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Die Knochenkammer

Titel: Die Knochenkammer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Fairstein
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sie und nahm sie mit nach Kapstadt.«
    »Bot denn die Regierung keinen Schutz?«
    »In der ersten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts? Die Eingeborenen hatten nicht die geringste Chance. Nur die Missionare versuchten, sich für sie einzusetzen. Sie verfassten einige der besten Berichte über geplünderte Grabstätten. Das sind keine Relikte von Höhlenmenschen. Es sind die sterblichen Überreste von Khoisans - Buschmännern und Hottentotten -, deren Nachkommen mit diesen Geschichten aufgewachsen sind.«
    »Glauben Sie, dass das irgendetwas mit Katrinas Entscheidung zu tun hatte, nach Südafrika zurückzugehen?«
    »Natürlich, das war der Hauptgrund. Sie hatte eine Stelle am McGregor Museum angenommen.«
    Mir fiel ein, dass Hiram Bellinger uns das bereits erzählt hatte. Er hatte es für eine Vergeudung ihrer Ausbildung gehalten. Das McGregor war auf Naturkunde spezialisiert und hatte keine Abteilung für europäische Kunst.
    »Also«, sagte Mike langsam, »Sie glauben zu wissen, warum sie diesen Job am McGregor wollte?«
    »Die Knochenkammer, Detective. Sie wollte in deren Knochenkammer.«
    »Was ist eine Knochenkammer?«
    »Nichts, was Sie in irgendeinem Museumswegweiser finden werden, Mike. So haben Katrina und ich die Skelettgewölbe genannt, die jedes Museum irgendwo hat. Im South African Museum in Kapstadt zum Beispiel gibt es einen verschlossenen Lagerraum mit über tausend Kartons, in denen jemandes Großmütter und Großväter liegen.«
    »Und das McGregor?«
    »Oben in Kimberley. Einhundertundfünfzig staubige Kisten voller Knochen unter weißem Neonlicht.«
    »Nichts davon ist ausgestellt?«
    »Nein. Die Kuratoren bekamen einige Jahre nach den Amerikanern Wind von der Kontroverse und hängten die Skelette Ende der neunziger Jahre ab.«
    »Also, wo ist das McGregor-Gewölbe?«
    »Das ist der springende Punkt. Sie wollte es finden und bei der Identifizierung der Überreste helfen. Um sie den Familien zurückzugeben, die darum ersucht hatten.«
    Mercer war fasziniert. »Kann man sie denn zum jetzigen Zeitpunkt tatsächlich noch identifizieren?«
    »Manche ja. Ich glaube, es gibt da ein neues DNAVerfahren.«
    »Mitochondriale DANN«, sagte ich. Die Zurückverfolgung des Erbguts über die mütterliche Linie, mit Hilfe von Knochen und Haaren.
    »Katrina sollte am McGregor die Nachfolge einer Freundin von mir antreten, die begonnen hatte, die Überreste zu katalogisieren, nachdem man diese vor drei Jahren aus den Ausstellungsräumen entfernt hatte. Sie hatte das als Privatangelegenheit deklariert und gehofft, dass die Eingeborenen eines Tages die Repatriierung erwirken könnten.«
    »Diese Freundin von Ihnen hat sie inventarisiert?«
    »Sie haben nicht gewusst, wie gefährlich Museumsarbeit sein kann, nicht wahr? Kurz nachdem sie damit anfing, erhielt sie die ersten Morddrohungen. Zuerst Mails an ihr Büro im Museum, dann Nachrichten zu Hause auf ihrem Anrufbeantworter. Natürlich vage und anonym, aber schlimm genug, um ihr Angst zu machen. Sie verließ Südafrika und ging zurück nach Kenia. Nach ihrem Weggang wurden die Skelette alle in Lagerräume geschafft und weggeschlossen.«
    »Warum? Was hatte sie gefunden?«
    »Sehr spezifische Informationen. Auf manchen Etiketten standen die Namen der Leichen und sogar die Namen der Farmen, wo man die Gebeine ausgegraben hatte. Gebeine, die man ihren Familien zurückgeben konnte, um die Würde der Toten wiederherzustellen und ihre Existenz zu bestätigen.«
    »Und die anderen?«
    »Nur ein Inventarschildchen mit der Aufschrift >Busch-Hottentotte< oder dem Namen des örtlichen Eingeborenenstamms. Sie wurden als Untermenschen angesehen, Mike. Ihre Gebeine wurden zur Schau gestellt, so als ob sie Tiere wären. Diese Menschen wurden im Tod genauso entehrt wie im Leben.«
    »Also sind Sie eine Organisation, die in die verschlossenen Räume eindringt und die Knochen herausholt?«
    »Das ist ein sehr formales Wort dafür, Mercer. Es wäre passender, es eine Clique zu nennen. Falls wir uns organisieren würden, würde keiner von uns auch nur zu einem Bewerbungsgespräch in einem Museum eingeladen werden.«
    »Sie haben Katrina für Ihre Sache gewonnen?«
    »Ich habe ihr die Augen geöffnet.« Clem sah auf ihr Notizbuch, das vor ihr auf dem Tisch lag. »Diese Grausamkeiten wurden im Namen der Wissenschaft und Forschung verbrochen, und einige von uns glauben, etwas zu ihrer Wiedergutmachung unternehmen zu können.«
    »Wer noch - außer Katrina - war hier in New York an dieser

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