Die Knickerbocker Bande 32 - Kennwort Giftkralle
allerdings war etwas anderes. Er mußte in ein abgezäuntes, streng bewachtes Gebiet eindringen, in dem es keine Bäume gab, hinter denen er sich verstecken konnte wie im Dschungel. „Bitte. es geht auch um deinen Lehrer Kumar. Ich glaube, er ist gar nicht tot, sondern entführt worden. Jemand anderer hat den Toten gespielt!“
Diese Worte wirkten. Laru mochte den alten Lehrer sehr. Wenn es tatsächlich so war, wie Lieselotte sagte, dann wollte er unbedingt helfen.
„Vielleicht wird Kumar irgendwo gefangengehalten, und wir können ihn befreien“, legte Lilo noch ein Schäufelchen
nach.
Jetzt war der kleine Inder kaum noch zu bremsen. Er versprach gegen Abend wieder zurück zu sein. Mit allen Auskünften, die Lieselotte haben wollte.
Laru brachte seine Schlangen schnell an einen Platz zurück, wo er sie unbesorgt freilassen konnte, und machte sich sofort auf den Weg. Er lief über die sandige Zufahrtsstraße, von der Wege zum Naturschutzpark, zum Palast, zu den Tennisplätzen und zum nahen Dorf abzweigten, und wollte so rasch wie möglich auf die Hauptstraße gelangen. Er hoffte, daß ihn ein Fuhrwerk mitnehmen würde, denn zu Fuß brauchte er lange bis zum Flugplatz.
Hinter ihm hupte es. Laru drehte sich um und sah den kleinen Bus des Hotels, der die Gäste zu den verschiedenen Sehenswürdigkeiten beförderte. Der Wagen hielt, und der Fahrer erkundigte sich, wohin der Junge wollte. Laru hatte Glück. Der Bus sollte Gäste vom Flughafen abholen.
Dankbar kletterte der kleine Inder auf den Beifahrersitz, und die Fahrt ging los. Auf der Ablage vor der Windschutzscheibe sah Laru die neue Ausgabe der Zeitung. Eine bestimmte Seite war aufgeschlagen. Mit einem stumpfen Bleistift hatte jemand eine kleine Textstelle angezeichnet. Larus Augen streiften die Spalte entlang und blieben entsetzt hängen. Es war ein Inserat und der Text lautete: „Laru beseitigen! Kennwort Giftkralle.“
Auch die nächste Anzeige war ein Auftrag, jemanden verschwinden zu lassen. Es handelte sich um vier Personen, die der Junge mittlerweile gut kannte.
Fateh unter Verdacht
Als die Knickerbocker-Bande in den Palast zurückkehrte, hatte der Fakir im Vorhof seine Position geändert. Fatehs Kopf steckte nicht länger in der Erde. Dafür aber saß der Mann auf den Ranken einiger wilder Dornensträucher. Poppi bekam nur vom Hinsehen Kratzer auf der Haut, doch dem Fakir schienen die fast fingerlangen Dornen nichts anzuhaben.
„Der Tag soll schön sein und ganz nach euren Wünschen ausfallen“, begrüßte sie Fateh lächelnd. „Wir müssen Sie etwas fragen“, sagte Lilo sofort und ohne den Gruß zu erwidern. „Was befindet sich oben auf dem Hügel am anderen Ufer des Sees?“ Fateh lächelte lange und besonders milde. „Der Tag soll schön sein und ganz nach euren Wünschen ausfallen“, wiederholte er.
Die vier Juniordetektive begannen vor Ungeduld zu zappeln. „Jajaja, wünschen wir Ihnen auch. Aber jetzt sagen Sie uns endlich, was dort oben ist!“ drängte Axel.
Fateh hob den Kopf, schloß die Augen und machte den Eindruck, als würde er einen Blick in die Vergangenheit machen. „Über 300 Jahre ist es her, als der kleine Bruder des Maharadschas einen zweiten Palast erbauen wollte. Er sollte noch prächtiger werden als dieser. Um die Bauarbeiten bezahlen zu können, bestahl er den Erstgeborenen, und als dieser den Raub seiner Schätze entdeckte, wandte er eine uralte böse List an. Er schnitt dem Tiger den Bart, was den Maharadscha fast das Leben kostete. Ein kleiner Affe rettete ihm bei jenem Festessen das Leben. Der kleine Bruder des Herrschers mußte fliehen und ward nicht mehr gesehen. Die Bauarbeiten an dem Palast wurden nie fortgesetzt, und seither ist das Gebäude dem Wetter und den Tieren überlassen.“
Ratlos blickten die Knickerbocker einander an. Wovon redete der Fakir? Lieselotte fragte nach, wie es eben so ihre Art war, aber Fateh gab ihr keine Antwort mehr.
Wütend und ungehalten wandte sich das Mädchen ab und stampfte mit dem Fuß auf den Boden. „So ein Sturschädel!“ schimpfte sie. „Aber wenn er uns nichts sagen will, dann werden wir uns diesen halben Palast eben selbst ansehen. Irgendwie kommen wir schon dort hinauf!“ raunte sie den anderen zu.
Von hinten tippte ihr jemand auf die Schulter. Lieselotte zuckte erschrocken zusammen und erkannte Fateh, der sich von seinem Dornensitz erhoben hatte. „Nehmt Bananen mit!“ sagte er und ging mit gemächlichen Schritten davon.
„Der spinnt!“
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