Die Knopfkönigin: Historischer Roman (insel taschenbuch) (German Edition)
Überbringer der schlechten Nachricht den Hunden zum Fraß vorwerfen? Albrecht war Opportunist, wie Bero selbst, doch bedauerlicherweise mit der höchsten Macht gesegnet. Es war nicht so einfach, den geeigneten Ansatz zu finden, aber bei jedem Menschen gab es eine schwache Stelle.
Montardiers wunder Punkt war möglicherweise seine frühere Geliebte, Franziska, die schöne Schneiderin. Über sie würde er ihn finden. Außerdem hatte er noch eine Rechnung mit ihr offen.
Er reiste schnell. Unterwegs erfuhr er von einem Fuhrmann, der Waren Franziskas mit sich führte, dass der Prinz und seine Gemahlin aus Nürnberg abgereist waren. Angeblich wollten sie sich nach Italien begeben. Soll mir recht sein, dachte Bero. Er hatte zwei Männer als Begleiter mitgenommen, die beiden, die sich schon als falsche Mönchebewährt hatten und zuvor am Hof Rudolfs seine engsten Mitarbeiter gewesen waren. Beide sandte er aus, die Wegstrecke nach Italien zu erfragen und sich an die Fersen des Einarmigen zu heften. Eine plötzliche Auslandsreise der Geschwister eines Geächteten war verdächtig.
Ärger kochte in Bero. Seine Kühnheit und sein Plan waren es gewesen, die den böhmischen Thron für die Habsburger frei gemacht hatten. Rudolf hätte ihn sofort nach der Machtübernahme auf einem anderen Lehensitz einsetzen müssen, so, wie sie das geplant und verabredet hatten. Oder ihm ein Regierungsamt übertragen, eines mit fetten Pfründen und den entsprechenden Ehrungen natürlich, wie es ihm zustand. Doch jetzt, wo Rudolf am Ziel war, machte er sich lieber beim böhmischen Adel Liebkind, verteilte freie Lehen großzügig an seine Wähler, vergrößerte so manchen alten Besitz und begann, reichsfeindliche Lehensnehmer auszuspionieren. Wenn er Pech hatte und man ihn mit dem Königsmord öffentlich in Verbindung brachte, würde man ihm sogar Restwangen abnehmen, traute Bero dem Habsburger zu.
ZYPERN September 1306
Die Sommerhitze hatte die Insel braun gefärbt. Hatten sie bei ihrem ersten Besuch vor vielen Jahren noch über die Blütenpracht und die vielen kräftigen Farben gestaunt, so war die Landschaft jetzt zu Beginn des Herbsts verbrannt und ausgetrocknet. Es war noch immer heiß und die Menschen in der Hauptstadt suchten während der glühenden Mittagsstunden Schutz in den kühlen, mit dicken Steinwänden erbauten Häusern. Auch Marie, Chalil und Louis hatten sich in das gemietete Zimmer zurückgezogen und nippten an verdünntem, gekühltem Wein, der in irdenen Bechern vor ihnen stand.
Lange hatten Chalil und Marie sich beraten, ob und wie ausführlich sie Louis von Franziska und seiner Tochter berichten sollten. Schließlich hatten sie gewartet, bis sie in Zypern an Land gegangen waren, und ihm dann an einem langen Abend die ganze Geschichte erzählt. Zuerst berichteten sie von den berauschenden Erfolgen der Schneiderei und der Manufaktur, anschließend von der Scheinehe, die sie mit dem Meister Walram eingegangen war. Zu guter Letzt erzählten sie von seiner Tochter Katharina, die mittlerweile fünf Jahre alt war. Louis blickte fassungslos von einem zum anderen. Fünf Jahre! Warum hatte ihn nie jemand davon in Kenntnis gesetzt? Er hatte Chalil und Marie doch in Paris und Linz getroffen, warum haben sie geschwiegen?
»Franziska wollte dich nicht in Bedrängnis bringen. Du warst schließlich Ritter des Königs und Herr über ein stattliches Lehen in Frankreich. Außerdem warst du verheiratet. Sie dachte, du hättest das Leben gefunden, das du dir so sehr gewünscht hast, und wollte dein Glück nicht zerstören.«
»Mein Leben! Spielball von Fürsten und Königen und Sündenbock für einen Mörder! Hätte ich bloß auf dich gehört, Chalil, dann würden wir es uns jetzt als reiche Handelsherren gut gehen lassen, und ich hätte sogar eine Familie. Stattdessen …«
»Wer weiß, vielleicht wendet sich ja alles wieder zum Guten«, unterbrach ihn Marie zögernd. »Sag«, sie hielt nochmals inne, bevor sie sich ein Herz nahm und geradeheraus die Frage stellte, die ihr am meisten auf der Seele lag: »Liebst du Franziska noch?«
Als sie den Schmerz in Louis' Gesicht sah, bereute sie ihre Worte beinahe, doch wusste sie, wie wichtig die Frage für sie alle, für das Kind und besonders für ihre Freundin war. Sie lächelte ihn liebevoll an und nahm seine Hand. Louis senkte den Blick. Marie sah Tränen in seinen Augen.
»Schreib ihr«, forderte Chalil Louis auf. »Gib den Brief unserem Kapitän mit, er fährt schon morgen wieder
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