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Die Knochenkammer

Titel: Die Knochenkammer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Fairstein
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uns in das Besucherverzeichnis einzutragen, bevor er uns den Weg zu Elijah Mamdoubas Büro im dritten Stock des Südflügels erklärte.
    Da wir das Gebäude dieses Mal von der entgegengesetzten Seite betreten hatten, gingen wir denselben Weg durch die riesigen Ausstellungshallen im Erdgeschoss zurück, den wir das letzte Mal gekommen waren. Während wir an den Dioramen mit den nordamerikanischen Säugetieren vorbeischlenderten, hatte ich den Eindruck, als würde man sie für irgendwelche ärztlichen Untersuchungen herrichten. Zweifelsohne irgendwelche Restaurierungen, welche in einer Institution wie dieser wahrscheinlich ständig vonnöten waren. Vor dem Tableau des Grand Canyon untersuchten zwei junge Wissenschaftler in Laborkitteln und mit Mundschutz zwei ernst dreinblickende Berglöwen.
    Pfeile wiesen den Weg zu den Besucheraufzügen. »Vergiss es!«, sagte Mike und zupfte mich am Ärmel, während wir hinter einer lärmenden Gruppe von Achtjährigen am Lift anstanden. »Wir nehmen die Treppe.«
    Mike wählte, wenn möglich, immer den nichtmechanischen Weg durch ein Gebäude. Man sah mehr vom Ort des Geschehens, oft auch Bereiche, die Außenstehende nicht zu Gesicht bekommen sollten.
    Wie alles andere in diesen alten Gebäuden waren auch die Treppen riesig und leichter hinunter- als hinaufzulaufen. Da die Räume so hoch waren - hoch genug für ein Dinosaurierskelett oder ein Modell eines Wals -, gab es zwischen jedem Stockwerk vier Treppenabsätze.
    Im ersten Stock blieb Mike stehen und öffnete die Tür zum Korridor einen Spaltbreit. Er schloss sie wieder und ging weiter die Treppe hinauf. »Vögel.«
    Im zweiten Stockwerk blieb ich stehen und schnappte nach Luft, während er wieder durch die Tür lugte. »Afrikanische Säugetiere. Überall Affen.« Er versuchte, eine Tür direkt gegenüber dem Eingang zu den Ausstellungsräumen zu öffnen, aber sie war verschlossen. »Erinnere mich daran, dass ich frage. Ich will wissen, was hinter jeder verschlossenen Tür ist.«
    »Viel Glück! Davon muss es hier Tausende geben.«
    Ich war erleichtert, als wir den dritten Stock erreichten, und stützte mich auf das Geländer, um zu verschnaufen.
    »Warte hier.« Ich ruhte mich nur zu gerne aus, während Mike vorbei an den Schildern mit der Aufschrift Kein öffentlicher Durchgang ins vierte Stockwerk hinauflief. Er verschwand durch eine Doppeltür und tauchte erst einige Minuten später wieder auf.
    »Was ist dort oben?«
    »Der längste Korridor, den ich je gesehen habe. Büros, Abstellkammern und Spinde, so weit das Auge reicht. Überall graue Metallschränkchen, vom Boden bis zur Decke und von einem Ende des Gebäudes zum anderen. Auf geht’s. Finden wir heraus, auf wie viele verschiedene Arten man einen Affen ausstopfen kann!«
    Wir folgten den Pfeilen im dritten Stock vorbei am Dinostore, dem Cafe und den ausgestorbenen Säugetieren zu Mr. Mamdoubas Büro. Er musste unsere Stimmen gehört haben, denn als seine Empfangsdame auf seine offene Tür zeigte, kam er heraus, um uns zu begrüßen.
    »Mamdouba. Elijah Mamdouba.« Der schmächtige dunkelhäutige Mann, der vor uns stand, war kaum einen Meter fünfundsechzig groß, aber er hatte eine kräftige Stimme und einen ebenso kräftigen Händedruck. »Ms. Cooper? Mr. Chapman? Kommen Sie doch bitte herein!«
    Ich folgte ihm in ein kreisrundes Zimmer in einem der Ecktürme des Museums, von dem aus man auf die Kreuzung Sixty sixth Street und Columbus Avenue hinaussah. Ich konnte mich nicht erinnern, jemals zuvor in einem runden Büro gewesen zu sein, und die Eigenwilligkeit des Raumes wurde noch verstärkt durch die Schätze auf dem Schreibtisch und in den Regalen: keine silbernen Teeservice oder Bilder alter Meister, wie wir sie im Met gesehen hatten, sondern unbezahlbare kulturhistorische Exponate aus aller Welt. In die Wand des Zimmers waren in gleichen Abständen vier identische Türen, an denen dekorative Ausstellungsposter hingen, gesetzt.
    Mamdouba grinste, als er bemerkte, wie ich mich umsah. »Gehe ich recht in der Annahme, dass Sie beide unser Museum recht gut kennen?«
    Wir plauderten einige Minuten, während ich im Zimmer umherwanderte und die Exponate, Skelette und Fotografien betrachtete, die Mamdouba in Wüsten- und Dschungelregionen auf der ganzen Welt zeigten. Der leicht singende Tonfall seines afrikanischen Dialekts stand im Widerspruch zu seinen Zeugnissen, die zwischen den Bildern an der Wand hingen: Bachelor- und Masterabschlüsse von Cambridge und ein

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