Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Königsmacherin

Die Königsmacherin

Titel: Die Königsmacherin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Kempff
Vom Netzwerk:
vorgesetzt wird, den ich mitgeführt habe.«
    Erschrocken blickte Bertrada zu ihrer Großmutter. Sie hatte noch nie erlebt, daß irgend jemand so zu der Herrin gesprochen, geschweige denn gewagt hätte, sie wie eine Magd loszuschicken. Frau Berta aber nickte nur und erhob sich würdevoll. Mit seinen nächsten Worten ging Pippin allerdings entschieden zu weit.
    »Ich würde ja auch um Bier bitten, aber das scheint hier wohl nicht den Ansprüchen zu genügen …«
    »Wir brauen ein vorzügliches Bier«, unterbrach ihn Frau Berta scharf.
    »Freilich, doch nicht in ausreichender Menge, wie ich vernommen habe«, fuhr Pippin unbekümmert fort. »Man sagte mir, die Brauerei trage seit einiger Zeit nur noch wenig zum Einkommen des Klosters bei.«
    Vater Gregorius wollte etwas einwenden, aber ein Blick von Frau Berta ließ ihn stumm bleiben.
    »Herr Pippin«, begann Frau Berta entschieden, »Euer Zuträger irrt. Ich wenigstens weiß meinen rechtmäßig ererbten Besitz bestens zu verwalten, dazu bedarf ich keiner Kriege, Hinrichtungen oder Enteignungen und muß weder meine Bauern in Schrecken versetzen noch meine Mönche maßregeln …« Sie warf Vater Gregorius, der sich hier nun doch nicht enthalten konnte, kurz »Christi Mönche!« zu rufen, einen vernichtenden Blick zu, »… damit sie ihre Arbeit ordentlich erledigen. Das Bier meiner Abtei ist – wie auch das Tuch aus meinem Genitium – weit über meinen Einflußbereich hinaus hochgeschätzt, und der ist, wie Euch bekannt sein dürfte, wahrlich nicht unerheblich. Also darf ich darum bitten, Herr Pippin, daß Ihr Euch in Eurer Wortwahl mäßigt und nicht über Dinge urteilt, von denen Ihr nichts versteht. Wir haben ja gerade erst erlebt, wie wenig zuverlässig die Menschen sind, die Ihr mit wichtigen Aufgaben betraut.«
    »Mutter …«, murmelte der Graf. Frau Gisela hatte angstvoll den Blick gesenkt, in den Augen von Vater Gregorius war ein triumphierendes Blinzeln erschienen, und Bertrada starrte ihre Großmutter verzückt an.
    Pippin verschlug es für einen Augenblick die Sprache. Nicht einmal sein engster und unbarmherzigster Berater, Bischof Chrodegang von Sees, den er zwei Jahre zuvor zum Bischof von Metz gemacht hatte, noch der kluge Pater Fulrad, sein bester Freund, hatten es je gewagt, so mit ihm zu sprechen. Der Hausmeier blickte zu Bertrada, sah, daß sie jedem Wort ihrer Großmutter zustimmte, dachte, fürwahr, es stimmt, sie ist außerordentlich kühn, und bemerkte: »Ich freue mich, Frau Berta, daß meine Kinder einmal solch blühende Landschaften und gutgehende Werkstätten übernehmen werden, und ich verspreche Euch, Sorge dafür zu tragen, daß sie nie vergessen werden, wem sie das zu verdanken haben. Ich bin froh, daß in meiner wahren Gemahlin Euer Blut fließt, denn dies bedeutet, daß sie mir gewiß eine kluge und unnachsichtige Ratgeberin sein kann. Mein Haus ist Euch zu größtem Dank verpflichtet. Und jetzt freue ich mich darauf, von Eurem so gerühmten Bier zu kosten.«
    Frau Berta lächelte. Der Blick, den der jüngere Hausmeier des Frankenlandes und die Herrin von Prüm wechselten, schuf ein stärkeres Band zwischen ihnen, als es ein noch so bedeutender schriftlich aufgesetzter Vertrag hätte tun können. Frau Berta hatte sich damit unwiderruflich einen gleichrangigen Platz neben Pater Fulrad erobert.
    Doch das sah niemand der Anwesenden. Pippins Worte ›meine Kinder‹ hatten Bertrada vollends aus dem Gleichgewicht gebracht. Eines seiner Kinder war tot, und er wußte es nicht einmal. Ihr könnt hier über mich und meine Zukunft verhandeln, so viel ihr wollt, aber Kinder werde ich mit diesem Mann nicht mehr haben, dachte sie.
    »Wir reden weiter, wenn Frau Berta mit den Getränken zurückgekehrt ist«, bestimmte Pippin. »Vater Gregorius, besorgt mir Schreibmaterial«, beauftragte er nebenher den Abt und wandte sich übergangslos an Bertradas Vater. »Ich begreife, daß Euch Euer Mißgeschick beim Reiten daran gehindert hat, Eure Tochter auf der Reise nach Saint Denis zu begleiten«, sagte er, »aber Ihr hättet ihr Gefolge besser auswählen sollen.«
    »Und Ihr Euren Gesandten«, entfuhr es Bertrada.
    »Stimmt«, gab Pippin unumwunden zu. »Graf Fulco hat versagt. Unser beider Schuld steht somit fest. Als ich meiner Braut an jenem heißen Sommertag entgegenritt …«, er brach ab, und Bertrada sah ihn in gespannter Erwartung an. Würde er sich jetzt endlich erinnern? »Es war in der Tat ein besonders heißer Tag«, fuhr Pippin fort und

Weitere Kostenlose Bücher