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Die Königsmacherin

Die Königsmacherin

Titel: Die Königsmacherin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Kempff
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Jahre, die mir noch verbleiben, als der Mensch verbringen, der ich immer schon gewesen bin. Es liegt mir nicht, nach einem Stundenplan zu beten.«
    »Ihr habt das Kloster also nur zu Eurem eigenen Seelenheil erbauen lassen?« Bertrada schlug sich mit der Hand vor den Mund. Wie ungehörig! Aber es war ihr einfach so herausgerutscht. Sie wollte etwas anderes hören. Sie wollte endlich aus dem Mund der Stifterin erfahren, daß die Abtei zu Ehren ihrer Geburt entstanden war.
    Frau Berta musterte das Mädchen nachdenklich.
    »Sag mir eins, Flora, wo immer du auch herkommen magst, hast du in deinem Land von meinem Kloster gehört?«
    Bertrada nickte leicht beklommen.
    »Ich nehme aber an, daß du nichts davon gehört haben wirst, daß ich sieben Kinder geboren habe, von denen jedoch nur eines erwachsen geworden ist? Zu ihrem Gedächtnis und als Fürbittgebet für sie, sowie für meinen einzigen noch lebenden Sohn und für mich habe ich dieses Kloster erbauen lassen.«
    »Und für die Nachfahren Eures Sohnes«, konnte sich Bertrada nicht enthalten.
    »Für die natürlich auch. Aber da gibt es ja nur ein Mädchen. Damals habe ich urkundlich festlegen lassen, daß die Mönche über das Gebet hinaus ihr Leben der Kontemplation weihen sollten. Das ist jetzt zwanzig Jahre her. Inzwischen habe ich viel dazugelernt, und vieles hat sich geändert.« Sie schlug mit der Hand auf das Holzgeländer. »Kontemplation reicht nicht mehr! Und Mönche sind auch nur Menschen! Die auf dumme Gedanken kommen, wenn sie zu viel Zeit zum Nachdenken haben. Oder sich dann zu sehr mit sich selbst beschäftigen und Lustgewinn aus den rigorosen Strafen ziehen, die der heilige Columban für Verfehlungen vorschreibt. Ihm war diese Abtei ursprünglich geweiht.«
    »Warum sprach Herr Karlmann dann vom heiligen Benedikt?«
    »Weil dessen Regel sinnvoller und menschenfreundlicher ist. Mit dem Vorgänger von Vater Gregorius bin ich übereingekommen, daß nunmehr dessen Regel befolgt werden soll. Wenn der letzte Mönch der alten Zeit dahingegangen ist, werden wir das Kloster ganz förmlich dem heiligen Benedikt weihen. Bis dahin gilt eine Übergangslösung, die regula mixta genannt wird.«
    An diesem Abend lud Frau Berta die Herren zum Mahl in ihr Haus ein. Ursprünglich war Bertradas Anwesenheit an der erhöhten Ehrentafel nicht vorgesehen gewesen, aber als der Bischof seinen Schreiber Stephan auf der Bank neben sich Platz nehmen ließ, winkte Frau Berta die junge Frau an ihre Seite.
    »Vielleicht wünscht Herr Karlmann sein Brot auch noch mit einem anderen zu teilen?« fragte sie freundlich und blickte den jungen Hausmeier aufmunternd an. Es gefiel ihr nicht, daß sich Karlmanns wichtigster Ratgeber zu ihrer Kammerfrau gesetzt hatte und sich offensichtlich sehr vertraulich mit ihr unterhielt. Der Hausmeier mußte schließlich nicht in allen Einzelheiten über die Vorgänge in ihrem Machtbereich Bescheid wissen!
    »Wenn es ums Teilen geht, hat sich unser junger Freund als äußerst wählerisch erwiesen«, brummte der Bischof.
    »Trotzdem scheint ja eine Art der Einigung erreicht worden zu sein«, fuhr Frau Berta unbekümmert fort, nachdem sie die Hände kurz in die Waschschüssel getaucht hatte. Karlmanns Ratgeber hatte sich von der Kammerfrau abgewandt und hielt jetzt eine dralle Magd aus dem Küchenhaus auf dem Schoß. Diese würde wenigstens nichts ausplaudern können, was Frau Berta geheimzuhalten wünschte.
    »Woher Ihr immer Eure Kenntnisse habt, ist mir ein Rätsel«, bemerkte Vater Gregorius mit einem gewissen Unbehagen. Bertrada unterdrückte ein Lächeln, denn die Quelle dieser Nachricht hielt ihm soeben die Waschschüssel hin. Der Abt hatte sich wohl daran gewöhnt, weibliche Personen grundsätzlich zu übersehen. Sonst müßte ihm aufgefallen sein, daß Frau Bertas Magd ihnen auch beim Mittagstisch aufgewartet hatte. Dies hatte Bertrada von der Villa aus gesehen und sich darüber gewundert. In ihrem Elternhaus gab es keine Verrichtungen für Mägde im Speisesaal. Die Versorgung von Gästen galt dort als eine Tätigkeit, die den männlichen Bediensteten vorbehalten war. Bertrada ahnte, daß ihre Großmutter nicht nur von oben über die Klostermauern blicken konnte, sondern auch überall sonst Ohren hatte.
    Der Abt, der es für ungehörig hielt, daß Frau Berta dieses von einem abstoßenden Waldwesen zu einer schönen jungen Frau verwandelte Geschöpf ausgerechnet an den Tisch des Bischofs gebeten hatte, richtete den ganzen Abend kein einziges Wort

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