Die Kompanie der Oger
den Weg zum Fluss. Ward begleitete ihn. Knabber-Ned saß auf Wards Schulter. Der Geier neigte dazu, bei Ward zu bleiben, da er der einzige Oger in der Zitadelle war, der sich beim Anblick des Vogels nicht die Lippen leckte. Knabber war in den letzten zwei Tagen gut gefüttert worden, aber immer noch dürr genug, um es nicht wert zu sein, Ward niederzuringen. Doch es war nur eine Frage der Zeit.
»Seit Ned hier ist, ist nichts mehr so, wie es mal war«, bemerkte Ralph, als sie durchs Tor gingen. »Früher hatten wir hier lang nicht so viele Befehle.«
Ward zuckte die Achseln. Knabber schwankte und grub seine Krallen tiefer in die Haut des Ogers, um nicht von seiner Schulter zu fallen. »Ich weiß nicht. Ich glaube, ich mag es so. War früher ziemlich langweilig hier. Jetzt haben wir Dämonen gehabt und Schlägereien und kämpfende Zauberer. Ich kann kaum erwarten, was morgen passiert.«
Ralph murrte. »Ich bin nicht zur Legion gegangen, um mir dauernd Befehle geben zu lassen. Ich bin dabei, um Dinge zu zerquetschen.«
»Ja, Dinge zerquetschen macht Spaß«, stimmte Ward zu, »obwohl ich persönlich Zerschmettern besser finde.«
»Zerschmettern? Wie kann jemand gern zerschmettern, wenn er erst mal die Freude am Zerquetschen entdeckt hat?«
»Oh, ich gestehe dir zu, dass Zerquetschen ein großer Spaß ist« sagte Ward. »Vor allem Elfen, mit diesem poppenden Geräusch, das sie machen. Oder Menschen in Rüstungen. Ein guter Knüppel gibt ein tolles Klingeln. Aber Zerschmettern ist eine ausgestorbene Kunst, wenn du mich fragst. Orks sind förmlich zum Zerschmettern gemacht. Und Trolle zerschmettern ist ein Riesenspaß. Stimmt’s nicht, Knabber?«
Der Geier kreischte.
»Trotzdem«, sagte Ralph, »bin ich nicht zur Legion gekommen, um Gräber auszuheben und Säcke in Flüsse zu werfen.«
»Der Sold ist ordentlich.«
Nun war es an Ralph, die Achseln zu zucken, obwohl er sich dafür entschied, es nicht zu tun, und weiterhin schnaubte. Er war besonders schlecht gelaunt, weil er erst eine Stunde zuvor eine Vierstundenschicht Turmhalten beendet hatte. Seine Schultern und Beine taten weh. Der Fluss schien sehr weit entfernt.
Plötzlich blieb er stehen. »Ich hab ‘ne Idee. Komm.«
Die Oger drehten zu den Rochgehegen gleich neben der Zitadelle ab. Es war kurz vor der Dämmerung, eine Zeit des Tages, zu der die Riesenvögel einen Anschein von Ruhe zur Schau stellten. Sie schritten in ihren Käfigen hin und her, gaben ein leises Knurren von sich und schnappten nacheinander. Das größte Tier legte den Kopf schief und studierte Ralph und Ward, als sie sich näherten. Es leckte sich den Schnabel und presste die Augen gegen die starken Maschen des Käfigs, die bereits einige Löcher hatten und eine Reparatur benötigten. Der Maschendraht war zwar nicht stark genug, um einen ausgewachsenen Roch zurückzuhalten, doch sie wurden schon als Küken daran gewöhnt, ihn zu respektieren. Ständig waren Kobolde mit langen Speeren im Dienst, um die Monster damit zu stoßen, falls sie versuchen sollten, den Zaun zu testen. Trotzdem gab es Ausbrüche, aber nur wenn ein schwerfälliges Tier stolperte, versehentlich in die Ketten kippte und sie niederriss. Die Rochs stürmten dann wie überdimensionale, kreischende Hühner umher, bis die Kobolde es durch schiere Beharrlichkeit schafften, sie wieder einzusperren. Das passierte normalerweise, wenn die Monster ausreichend Kobolde verschlungen hatten, um ihre Bäuche zu füllen, und sie von selbst zurück zu ihren Pferchen wanderten.
Weder Ward noch Ralph noch viele von den Ogern der Kompanie gingen gern in die Nähe der Rochgehege. Als Oger waren sie daran gewöhnt, die größten, gefährlichsten Kreaturen im Umkreis zu sein. Der grüne Roch, der sie beäugte und wegen seiner Größe und seines übellaunigen Wesens in einem eigenen Pferch gehalten wurde, übertraf sie in diesen Eigenschaften deutlich. Ein Schild hing an seinem Pferch, das ihn als Kevin auswies. Darunter warnte ein weiteres Schild: Immer hungrig.
Nicht direkt in die Augen schauen und keine plötzlichen Bewegungen machen.
Kein Niesen oder lautes Atmen.
Darunter stand auf einem dritten Schild:
Frisst alles. Damit bist du gemeint.
Und darunter, in roten Buchstaben:
Bitte den Schlund nicht betreten. Danke.
Eine letzte Warnung war zweifellos für diejenigen angebracht, die nicht lesen konnten. Es handelte sich um eine Reihe von Piktogrammen, die die Reise eines leichtsinnigen Kobolds durch Kevins Verdauungstrakt vom
Weitere Kostenlose Bücher