Die Korallentaucherin
tiefsten unbekannten Bereichen des Meeres verbirgt. Aber wenn meine Unternehmungen die Aufmerksamkeit von Entscheidungsträgern und Denkern auf sich ziehen und ihnen begreiflich machen, dass wir die Meere schützen müssen, ist mir das am wichtigsten.«
»Daher beruhen unsere Bemühungen hier auf Gegenseitigkeit.« Gideon wies mit dem Daumen hinter sich. »Wir verfügen vielleicht nicht über so viel Geld und Einrichtungen wie die NASA , aber wir sind mutige – manche sagen waghalsige – Kämpfer und Forscher.«
»Er meint, wir sind entweder die Brüder Wright oder Einstein – bisher hat niemand unsere Leistungen übertroffen.« Gideon lachte.
»Das ist nicht schwierig. Niemand weiß von uns«, sagte Isobel.
Jennifer war bewusst, dass dem Geplänkel ein ernster Unterton beigemischt war. »Du willst doch nicht allen Ernstes noch einmal ins Meer abtauchen, Gideon?«
»Bitte, du kränkst mich. Das Haimobil mag ja ein Experiment sein, aber es ist nach soliden Prinzipien gebaut, von denen wir wissen, dass sie funktionieren«, sagte Gideon.
»Gideon hat ein Diplom in Ingenieurswesen und in Aeronautik und ist mit dem Meer auf Du und Du«, sagte Isobel. »Wir wollen keine Weltrekorde brechen, wir betrachten uns vielmehr als Wissenschaftsdetektive.«
»Wir spionieren in der Tiefe. Wer möchte noch Tee?«
»Werden diese Forschungsergebnisse irgendwo festgehalten?«, fragte Jennifer.
»Das hat Mac unter Kontrolle. Und wie es aussieht, bekommen wir einen Beobachter von den Medien zugewiesen«, sagte Gideon.
»Von den Medien? Ist das klug?«
»Nur, falls etwas schiefgeht.« Isobel lachte. »Wir verlassen uns auf Mac. Er hat mit dem Journalisten geredet, und er schien verständnisvoll und hilfsbereit zu sein.«
»Er war schon einmal hier. Du kennst ihn, Jennifer: Tony Adams. Er will für eine seriöse, gute Zeitschrift über uns schreiben«, erklärte Gideon.
»Der Kriegsberichterstatter? Er war nett. Wirkte sehr aufrichtig«, sagte Jennifer und fragte sich, wieso Tony wohl zugestimmt hatte. Was seine Karrierepläne betraf, hatte er so verloren und verunsichert gewirkt.
»Aber niemand soll davon wissen. Es ist keine Touristenstory«, sagte Isobel. »Am besten erwähnst du deinem Mann gegenüber nichts davon. Und wann werde ich ihn kennenlernen?«
»Komm in die Ferienanlage und iss mit uns zu Abend. Und mit Rosie. Ich werde Mac und Gideon ebenfalls einladen. Es wäre schön, mal ein paar von meinen Freunden zu Gast zu haben statt immer nur Blairs Kumpel.«
»Prima. Jetzt muss ich zurück. Gideon, ich besuche dich später am Vormittag mit Rudi und Mac. Und danke für das Frühstück.« Isobel stand auf.
»Ich helfe dir beim Aufräumen, Gideon«, sagte Jennifer. »Und, Isobel, vielen Dank.« Voller Zuneigung und mit einem Gefühl, das sie nicht benennen konnte, umarmte sie Isobel spontan.
Als Jennifer das Geschirr in die Hütte trug, bemerkte sie auf dem langen groben Holztisch große Bogen Papier mit Mustern und Anmerkungen. Daneben stapelten sich Fotokopien und Fotos und Grafiken.
»Soll ich dir genauer erklären, wie das Unterwasserfahrzeug funktioniert? Meinen ersten Tauchgang habe ich in den 1960 ern in Cousteaus Tiefseetauchkapsel unternommen; seitdem bin ich süchtig. Fürs Tauchen habe ich das Fliegen aufgegeben.«
Zwei Stunden vergingen wie im Flug. Jennifer war fasziniert von Gideons Geschichten und Plänen und Träumen. Er erzählte von seinem brillanten Akademikerleben, über den Kummer seiner Eltern, als er zur Luftwaffe ging, wie er ein Mädchen von den Cook-Inseln geheiratet hatte und ein Leben führte, in dem er Seefahrer, Lehrer, Amateur-Wissenschaftler und Schiffsbauer und schließlich Besitzer einer Kokosplantage war.
»Und jetzt bin ich Strandräuber. Meine Frau ist vor zwei Jahren gestorben. Ich habe einen Sohn, der in Rarotonga auf den Cook-Inseln ein Unternehmen leitet und sich um die Familie seiner Mutter kümmert. Meine Tochter lebt in England. Sehr anständig. Ich besuche beide hin und wieder. Vielleicht kommen die Enkel in den Ferien einmal hierher zu mir.«
»Enkelkinder würden sich bei dir auf dieser Insel wie im Himmel fühlen«, sagte Jennifer. »Ich wollte, ich hätte einen Vater oder Großvater wie dich.«
»Du kannst mich jederzeit ausborgen. Überhaupt, wie wär’s, wenn ich der Ersatz-Opa für deine Kleine sein würde, wenn sie auf der Welt ist?« Er deutete auf Jennifers gewölbten Leib.
»Wunderbar! Danke, Gideon. Ich wüsste allerdings gern, warum du und Isobel
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