Die Klingen der Rose: Jenseits des Horizonts (German Edition)
direkt neben Gabriel. Er hatte die Arme um sie geschlungen und würde sie auch unbewaffnet mit allen Mitteln verteidigen, wenn ihr während der Nacht etwas zustieße. Sie träumte von Kesseln, Rubinen und einem goldenen Löwen, der auf und ab lief, ohne je zu ermüden.
Als sie am nächsten Morgen erwachten, gab es Neuigkeiten. Ein Späher hatte die Erben einen Tagesritt hinter ihnen entdeckt. Irgendwie versagte ihre Tarnmagie, sodass sie nun sichtbar blieben. Nachdem sie ihnen so dicht auf den Fersen waren, schien das ein kleiner Trost. Was war schlimmer? Die wohlbekannte Bedrohung durch die Erben oder das unbekannte Potenzial von Altans Männern? Wenn Gabriel und Thalia den Banditen zusammen mit ihren Männern entkommen konnten, wäre zumindest eine Gefahr gebannt. Aber eine Flucht schien unmöglich, und für eine echte Allianz wirkten die Banditen nicht vertrauenswürdig genug.
Doch die Gelegenheit bot sich gleich am nächsten Tag unter seltsamen Umständen. Die gesamte Gruppe ritt ruhig und friedlich auf ihren Kamelen dahin, als von jetzt auf gleich ein heftiger Wind über die steinige Ebene tobte. Thalia hatte keine Ahnung, woher er kam. Er riss wie Klauen an ihrer Kleidung und drohte, sie aus dem Sattel zu werfen. Sie klammerte sich an die Zügel des Kamels und duckte den Kopf, um dem Angriff auszuweichen. Staubwolken voller Steinsplitter scheuerten über ihre nackte Haut. Gabriel reichte Thalia ein Halstuch, das sie sich über Mund und Nase band, während er seine untere Gesichtshälfte mit einem Hemd aus seinem Gepäck schützte. Die Räuber waren gut vorbereitet und führten für einen solchen Fall lange Stoffbahnen mit sich.
Sie ritten weiter durch den peitschenden Wind, bis einer von Altans Männern sich umdrehte und auf etwas zeigte. Alle drehten sich um und blickten hinter sich.
»Oh, verdammt«, entfuhr es Thalia, doch ihre Worte gingen im Wind unter.
Eine berghohe Wand aus fliegendem Sand raste auf sie zu. Rot und undurchdringlich kam sie ruhig und unausweichlich näher.
»Die Erben?«, rief Gabriel ihr zu.
»Nein, nur ein ganz normaler heftiger Sandsturm«, schrie sie. »Ich glaube, wir können ihm nicht entkommen.«
»Mach es wie sie«, schrie er zurück und deutete auf Altan und seine Männer, die von ihren Kamelen abstiegen und ihnen befahlen, sich auf dem Boden niederzulassen. Die riesigen Tiere falteten ihre Beine unter ihrem Körper zusammen und neigten sich nach unten, bis sie auf dem Boden lagen. Die Zügel der Kamele befestigten die Banditen am Boden. Offenbar an solche Stürme gewohnt, kauerten sich die Männer sogleich in den Windschatten der Kamele und zogen ihre Mäntel dicht um sich, damit der rasende Sand nicht eindrang. Den Tieren schien der Sand nichts auszumachen, denn sie sahen ihm unter ihren langen Wimpern hervor gelangweilt entgegen.
Die vier Stammesmänner taten es rasch den Banditen gleich, glitten von ihren Kamelen und nutzten die Tiere als Schutzwall. Gabriel tat das Gleiche, doch Thalia konnte ihr verdammtes Kamel nicht dazu bewegen, sich hinzulegen. Sie kämpfte mit dem sturen Tier und zog an dem Ring in seiner Nase. Aus Angst es zu verletzen, traute sie sich jedoch nicht, zu heftig daran zu ziehen. Daraufhin versuchte sie es mit Schieben. Das Kamel bellte sie an, und wenn der Wind nicht so gewütet hätte, wäre sie voll schaumiger Kamelspucke gewesen. Sie vermisste verzweifelt ihr Pferd.
Als sie zwischen den Höckern des Kamels hindurchblickte, sah Thalia, dass der Sandsturm sie fast erreicht hatte. Fluchend und mit tränenden Augen schob und lockte sie das Tier. Zweifellos amüsierten sich die Banditen prächtig auf ihre Kosten. Inzwischen konnte sie kaum noch atmen und die Augen offen halten.
Plötzlich war Gabriel neben ihr und nahm ihr die Zügel ab. »Setz dich auf deinen verdammten Hintern, oder ich jage dir eine verflixte Kugel hinein«, brüllte er das Kamel an.
Das Tier starrte ihn einen Augenblick an und ließ sich dann auf dem Boden nieder.
Im nächsten Moment donnerte der Sandsturm wie eine Million stechender Wespen über sie hinweg und biss gnadenlos in ihre ungeschützte Haut. Sie konnte kaum etwas erkennen. Selbst wenn sie die Augen aufhielt, sah sie nur ein paar Fuß weit. Alles andere ging in dunkelrotem Sand unter.
Gabriel wollte Thalia neben dem Kamel auf den Boden ziehen. Als das Brüllen eines Tieres, gefolgt von einem menschlichen Schrei, die Luft zerriss, hielten beide jedoch in ihrer Bewegung inne. Das Kamel eines Räubers hatte sich
Weitere Kostenlose Bücher