Die Knickerbocker Bande 045 - Der Mann ohne Gesicht
wirkte Fräulein Linda besonders ernst. Die Knickerbocker befürchteten eine schlimme Nachricht, aber ihre Aufpasserin wollte nicht damit herausrücken.
Erst als alle fertig gegessen hatten, verkündete sie: „Unsere liebe Tante Anika ist schwer erkrankt und ich muss zu ihr, um nach ihr zu sehen. Aus diesem Grund kann ich leider meinen Aufsichtspflichten nicht mehr nachkommen.“
„Sie spricht fast so verdreht wie du“, flüsterte Axel Dominik zu und erntete für seine Bemerkung einen Stoß in die Rippen.
„Meine kleine Schwester Annabel hat sich bereit erklärt, meine Aufgabe zu übernehmen. Doch ich bezweifle, ob das gut gehen wird“, meinte Fräulein Linda bekümmert.
Die Knickerbocker blickten von der alten Dame zu ihrer fröhlichen Schwester mit den kurzgeschnittenen grauen Haaren. Annabels Augen funkelten unternehmungslustig.
„Wir werden besonders brav sein und an all ihre Ermahnungen und hervorragenden Ratschläge denken“, verkündete Dominik.
Axel, Poppi und Lilo bekamen fast einen Lachkrampf und verschwanden hinter ihren Servietten.
Fräulein Linda fand Dominiks Satz gar nicht lustig, sondern nickte zufrieden. „Brav, brav, so kann ich beruhigt abreisen. Annabel soll euch die Schönheiten und Sehenswürdigkeiten der Stadt zeigen. Ich werde mich bei meiner Rückkehr vergewissern, ob sie euch auch einen Eindruck von Amsterdam vermittelt hat oder nicht.“
Am späteren Vormittag brachen die Juniordetektive dann zu einem kleinen Ausflug auf. Annabel zeigte ihnen die Liste, auf die Fräulein Linda mit gestochener Handschrift die sehenswertesten Stationen notiert hatte.
Sie sollten den Käse- und den Blumenmarkt sehen, eine Grachtenrundfahrt machen und vor allem das Rijks-, das Stedelijk- und das Vincent-van-Gogh-Museum besuchen.
Linda hatte sogar einige Gemälde Rembrandts und Vermeers angegeben, die sich ihre Schützlinge auf keinen Fall entgehen lassen sollten.
Annabel grinste ein wenig verlegen: „Hört zu, ich schlage vor, wir ziehen das Programm durch, beeilen uns aber. Sonst macht mir Linda die Hölle heiß. Ihr wisst, wie sie sein kann.“
Die Knickerbocker nickten.
„Und im Anschluss daran zeige ich euch ein paar echt coole Plätze hier in Amsterdam“, versprach Annabel.
Nach einem ausgiebigen Mittagessen ging es zum Rijksmuseum. „Hier hängen einige der berühmtesten Werke von Rembrandt“, erklärte sie. „Er hat zwar im 17. Jahrhundert gelebt, aber die Menschen auf seinen Bildern leben - auch heute noch.“
Die Bande schlenderte durch lange Säle, in denen kleinere und größere Gemälde des Meisters ausgestellt waren.
„Übrigens war er ein Schwindler, wenn ich das so sagen darf“, flüsterte Annabel hinter vorgehaltener Hand. „Er hat nämlich viele Bilder gar nicht selbst gemalt. Heute können Experten feststellen, dass zahlreiche Gemälde von seinen Schülern und Mitarbeitern stammen. Rembrandt hat sie nur signiert.“
Die Juniordetektive grinsten. Wer hätte das von einem so berühmten Maler gedacht?
„Die Werke, die ihr hier im Rijksmuseum seht, sind aber wirklich alle von ihm . glaube ich!“, versicherte Annabel schnell.
Sie betraten den Saal mit der Nummer 224 und standen vor einem riesigen Bild, das einen Großteil der Wand bedeckte.
„Das ist ,Die Nachtwache‘“, erklärte Annabel. „Eines der größten Gemälde, das Rembrandt je gemalt hat. Es zeigt die
Amsterdamer Schützengilde und hat schon einiges durchgemacht. Ein Besucher hat es einmal mit einem Messer schwer beschädigt. Und vor vielen Jahren, als es in einem kleineren Saal untergebracht wurde, hat man es einfach oben abgeschnitten, weil es zu groß war.“
Axel, Lilo, Poppi und Dominik schüttelten ungläubig den Kopf.
Das Bild war durch eine dicke Panzerglasscheibe geschützt. Die Juniordetektive erkannten Überwachungskameras und zahlreiche Sensoren, die auf jede Veränderung im Raum reagierten. Bestimmt verfügte das Museum über eine der modernsten Alarmanlagen der Welt.
„So, das genügt“, entschied Annabel und führte die Juniordetektive zum Ausgang.
Sie hatten ihn fast erreicht, als Lilo stehen blieb.
„He, komm endlich! Oder kannst du dich von den Bildern nicht trennen?“, drängte Axel.
Lieselotte zeigte aufgeregt in einen kleinen Saal mit Blumenstillleben aus dem 17. Jahrhundert.
Axel zuckte mit den Schultern.
„Schau doch! Kommt dir der Mann nicht bekannt vor?“
Axel hatte ihn noch nie zuvor gesehen.
„Doch, den kennen wir!“, beharrte Lieselotte.
„Du
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