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Die Kompanie der Oger

Die Kompanie der Oger

Titel: Die Kompanie der Oger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. Lee Martinez
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schlechterer Anführer. Das Einzige, worin ich je wirklich gut war, ist das Sterben, und selbst das bekomme ich nicht richtig hin.«
    »Ich weiß, wie es ist, wenn man sich selbst leid tut.« Owens deutete auf seine nutzlosen Augen. »Aber das Leben läuft nicht immer so, wie man will. Sie können entweder darüber murren und jammern oder das Beste aus dem machen, was Ihnen gegeben wurde.«
    Ned nahm einen weiteren Schluck. »Ich glaube, ich werde einfach beim Murren und Jammern bleiben.«
    »Jeder so, wie er kann, schätze ich.«
    Ned schaute auf die Zitadelle hinunter. In der Dunkelheit der Nacht befand sich der Innenhof voller dunkler Soldaten, verloren in ihren Zechereien. Seine Zitadelle. Sein Hof. Seine Soldaten.
    Er hatte nicht um diesen Job gebeten. Das Ganze war das Werk des grausamen Schicksals, von Kräften jenseits seines geistigen Horizonts. Und diese Kräfte scherten sich nicht im Geringsten um sein Gejammere. Da es ihnen so viel Spaß machte, ihn zu quälen, war es sogar ziemlich wahrscheinlich, dass sie sein Leiden genossen. Aber zur Hölle, er hatte auch das Recht dazu, oder etwa nicht? Mit Trübsalblasen mochte man zwar nichts erreichen, aber Dinge zu erreichen wurde auch überbewertet. Am Ende ging sowieso immer alles in die Binsen. Warum sich also die Mühe machen?
    Er hatte nicht vorgehabt, die Frage zu stellen, aber auf irgendeine Art hatte Owens sie gehört.
    »Was haben Sie zu verlieren?«
    Ned ließ die Frage sacken. Er dachte nicht wirklich darüber nach, aber er ignorierte sie auch nicht vollkommen.
    »Als ich blind wurde, Sir, dachte ich, ich hätte alles verloren. Die Legion war mein Leben, verstehen Sie? Abgesehen davon, dass ich die Zukunft sehen konnte, war ich auch ein verdammt guter Soldat. Dann war alles vorbei. Ich ging zurück nach Hause, pflanzte Kartoffeln an und tat mir drei Jahre lang selbst leid. Eines Tages aber wurde mir etwas klar. Eigentlich zwei Dinge.«
    »Was…«
    »Ich hasse Kartoffeln. Ich kann ihren Geschmack nicht leiden. Ich kann ihre Schale nicht leiden. Ich kann es nicht leiden, sie auszugraben. Ich kann Stampfkartoffeln nicht leiden. Ich kann Salzkartoffeln nicht leiden. Ich kann absolut alles an ihnen nicht leiden. Verdammte Kartoffeln. Die Pocken dem Gott, der sie geschaffen hat.« Er spuckte über die Brüstung des Wachturms und machte eine obszöne Geste zu den Himmeln hin.
    »Das andere, was mir klar wurde, war, dass blind zu werden nicht das Schlimmste war, was mir passieren konnte. Es gibt immer Männer, die noch schlimmer dran sind. Und so wie ich es sehe, gibt es eine Menge furchtbarerer Tragödien auf dieser Welt als ein Orakel, das die Zukunft hört, und einen Mann, der nicht sterben kann.«
    »Sie…«
    »Oh, ich verstehe. Keiner von uns will hier sein, Sir. Wir sind es aber. Und vielleicht sollten wir es einfach ausprobieren, wenn wir schon mal hier sind.« Owens ging in Richtung Falltür. »Sie können den Krug behalten, wenn Sie möchten.«
    Ned entkorkte das Bier und setzte es an die Lippen. Aber etwas ließ ihn zögern. Er war kein guter Kommandeur. Er konnte die Oger-Kompanie nicht retten. Doch was hatte er zu verlieren? Er konnte sich später immer noch betrinken. Und es gab kein Gesetz, das besagte, dass er nicht seine Arbeit machen und sich trotzdem selber leid tun konnte. Und überhaupt: Wie schlimm konnte er es schon vermasseln?
    Er hielt Owens auf, der bereits angefangen hatte, die Stufen hinunterzusteigen.
    »Danke, aber das werde ich nicht brauchen.«
    Ohne nachzudenken warf er den Krug. Er segelte durch die Luft und krachte in Owens Gesicht. Der stolperte und fiel mit Getöse die Treppen hinunter. Ned zuckte bei jedem Aufprall zusammen, bei jedem Fluch, den der stürzende Soldat schrie. Nach einer kurzen Pause echote eine schwache Stimme durch die Falltür.
    »Ich bin in Ordnung. Ich glaube, ich habe mir den Arm gebrochen. Aber ich bin in Ordnung.«
    Never Dead Ned warf einen Blick zu den Himmeln hinauf, behielt seine unanständige Geste aber für sich. Das würden sehr, sehr lange sechs Monate werden.
     
    DREIZEHN
     
    Spät in dieser Nacht wurde Regina in Neds Büro gerufen. Sie war äußerst zufrieden, denn sie war sich sicher, dass es zu so später Stunde nur einen Grund dafür geben konnte. Offensichtlich hatte Ned ihre unfassbare Schönheit bemerkt - natürlich konnte er gar nicht anders - und hatte seine wachsende Anziehung ihr gegenüber nur versteckt. Aber diese Anziehung war nun sicherlich zu stark geworden, um sie noch

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