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Die Könige: Orknacht (Die Könige 1) (German Edition)

Die Könige: Orknacht (Die Könige 1) (German Edition)

Titel: Die Könige: Orknacht (Die Könige 1) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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studiert, so wie die Alchemisten die Elemente studierten, und wusste genau, was sie zu bewirken vermochte; dieses Wissen hatte er eingesetzt, um Winmars Macht zu festigen und zu mehren, und der König hatte es ihm mit einem hohen Amt gedankt. Vigor war zum Berater und zur rechten Hand des Zwergenkönigs geworden, ja es hatte sogar eine Zeit gegeben, da er sich als dessen Freund bezeichnet hätte.
    Bis Winmar sich verändert hatte.
    Anfangs waren die Veränderungen klein und scheinbar unbedeutend gewesen, doch dann hatten sie sich gehäuft, und Vigor hatte zusehen müssen, wie sein König ein anderer wurde. Bei Antritt seiner Herrschaft war Winmar lediglich von Machtgelüsten getrieben gewesen, von der Gier nach Reichtum und Besitz, die vielen Söhnen des Berges innewohnte. Im Lauf der Zeit jedoch hatte diese Gier immer bizarrere Formen angenommen, und Vigor hatte feststellen müssen, dass er nicht der Einzige war, dem der König Vertrauen schenkte. Mehr noch, dass der Einfluss jener anderen, unbekannten Macht um vieles stärker war als sein eigener – und dass sie ihre eigenen Pläne verfolgte.
    Lange Zeit hatte Vigor sich geweigert, es sich einzugestehen. Er hatte zugesehen, wie Winmar neue Waffen bauen ließ und sich mit kriecherischen Gelehrten umgab. Er hatte hingenommen, dass sich der König nicht scheute, mit Menschen zu paktieren. Und er hatte den entrückten Ausdruck bemerkt, der sich immer häufiger in Winmar von Ruuns Züge schlich. Doch erst Winmars Ankündigung, Gorta Ruun verlassen und das Reich künftig von der nach ihm benannten Stadt Tirgas Winmar aus regieren zu wollen, hatte Vigor die Augen für die schreckliche Wahrheit geöffnet: Ein Wahnsinniger saß auf dem Thron der Äxte.
    Und er, Vigor, hatte ihm zur Macht verholfen.
    Als wäre dies noch nicht schlimm genug, hatte Winmar ihn vom persönlichen Vertrauten zum gemeinen Meuchelmörder degradiert. Zugegebenermaßen war dieser Auftrag heikel und erforderte ein gewisses Geschick, und womöglich hätte es Vigor zu früheren Zeiten geschmeichelt, dass sein Herrscher ihn persönlich dazu ausersehen hatte; inzwischen jedoch gab er sich keinen Illusionen mehr hin. Die Alchemisten hatten den Kampf um die Gunst des Königs gewonnen. Ansgar hatte ihn ausgestochen und die Gelegenheit genutzt, um den Rivalen loszuwerden – und er, Vigor, war blindlings in die Falle getappt.
    Die Frage war, was er nun daraus machen würde …
    Eine endlos scheinende Weile saß er an dem schäbigen Tisch, nippte dünnes Menschenbier und brütete über seinen Plänen. Irgendwann fiel ein Schatten auf ihn. Es war der Wirt, der eine eiserne Pfanne brachte. Darin lagen zwei brutzelnde Gänsekeulen.
    Wenigstens dem Geruch nach.
    Denn was dort in der Pfanne briet, war so dürr und verschrumpelt, als hätte sich das Tier bei der Schlachtung bereits im Stadium fortgeschrittener Verwesung befunden.
    »Was wagst du, mir zu bringen?«, fragte Vigor entsprechend gereizt.
    »Eure Gänsekeulen, Herr. Wie Ihr es befohlen habt.« Mit einer beflissenen Verbeugung stellte der Wirt die Pfanne auf den Tisch und zog sich klammheimlich zurück.
    Vigor stieß eine Verwünschung aus. Er zückte seinen Dolch, säbelte ein Stück Fleisch von einer der Keulen, schob es sich in den Mund und kaute darauf herum.
    Lange.
    Sehr lange.
    »Elender Hundsfott!«, wetterte er, als er den Brocken schließlich mit einem weiteren Schluck Bier hinuntergewürgt hatte. »Das Ding ist zäh wie Leder!«
    »I-ich weiß, Herr«, gestand der Wirt aus sicherer Entfernung ein. »Wenn Ihr die Güte haben mögt, Euch zu erinnern – ich habe es Euer Gnaden gesagt.«
    »Deswegen schmeckt es auch nicht besser!« Vigor steckte sich einen weiteren Bissen in den Mund, den er jedoch nicht bis zum Ende kaute, sondern in hohem Bogen wieder ausspuckte. »Du setzt mir einen solchen Fraß vor? Erwartest du, dass ich das esse?«
    »Ja, Herr … ich meine, nein, Herr!«
    »Was nun?«
    »Die Gans war alles, was wir hatten. Wenn sie Euch nicht mundet, bedauere ich das zutiefst, aber …«
    Nun hatte Vigor endgültig genug.
    Wütend sprang er vom Stuhl, nahm die Pfanne mit den Gänsekeulen und schleuderte sie von sich. Mit einem metallischen Geräusch krachte sie gegen die Wand und fiel lotrecht daran herab. Was übrig blieb, war glänzendes Fett, das in dünnen Rinnsalen am Mauerwerk herabtroff.
    »Aber Herr …!«
    »Ich werde euch lehren, was es heißt, einen Zwerg zu verhöhnen«, beschied Vigor nicht nur dem Wirt, sondern auch

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