Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Knochentänzerin

Die Knochentänzerin

Titel: Die Knochentänzerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franz-Josef Körner
Vom Netzwerk:
damals?«
    »Damals? Ja. Wenn Ihr von der irischen Hure und dem englischen Spion sprecht.«
    Karl drehte an dem Ring an seinem Finger, den er in der Asche des Scheiterhaufens gefunden hatte und seitdem trug. Das Symbol war eine Rose, die sich um einen Stab wand. »Ja. Ihr habt mir den Richtplatz gezeigt.«
    Faliero gab sich jovial. »Ihr hättet die beiden gern selbst gefangen, ich weiß. Aber der Zufall hat uns die Verräter in die Hände gespielt.«
    »Es war nicht wichtig. Entscheidend war, dass sie ihre verdiente Strafe erhielten.«
    Faliero zog mit einem Turm. »Ich hatte das Gefühl, die Irin bedeutete Euch etwas.«
    Karl schüttelte finster den Kopf und brachte seine Dame in Angriffsposition. »Sie hat meinen Vater auf dem Gewissen – und noch viel mehr.
Das
hat sie mir bedeutet.«
    Faliero antwortete nicht, sondern lächelte verschlagen. In diesem Augenblick erkannte der Kaiser, wie geschickt der Venezianer die Falle auf dem Spielbrett gestellt hatte. Er war blind hineingestolpert.
    »Ich glaube nicht, dass Petrarca eine große Hilfe sein wird. Was haben Bücher – oder die Ideale der alten Griechen – mit Genuas oder Ungarns Raubrittertum zu tun? Oder mit dem Krieg zwischen England und Frankreich, der noch ewig währen wird?«
    Obwohl Karl wusste, dass es sinnlos war, rochierte er König und Turm. »Welchen Part wird Venedig in diesem Krieg spielen? Eure Flotte könnte ein alles entscheidender Faktor sein.«
    Faliero zog mit dem Springer, um seiner Dame die nötige Deckung für den nächsten Zug zu geben. »Ich weiß es nicht. Dandolo ist oberster Befehlshaber über die Flotte. Er hat das Sagen.«
    »Angenommen, Euch fiele diese Rolle zu. Wie würdet Ihr entscheiden?«
    »Im Sinne des größtmöglichen Vorteils für Venedig«, antwortete Faliero kryptisch und beobachtete zufrieden Karls letzten, hilflosen Fluchtversuch.
    Karl nickte verstehend.
    Faliero machte den entscheidenden Zug und verkündete: »Schach dem König.«
    Der Kaiser stieß seinen König leicht an, so dass dieser umfiel. Dann blickte er Faliero direkt in die Augen und sagte: »Matt.«

14
    Donnan von Eigg der Zweite, nebst Gemahlin
    W ir dümpelten mit hängendem Segel in der Windstille. Das Wasser war ein unergründlicher grauer Spiegel. Am Horizont rollte am Rande des Wolkenbands der blutrote Sonnenball ins Meer. Dort lauerte die Nacht. Ich fürchtete mich. William der Erste würde mir meine Furcht nicht nehmen – und schon gar nicht sein Knochenmann, Donnan von Eigg.
    »Immerhin scheint der Sturm nicht zu kommen«, versuchte ich ihm und mir Mut zu machen.
    »Der wartet nur.« William betrachtete seine Fingernägel. »Hat ja keine Eile. Wir können eh nirgendwohin.«
    »Wie trefflich du es verstehst, mich zu beruhigen. Gleich bricht die Nacht an, und wir sind mutterseelenallein auf dem Meer.«
    »Kein Land in Sicht«, bestätigte William.
    Ich schnaubte. »Weißt du mir nichts Besseres zu erzählen?«
    William hatte seine Finger genug betrachtet. Er legte die Hände auf die Bank, auf der er saß, dachte nach und beugte sich vor. »Ich kenne viele Geschichten.«
    »Erzähl mir eine«, bat ich trotzig.
    »Willst du das wirklich?«
    »Ja.« Ich hoffte, durch eine Geschichte ein wenig Geborgenheit auf diesem endlosen Meer zu erhalten.
    »Nun gut.«
    Während William der Erste sich konzentrierte, ertrank die Sonne im Meer. Er begann mit einer Frage. »Wusstest du, dass im Wasser Elfen wohnen?«
    »Nein.« Erfreut richtete ich mich auf. Elfen waren feengleiche Wesen mit schimmernden Flügeln. Und sie taten Gutes. »Bestimmt haben sie als Wasserwesen durchsichtige Flossen, und sie gleiten mit Anmut durch die Fluten.«
    William schüttelte den Kopf. »Schon ihr bloßer Anblick tötet, oder zumindest verliert man den Verstand. Wenn der nächtliche Zug der Elfen aus dem Wasser steigt, ist es dir geraten, nicht aufzublicken. Einmal versuchte eine Frau, die Elfen durch ein Loch in der Bordwand des Schiffes zu sehen. Sie dachte, dies sei sicher.« An dieser Stelle machte William eine dramatische Pause.
    »Was ist geschehen?« Nicht ich, sondern meine Neugierde stellte die Frage. Ich blickte ängstlich auf das unbewegte Meer. Die Nacht färbte das Wasser schwarz.
    »Was glaubst du? Die Frau wurde blind.«
    »Die arme Frau.«
    »Ja.«
    Ich begann zu zittern. Das lag an der Kälte, die mit der Nacht über das Meer kroch. So redete ich mir ein. »Glaubst du, hier gibt es Elfen?«
    »Man weiß nie, wo sie auftauchen.« William taxierte die

Weitere Kostenlose Bücher