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Die Königin ist tot: Roman (German Edition)

Die Königin ist tot: Roman (German Edition)

Titel: Die Königin ist tot: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olga Flor
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Überlegung, wie ein Klopfen erschiene. Ein Klopfen, mein Gott, was sagt er da.
    Er schickt einen flackernden Blick unter sich schließenden Lidern hervor, er sucht Halt, das verstehe ich, doch ärgere ich mich darüber. Weiß er nicht, dass wir nur uns haben, einander, und das auch nur, wenn wir alleine sind, die Kommunikation muss nonverbal und eingespielt sein, wie die der Körper, weiß er das nicht, sonst ist die ganze Sache sinnlos, gegenstandslos, all die Arbeit umsonst, nicht ganz umsonst, um den Preis des Todes.
    Wir haben diese eine Chance, sage ich beschwörend und stumm, während ich nach seiner Hand greife, etwas zu tun mit unserem Leben, auf das wir stolz sein können, bei allen Nebenkosten; wir haben alles auf eine Karte gesetzt: auf die schlichteste. Wir können nur dabei bleiben, eine andere Möglichkeit gibt es nicht.
    Einkapseln muss man sich in die Lüge und immunisieren gegen den absichtslosen Verrat (kein falsches Wort im richtigen Satzgefüge), und so übernehme ich, wieder einmal, ich reiße die Deutungshoheit an mich, die Wut macht mich überzeugend, das weiß ich. Mit einer erklärenden Geste zu unserer spärlichen Bekleidung (wohldosiert spärlich, übrigens, im Voraus überlegt, im entscheidenden Moment des Handelns wäre ich zu einer solchen Überlegung nicht mehr fähig gewesen, also: vorausschauende Planung, die Punkt für Punkt abgehakt wird), und vor allem, damit der Polizist, der sich sehr um uns zu bemühen scheint, gar nicht erst anfängt, sich Gedanken über unser offenkundiges Frischgeduschtsein zu machen, das in krassem Gegensatz zu seiner glänzenden Haut und dem nicht mehr frischen Körpergeruch steht, der für eine lange Schicht spricht, beginne ich zu erläutern, so deutlich und so laut, wie ich kann, ohne dass es übertrieben wirkt, ich schaffe das: wir schlafen nämlich immer unbekleidet. Ich sage nicht: nackt, ich kenne den hiesigen Sprachgebrauch lange genug, ich umschreibe, er lächelt, senkt den Stift. Ganzkörperenthaart, näher an die Hautbloßlegung kommt man nicht ran.
    Ich bin sicher, Peter hätte verstanden, dass man manchmal Opfer bringen muss. Unter anderen Umständen hätte er mich ergänzen können beim Alles-auf-eine-Karte-Setzen.
    Der Detective, denn das war er, wie man uns gesagt hatte, starrte mich weiterhin an und schien auf etwas zu warten; seine Freundlichkeit wohl dem Versuch geschuldet, die natürliche Überlegenheit, die ihm die trotz der deutlichen Gebrauchsspuren korrekte Dienstbekleidung gegenüber unseren Schlafzimmerüberwürfen gab, herunterzuspielen und dabei doch gerade darauf hinzuweisen. Ich entschuldigte mich mit einer Stimme, die unsicher klang, das hörte ich genau, und so sollte sie auch klingen. Die Sache setzt mir zu, ergänzte ich, etwas dünn, doch das schadete gar nicht, ich muss meine Schwäche nützen, so schwach kann ich gar nicht sein, wie ich scheinen sollte. Ich fahre mir mit der Hand über die Stirn in die Haare, ein sicherer Hafen, Unterholz, ein Waldhafen für meine zittrigen Finger (die toten Züge so friedlich, was könnte es Schöneres geben?), die zittern ganz von allein, ich kann ihnen dabei zusehen und weiterzittern. Und das in diesem Haus! in unserer Wohnung! sage ich, und in dem Moment steht mir die Löchrigkeit der gläsernen Hülle deutlich vor Augen, deren Eingänge und Hintertüren sie von allen Seiten zugänglich machen. Seines Lebens nicht mehr sicher, murmle ich, doch er will etwas von mir, hat etwas gefragt, und ich sehe ihn so verzweifelt an, dass er die Frage wiederholt, ich nehme an, dass es dieselbe Frage ist, die er zum zweiten Mal in den Raum stellt, aber sicher bin ich diesbezüglich nicht. Auch die Erinnerung ist löchrig, doch ich kann nicht eingeschlafen sein. Nein, ich habe an meinen Vater gedacht. Dass er wohl erst als Toter Ähnlichkeit mit meinem Vater hatte, denn sonst hätte mir das früher auffallen müssen. Doch die Erinnerung an meinen Vater ist blass.
    Ob ich auch etwas gehört habe, will er wissen. Als käme ihm der Ton selbst etwas zu ungeduldig vor, bremst er sich ein, legt eine Schicht Mitgefühl auf, nickt aufmunternd. Nein, sage ich, nein, nichts, aber ich denke, ich sehe Alexander ein wenig schüchtern an, um Erlaubnis fragend, könnte man sagen, wir sollten ihm die Wahrheit sagen. Nein (mein Lächeln bittet um Verständnis), ich sage besser, wie es war: wir haben noch nicht geschlafen, wir waren bei einer sehr ehm ehelichen Beschäftigung, und ich schenke dem Beamten, der

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