Die Königsmacherin
jeden Preis eine deutliche Absage zu erteilen.
Den kleinen Pater mit den Habichtsaugen bewogen freilich ganz andere Interessen, eine neue Ehe Pippins zu verhindern: Ihm lag daran, die Zukunft seines Lieblingszöglings Karlmann nicht zu gefährden. Es war schon schlimm genug, daß der jüngste Sohn Pippins ständig den Anfeindungen seines geschwätzigen und flegelhaften Bruders Karl ausgesetzt war. Aber irgendwann würde sich Karl bei einer seiner waghalsigen Unternehmungen bestimmt das Genick brechen, und dann war der Weg für einen künftigen König Karlmann frei. Ein junges Mädchen könnte dem König jedoch noch viele männliche Erben schenken, die Karlmann ebenso an die Seite drängen könnten, wie es sein Vater Pippin mit Grifo und den anderen Nachkommen Karl Martells getan hatte. Und sollte sich Karl doch nicht das Genick brechen, gab es immerhin ein noch bedeutsameres Argument, ihm dereinst die Königswürde zu verweigern: sein Geburtsmakel.
Zu gegebener Zeit konnte man schließlich darauf aufmerksam machen, daß allein Karlmann gezeugt worden war, nachdem Pippin und Bertrada den heiligen Bund der Ehe geschlossen hatten. Karl aber war bereits ein Jahr vor der in Prüm öffentlich gefeierten Hochzeit geboren worden. Ein Kind der Sünde sollte in dieser Ära des Christentums niemals einen Thron besteigen dürfen. Schließlich waren die Zeiten der barbarischen Merowingerkönige endgültig vorbei!
Noch aber erfreute sich Pippin bester Gesundheit und quälte Bertrada mit seiner Gleichgültigkeit. Sie wußte nicht, wie man um einen Mann warb, und schalt sich jetzt eine Närrin, Gespräche über weibliche Verführungskünste stets gemieden zu haben. Zur Geburt ihrer Tochter schenkte er ihr eine Fibel und nickte gleichgültig, als sie vorschlug, das Kind nach ihrer mittlerweile verstorbenen Mutter Gisela zu nennen. Das war inzwischen sechs Wochen her, und er hatte sie nicht wieder angerührt.
Wie gewann man die Gunst eines Mannes? Erst jetzt begriff sie, welche Macht sie einst über Pippin ausgeübt hatte und wie sie dadurch auch selbst zu Macht gelangt war. Diese aber begann ihr nun zu entgleiten. Ohne Abt Fulrad wäre ihr jetzt vieles von dem, was sich am Hof und in der Welt abspielte, verborgen geblieben. Pippin teilte ihr nur noch das Nötigste mit. Immerhin: Ihre Spione hatten ihr nichts über andere Frauen berichten können, und das nährte ihre Hoffnung, Pippin doch noch zurückerobern zu können.
So verschlossen Bertrada sich auch gab, Mathilde entging der Schmerz der Königin nicht, und sie litt mit ihr. Auch sie zog Erkundigungen ein, und eines Abends sagte sie wie nebenbei zu ihrer Herrin: »Wie gut, daß ich nicht schon früher wußte, was ich heute erfahren habe! Sonst hätte mich ein anderer Mann geheiratet, und ich hätte Teles nie kennengelernt.«
»Was hast du denn erfahren?« fragte Bertrada müde.
»Es gibt da ein Mittel, mit dem sich eine Frau jeden Mann gewogen machen kann, den sie haben möchte. Und es wirkt immer!«
11
V ERRAT
»Es gibt einen Weg, das Reich endgültig zu einen, es zu befrieden und zu vergrößern«, bemerkte Bertrada, als sie neben Abt Fulrad durch die üppig ausgestattete und immer größer werdende Klosterstadt von Saint Denis schritt. Anerkennend blickte sie auf die römischen Reliefs der im Bau befindlichen neuen Basilika von Saint Denis. Der Abt hatte wirklich an nichts gespart.
»Es ist bedauerlich, daß der König es ablehnt, dem Heiligen Vater abermals gegen die Langobarden beizustehen«, gab der Pater trocken zurück.
»Bedauerlicher ist, daß sich König Desiderius nicht an die getroffenen Abmachungen halten will«, erwiderte Bertrada. »Wenn unser Haus mehr Einfluß auf ihn hätte, würde der Papst alle Ländereien erhalten, die ihm nach der Konstantinischen Schenkung zustehen.«
»Und vor allem nach der Pippinischen«, versetzte der Abt.
»Richtig. Und wie erhält man Einfluß?« fragte Bertrada und gab sich die Antwort gleich selbst: »Durch Einheirat.«
»Ihr wollt Eure Tochter Gisela einem Langobardensohn versprechen? Wie alt ist sie jetzt eigentlich?«
»Zehn«, antwortete Bertrada.
»Und das begehrteste Mädchen der Welt«, sagte der Pater schmunzelnd. »Der Heilige Vater ist übrigens sehr erleichtert, daß König Pippin der Heirat Giselas mit dem byzantinischen Königssohn Leon nicht zugestimmt hat. Obwohl dieser Werbung ein sehr interessantes Geschenk vorangegangen ist.« Er lachte vergnügt. »Wißt Ihr noch, wie ratlos wir waren, als es
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