Die Kommissarin und der Tote im Fjord
lächelte.
Ansteckend. Sie lächelte zurück. »Ich sollte doch die Tagesordnung bestimmen.«
Er hob resigniert die Arme.
»Ich muss dich etwas fragen«, sagte sie und trat ins Wohnzimmer. Der Raum war riesig. An einer Wand stand ein breites weißes Sofa. Darüber hingen Plakate von alten Filmstars. Bogart, Lauren Bacall, Rita Hayworth, mehrere gutaussehende Männer und schillernde Frauen, deren Namen sie nicht kannte.
»Sammelst du?«
»Sammeln ist zu viel gesagt. Ich finde manche alten Filmplakate schick.«
Er hatte in der Küchenecke einen Tisch gedeckt. Darauf standen in einer großen Schale rote Crevetten, Weißbrot, Zitrone und eine grüne Flasche Riesling, weiße Servietten und sogar brennende Kerzen.
Sie trat näher an die Glasrahmen mit den Plakaten heran. The Strawberry Blonde, The Devil Thumbs a Ride, Kiss Tomorrow Goodbye .
Sie drehte sich zu ihm herum. »Ich muss dich etwas fragen, und ich will eine ehrliche Antwort. Wenn du mal ganz ehrlich nachdenkst, glaubst du dann wirklich, dass Mitglieder des parlamentarischen Finanzkomitees verschwörerische Kontakte zu einer ausländischen Widerstandsbewegung pflegen, um einen einfachen Angestellten dazu zu bringen, den Ölfonds zu manipulieren?«
Sie lächelte breit. Das Lächeln war eine Geste für ihn, eine Einladung, gemeinsam zu lachen, den Ernst wegzulächeln und die Luft rauszulassen aus dem merkwürdigen Widerspruch, der irgendwo nicht greifbar zwischen ihnen waberte. Die Frage sollte dieses Feld, das sie gemeinsam freilegen mussten – die Beziehung zwischen Arbeitssphäre und Privatsphäre –, von Minen reinigen.
Aber Steffen erwiderte das Lächeln nicht.
Sie wollte ihn so gern in die humorvolle Ecke ziehen. »Dir ist doch wohl klar, dass die Schlussfolgerung total überzogen ist, oder?«
»So funktioniert das nicht«, sagte er düster. »Du bist Polizistin, und ich bin Journalist. Wir tun verschiedene Dinge, betrachten dieselben Dinge aus völlig verschiedenen Perspektiven. Die Fotos in dem Artikel waren von öffentlichem Interesse. Warum? Eben weil Vestgård bei dem Treffen dabei war. Dass der Ethikrat mit Polisario redet, ist überhaupt nicht dramatisch. Auch dass das bei einem Abendessen geschieht, ist nicht dramatisch. Aber wenn dieses Treffen von Aud Helen Vestgård eingefädelt und organisiert wird, muss man notwendigerweise die Fragestellen, wie weit dann ein untergeordneter Angestellter noch neutral und ungehindert arbeiten kann – eben weil Vestgård nicht irgendjemand ist. Sie hat eine Position. Es ist völlig klar, dass das Treffen dieser drei von öffentlichem Interesse ist!«
»Ich will mich nicht mit dir streiten«, sagte Lena, »nur eins noch: Ich war auf der Homepage des CIA. Polisario steht auf keiner Liste von Terrororganisationen.«
Steffen verzog ärgerlich das Gesicht.
»Das ist nicht der Punkt«, sagte er.
»Aber du behauptest, sie wären Terroristen.«
Er wischte das Argument mit einer ärgerlichen Armbewegung beiseite. »Der Artikel lebt von den Fotos. Und die Fotos beweisen in jedem Fall, dass jegliche Arbeit, die Sveinung Adeler im Zusammenhang mit Westsahara geleistet hat, wertlos ist!«
Steffen hob seinen Zeigefinger und unterstrich jedes Wort, indem er damit wedelte. »Wenn der Ethikrat oder der Ölfonds aufgrund der Recherchen von Sveinung Adeler Beschlüsse über Westsahara gefasst hat, dann müssen diese Beschlüsse revidiert werden. Wir leben in einem Land mit einer freien Presse. Die Mitglieder des Ethikrates müssen neutral sein. Sie dürfen sich nicht mit einer Konfliktpartei zusammen tun und sich danach richten, was norwegische Politiker ihnen sagen!«
Lena unterbrach ihn: »Woher kannst du das wissen? Du hast doch noch nicht einmal eine Ahnung, worüber sie geredet haben!«
»Und woher weißt du das?«
»Du weißt, worüber sie bei dem Treffen gesprochen haben?«
»Ich hab doch gesagt, dass ich einen Informanten habe. Mein Deep Throat weiß, was bei dem Treffen besprochen wurde. Wir veröffentlichen diese Fotos doch nicht nur zum Spaß!«
»Ist Vestgård deine Informantin?«
»Spinnst du? Natürlich nicht.«
»Worüber haben sie also gesprochen?«
»Das kann ich dir jetzt nicht sagen.«
Das war also seine Art, in ihrer Beziehung aufzuräumen. Sie schüttelte den Kopf und seufzte.
»Vestgård hat die Polizei angelogen«, fuhr Steffen fort. »Das weißt du besser als alle anderen. Die Fotos, die wir abgedruckt haben, beweisen, dass eine norwegische Parlamentsabgeordnete gelogen hat.
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