Die Kompanie der Oger
widerwärtigsten Verhalten neigten. Die Pubertät war für die Rasse der Oger ein schrecklicher Leidensweg, der ausströmende Eiterbeulen, ungezügelten, Fleisch fressenden Appetit und gefährlich psychotische Stimmungsschwankungen einschloss. Ogerjugendlichen ließ man in diesem Stadium viel Freiraum, aber zweiköpfige Exemplare hatten kaum eine andere Wahl als Seite an Seite zu bleiben. Es dauerte nicht lange, bis einer den anderen - und sich selbst - dabei tötete.
Die Zwillinge waren gut zwei Meter siebzig groß und beinahe genauso breit. Ihr Körper war röter und haariger als die von einköpfigen Ogern. Die Gesichter schienen ähnlich, aber nicht identisch. Der Rechte hatte einen fürchterlichen Überbiss und der Linke hatte hoch sitzende, hängende Ohren. Trotzdem wäre offensichtlich gewesen - selbst wenn sie sich nicht einen Körper geteilt hätten -, dass die Oger verwandt waren.
»Gefreiter Lewis und Korporal Martin«, meldete Gabel.
Sie salutierten mit schneller, militärischer Präzision und begannen dann gleichzeitig zu sprechen, unterbrachen sich aber. Fingen noch einmal an und stoppten.
Lewis nickte seinem Bruder zu. »Nach dir.«
»O nein, nach dir«, antwortete Martin.
»Bitte, lieber Bruder, ich bestehe darauf.«
»Ich möchte nicht kompliziert sein, aber ich bin es, der darauf bestehen muss.«
»Sei nicht albern.« Lewis neigte seinen Kopf. »Es ist ganz klar, dass du zuerst angefangen hast zu sprechen, bevor ich dich rüde unterbrochen habe. Und es wäre ungehörig, vor einem ranghöheren Offizier zu sprechen.«
»O nein, nein, nein.« Martin legte die Hand auf seine Seite ihrer Brust. »Für mich ist vollkommen offensichtlich, dass du derjenige bist, der unterbrochen wurde. Wofür ich, Rang hin oder her, keine Entschuldigung vorbringen kann. Mutter hat mich eigentlich besser erzogen.«
»Haltet den Mund«, befahl Ned. Die Worte klangen seltsam, was an seiner Stimme lag. Ihr barscher Klang kam ihm so eigentümlich vor. Aber er hatte hier die Verantwortung. Er schätzte, dass es nun an der Zeit war, sich auch so zu verhalten.
Weder Lewis noch Martin schienen beleidigt. Ned nahm an, ihre Mutter hatte sie ebenfalls dazu erzogen, ihre Vorgesetzten nicht zu hinterfragen. Die Zwillinge versuchten beide noch einmal, etwas zu sagen, aber keiner wagte es, vor dem anderen zu sprechen.
»Du.« Ned deutete auf Lewis. »Worum geht’s?«
Lewis salutierte noch einmal knapp. »Ich wollte nur sagen, Sir, dass es eine Ehre ist, unter dem berühmten Never Dead Ned zu dienen.«
Ned nickte Martin zu. »Jetzt Sie.«
»Wie Sie wünschen, Sir, aber ich sehe keine Notwendigkeit zu wiederholen, was mein lieber Bruder so eloquent erklärt hat. Obwohl ich selbst das Wort >Privileg< dem Wort >Ehre< vorgezogen hätte.«
Lewis schlug sich an die Stirn. »Natürlich, wie anmaßend von mir! Wie immer, lieber Bruder, hast du deine überlegene Kenntnis der Sprache unter Beweis gestellt.«
»Schmälere dein eigenes Verständnis nicht«, antwortete Martin.
»Du bist zu freundlich. Dabei ist offensichtlich, dass ich mich mit meiner dürftigen Wortwahl selbst übertroffen habe.«
»Aber, aber, ich will nichts von alledem hören.«
Ned verstand jetzt, warum die Zwillinge nicht dazu gekommen waren, einander zu töten. Sie waren einfach zu beschäftigt damit, sich ständig zu entschuldigen. Er ließ sie mit ihrer Sühne allein und ging zum Nächsten in der Reihe weiter. Der Kobold war hell blattgrün, nicht das übliche Graugrün. Und er hatte einen zottigen roten Bart. Kobolden wuchs sonst kein Haar.
»Das ist Seamus«, sagte Gabel. »Feenblut in der Familie, stimmt’s, Seamus?«
»Ja, Sir. Meine Ur-Ur-Ur-Urgroßmutter hatte ein kurzes Abenteuer mit einem Heinzelmännchen. Ziemlicher Skandal. Wir reden nicht gern darüber.«
»Seamus ist ein Gestaltwandler«, sagte Gabel. »Gib dem Kommandeur mal eine Vorführung.«
Der Kobold verschwand in einer blauen Wolke. Als die Wolke verblasste, stand ein großer, weißer Kakadu an ihrer Stelle. Ein grüner Nebel verschluckte den Vogel, und Seamus wurde zu einer fetten, braunen Ratte. Eine gelbe Wolke später verwandelte er sich in einen Stiefel. Dann in eine Bratpfanne. Dann in eine Trompete. Dann in einen Apfel. Und schließlich in einen Eimer.
Ned stand ein paar Sekunden vor dem Eimer, aber Seamus verwandelte sich nicht zurück.
»Ich glaube, er steckt fest, Sir. Passiert manchmal. Nichts, worüber man sich sorgen müsste.« Gabel nickte dem Eimer zu.
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