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Die Königsmacherin

Die Königsmacherin

Titel: Die Königsmacherin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Kempff
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an der Mähne fest, als sie es den Berg hinuntertrieb. War ihr Traum etwa doch wahr geworden? Hatte der Tod Pippin ereilt?
    Erleichtert hielt sie den Fuchs an, als sie in dem Reiter, der sich aus der Gruppe gelöst hatte und jetzt die Anhöhe heraufsprengte, ihren Gemahl erkannte. Sie ließ sich vom Pferd hinuntergleiten und stammelte: »Es ist dir also nichts geschehen!«
    Er stieg ab, und es war plötzlich etwas ganz Selbstverständliches, daß er sie in die Arme nahm.
    »Hast du etwa um mich gebangt?« fragte er verwundert.
    »Ja«, flüsterte sie und hob ihm das Gesicht entgegen. Er küßte sie nicht, sondern sagte ernst: »Es ist etwas Schreckliches geschehen – mit deinem Vater.«
    Sie riß sich los und starrte auf den Zug, der jetzt die Anhöhe erreicht hatte. Auf einem Pferd neben der Tragbahre war eine tiefverschleierte Frau zu erkennen.
    »Er ist tot«, stellte Bertrada tonlos fest.
    »Er hatte nur einen Krampf im Nacken, und dann hat er irgendwann zu atmen aufgehört. Ich wußte, daß du ihn noch einmal würdest sehen wollen, bevor er beerdigt wird«, sagte Pippin leise und legte einen Arm um die Schultern seiner fassungslosen Gemahlin.
    Graf Charibert hatte zu jener Stunde seinen Kampf mit dem Tod geführt, als Bertrada im Untergeschoß des Bergfrieds die zuckenden Leiber der beiden Bediensteten beobachtet hatte.
    »Eine seltsame Ahnung ließ mich am zweiten Tag nach meiner Abreise aus Mürlenbach so schnell wie möglich nach Laon reiten«, teilte Pippin seiner Gemahlin später mit. »Wir hatten schon unser Nachtlager aufgeschlagen, und da war mir, als ob …« Er brach ab und sah Bertrada traurig lächelnd an.
    »Als ob was?« wollte sie wissen.
    »Als ob mir deine Stimme zurief, augenblicklich nach Laon zu reiten. Es gehe um Leben und Tod. Dichter Nebel war inzwischen aufgekommen, und meine Männer murrten, als ich sie wieder zum Aufbruch drängte. Ich versprach ihnen eine längere Rast in Laon, wo sie gut bewirtet werden würden. Doch als wir auf dem Hof deiner Eltern einritten, hatte dein Vater gerade seinen letzten Atemzug getan. Kann es denn sein, daß du mich wirklich dorthin geschickt hast? Ist so etwas möglich?«
    Bertrada hob die Schultern und gestand sich selbst: Nicht um den Vater hatte sie sich gesorgt.
    Die furchtbare Nachricht wurde Frau Berta ebenso vorenthalten wie die Tatsache, daß sich Gräfin Gisela und der Hausmeier Pippin auf der Burg aufhielten. Am Bett der kranken Großmutter kostete es Bertrada große Anstrengung, sich nichts anmerken zu lassen. Um so bestürzter war sie, als Frau Berta am Abend desselben Tages plötzlich die Augen öffnete und mit ganz klarer Stimme deutlich verkündete: »Ich will zu meinem Sohn!«
    »Ihr seid noch zu schwach für solch eine lange Reise«, erwiderte Bertrada, als sie sich von ihrem Schreck erholt hatte.
    »Ach, Kind, für diese Reise kann man gar nicht schwach genug sein.« Und damit schloß sie für immer die Augen.
    Mutter und Sohn wurden gemeinsam in Mürlenbach beigesetzt. Bertrada hatte zu allen Vorschlägen Pippins nur genickt. Aber als er den Namen des künftigen Verwalters für das Hofgut Laon nannte, schüttelte sie den Kopf.
    »Meine Mutter ist sehr gut in der Lage, selbst für das Anwesen zu sorgen«, erwiderte sie.
    »Nein«, gab Pippin zurück. »Nicht vom Kloster Chelles aus.«
    Verblüfft blickte Bertrada zu ihrer Mutter, die immer noch tiefverschleiert in einer Ecke des Zimmers saß und seit ihrer Ankunft kaum ein Wort mit ihrer Tochter gewechselt hatte.
    »Du willst ins Kloster?«
    Frau Gisela schlug den Schleier zurück.
    »Dort möchte ich für meine Sünden büßen und mein Leben im Dienst des Herrn beschließen«, entgegnete sie mit einer Stimme, die keinen Widerspruch zuließ.
    Bertrada unterdrückte ein trauriges Lächeln und dachte, daß die Sünden ihrer Mutter wohl kaum über ein böses Wort gegenüber einem Dienstboten hinausgegangen sein könnten. Sie kannte schließlich niemanden, der ein gottgefälligeres Leben geführt hatte.
    Noch am Tag der Beisetzung bestand Frau Gisela darauf, nach Chelles ins Kloster gebracht zu werden. Auf dem Burghof beobachtete Bertrada, wie sich Pippins Männer zum Aufbruch rüsteten. Dabei stellte sie fest, welche Unordnung in dem großen Rund herrschte. Gerätschaften lagen verstreut auf dem Boden oder lehnten an Mauern, Säcke mit Korn und Getreide warteten darauf, vor Regen und Mäusen geschützt gelagert zu werden, und ein aus dem Kloster angeliefertes Faß Bier stand in der

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