sein Blick zuckte hinunter zu dem Revolver in ihrer Hand, und er hob die Brauen.
    »Eine nette Begrüßung für einen müden Reisenden«, sagte er langsam.
    »Ich hoffe«, erwiderte sie, »dass ich ihn nicht benutzen muss.«
    »Ich hoffe, dass ich ihn Ihnen nicht abnehmen muss«, berichtigte er.
    Sie musterte ihn ganz bewusst von den Spitzen seiner schweren, abgetragenen Stiefel bis zu den blonden Haaren – es dauerte lange und brachte ihr leider nur noch stärker seine Kraft und Größe zu Bewusstsein. Auch ohne Uniform strahlte er Disziplin und Sinnlichkeit aus. Kein Gelehrter, ein Mann der Tat. Abgesehen von den Mitgliedern der Klingen zeigten nur wenige Männer eine solche Präsenz. Thalia versuchte, nicht weiter darauf zu achten, doch nachdem sie ihn beinahe berühren konnte, schien das unmöglich. Sie roch an ihm den Staub der Straße, den Duft von Wind und Leder. Den Geruch eines Mannes.
    Sie konzentrierte sich und sagte: »Sie könnten Anthony Morris selbst getötet

Weitere Kostenlose Bücher