Die Knopfmacherin
der Kleinen alleine vergnügen wollte. Aber das war ihm egal. Er war der Hauptmann, und sie hatten zu gehorchen.
Nachdem einer der Soldaten das noch immer bewusstlose Mädchen zu ihm in den Sattel gehoben hatte, trieb Lohweihe sein Pferd an.
Die Torwächter schenkten ihm kaum Beachtung, als er an ihnen vorbeipreschte. Nachdem er dem Torweg eine Weile gefolgt war, bog er in eine schmale Gasse ab. Diese stank so erbärmlich, dass selbst ihm, der gewiss kein zimperlicher Mann war, die Luft wegblieb. Misthaufen und Dreck türmten sich an den Seiten, Ratten huschten vor den Hufen seines Pferdes davon. Plötzlich klatschte ein Schwall gelber Flüssigkeit vor ihm auf den durchgeweichten Weg.
»Verdammt, pass doch auf!«, fluchte er, als ihn ein paar Spritzer aus dem Nachtgeschirr trafen. Das Schimpfen, das kurz darauf folgte, bekam er nur noch beiläufig mit, denn nun bog er in eine breitere Straße ein.
Die Mauerstraße wirkte um diese Zeit noch verlassen. Ein paar räudige Katzen und Hunde lungerten vor den windschiefen Gebäuden herum, hinter deren Fensterläden kein einziger Lichtstrahl hervordrang. Die Misthaufen dampften, und hier und da ertönte ein Scheppern, das der Morgenwind davonwehte.
Das Haus, vor dem der Hauptmann schließlich haltmachte, wirkte auf den ersten Blick wie eine normale Schenke. Die Mauern zwischen den Fachwerkbalken waren schmutzüberlaufen vom letzten Regen, die Laterne über der Tür schaukelte träge vor sich hin. Lohweihe stieg aus dem Sattel und hob das Mädchen herunter. Noch immer erwachte sie nicht. War sie vielleicht tot?
Lohweihe beugte sich über ihren Mund. Nein, sie atmete. Außerdem hätte er es sicher gespürt, wenn die Wärme ihren Körper verlassen hätte. Er trug das Mädchen bis zur Schwelle und trat dann mit dem Fuß gegen die Tür.
Es dauerte eine Weile, bis sich drinnen etwas regte. Gerade als sich Lohweihe erneut bemerkbar machen wollte, schleppten sich Schritte über den Holzfußboden. Kurz darauf wurde ein Riegel zurückgeschoben und das teigige Gesicht einer dunkelhaarigen Frau erschien im Türspalt. Nur wenige wussten, dass ihr Name Hilde Talmüller lautete, die meisten nannten sie schlichtweg »die Wirtin«. Ihre Augen waren klein, die speckigen Wangen hingen noch schlaffer als sonst herunter. Sein Anblick überraschte sie offenbar nicht.
»Wir haben geschlossen«, brummte sie. »Kommt am Abend wieder, die Mädchen brauchen jetzt ihre Ruhe.«
»Ich bin nicht hier, weil ich Vergnügen suche«, antwortete Lohweihe. »Ich will Euch ein neues Mädchen bringen. Darf ich eintreten?«
Die Frau, die er zweifelsohne von ihrer Schlafstatt gerissen hatte, wischte sich über die Augen und schien erst jetzt zu bemerken, was er da auf den Händen hielt.
»Wer ist das? Und warum regt sie sich nicht?«, fragte die Wirtin misstrauisch.
»Wir haben sie aus dem Haus von Aufrührern. Ich dachte, Ihr hättet Verwendung für sie.«
»Dann hättet Ihr sie besser in den Kerker bringen sollen. Ich brauche keinen unnützen Fresser.«
Lohweihe setzte ein überlegenes Lächeln auf. »Lasst mich doch erst mal reinkommen, dann könnt Ihr sie genau besehen.«
Etwas widerwillig trat die Frau beiseite. Der Schankraum roch nach billigem Wein, Erbrochenem, abgestandenem Fett und ranzigen Bettfedern. Was auch immer den Reiz dieses Ortes bei Nacht ausmachte, verschwand im Tageslicht völlig.
Der Hauptmann legte das Mädchen auf einem der Tische ab, die ihm sauber erschienen.
»Sieh sie dir an«, sagte Lohweihe mit der schmeichelnden Stimme eines Händlers, der kostbare Stoffe feilzubieten hat. »Hier, das Haar …« Er ergriff eine der Flechten, die über den Tischrand hingen, und wog sie in der Hand. »Ich weiß sehr gut, dass Ihr keine Rothaarige unter Euren Mädchen habt.«
Die Hurenwirtin ließ nun den Blick über den Körper der Bewusstlosen schweifen. »Sie ist nicht besonders hübsch. Außerdem ist sie noch ein halbes Kind! Wann werde ich sie das erste Mal zu einem Mann legen können? In einem Jahr? In zweien?«
»Ihr werdet den richtigen Zeitpunkt schon erkennen.« Lohweihe merkte, dass er seine Taktik ändern musste. Gut möglich, dass die Wirtin ihr Haus nie am Morgen öffnete, denn offenbar konnte man am Abend deutlich besser mit ihr handeln. »Na gut, wenn Ihr sie nicht wollt, werde ich sie einem anderen Hurenwirt bringen«, fuhr er fort.
Die Frau zögerte noch immer. Wahrscheinlich brauchte ihr Verstand eine Weile, um die Vorteile in dem Handel zu erkennen.
»Sie wird
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