Die Korallentaucherin
einen Salat, während sie inmitten des Geplauders und Gelächters anderer Studenten ihre Aufzeichnungen oder ein Buch las. Dort drängte niemand zur Eile, und sie mochte das freundliche junge Personal. Sie erwog, sich nach einem Job zu erkundigen, ließ sich jedoch ein wenig einschüchtern von all den Öko-Nahrungsmitteln, von denen sie manche noch nie gesehen hatte, zum Beispiel Queckensaft, Granatäpfel und eine Reihe asiatischer Gemüse. Stattdessen arbeitete sie in der Universitätsbibliothek – sehr zur Freude ihrer Mutter –, hoffte jedoch, bald einen anderen Teilzeitjob zu finden.
Ein Salat mit gebratener roter Bete, gefüllt mit Bocconcini und bestreut mit gerösteten Pinienkernen und frischem Koriander wurde ihr serviert. Es überraschte sie, dass einer der Köche selbst bediente.
»Ist das eine von deinen Spezialitäten?«
»Ganz und gar mein eigenes Werk. Ich hoffe, es schmeckt dir.«
»Wie kommt’s, dass du kochst und zusätzlich bedienst?«
»Eines der Mädchen kommt später, musste zu ihrem Tutor. Ich habe ihr angeboten, für sie einzuspringen.«
»Das ist nett von dir. Gehst du auch an die Uni?«
»Nein. Ich habe gerade einen Kurs zum Restaurantfachwirt bei TAFE abgeschlossen. Hier sammle ich Erfahrungen und kann mir Geld zusammensparen. Ich will in einem großen Hotel in Übersee arbeiten.«
Er war mittelgroß, durchschnittlich gebaut und hatte ein nettes Gesicht und ungebärdiges lockiges dunkles Haar. Jennifer fand, dass er sympathisch aussah. »Um als Koch zu arbeiten?«
»Eigentlich nicht. Hotelmanagement interessiert mich schon eher. Ich habe überall ein bisschen reingeschnuppert. Ups, ich muss los, der andere Typ in der Küche hat bestimmt schon die nächste Bestellung fertig.«
Er kam noch ein paarmal an ihren Tisch, um ihr Wasser nachzuschenken, ihren Teller abzuräumen und sie zu einem Flan mit Früchten zu überreden. Als sie aufbrach, winkte er ihr. »Hat’s geschmeckt?«
»Und wie. Und der Service war große Klasse.«
Jennifer suchte das Café jetzt häufiger auf, und sie und Blair – so hieß der junge Koch, wie sie inzwischen erfahren hatte – plauderten freundlich und streuten vorsichtig Informationen ein, die Aufschluss über ihre Familien, ihre Zukunftspläne und ihre Vorlieben gaben.
Eine Woche später trafen sie sich zufällig auf dem sonntäglichen Bauernmarkt und schlenderten gemeinsam an den Ständen entlang, wo Blair Obst und Gemüse einkaufte. Jennifer kaufte einen Armvoll Blumen, Chutney und Marmelade, beides hausgemacht, und zwei reife Mangos, eine Frucht, die sie gerade erst entdeckt hatte.
»Kaufst du fürs Café oder für dich selbst ein?«, fragte sie.
»Heute für mich selbst. Ich bin es leid, im Restaurant zu essen oder Reste mit nach Hause zu nehmen. Ich wollte mir mal eine anständige Mahlzeit kochen.« Er sah in ihr hübsches, dezent geschminktes Gesicht, betrachtete ihr hellgoldenes Haar, das frisch gewaschen und luftgetrocknet aussah. Es umspielte ihr Gesicht und fiel bis auf die Schultern. Die exotischen farbenprächtigen Blumen in ihrem Arm bildeten einen hübschen Kontrast zu ihren blauen Augen und dem hellen Teint ihrer insgesamt hellen Erscheinung. Ein schwacher süßer Duft, entweder von den Blumen oder von ihrem Haar, umgab sie, und plötzlich verspürte er den Wunsch, sich zu ihr vorzubeugen und den Duft einzuatmen. Er bemerkte, dass er sie schon zu lange ansah. »Sag mal, hast du Lust, mit zu mir zu kommen und mit mir zu essen? Ich wohne in Glebe, das ist nicht weit. Irgendwie habe ich das Gefühl, dass wir zwei gute Bekannte sind.«
»Ich auch.« Sie fand es albern, dass sie sich so freute.
Das Mittagessen war köstlich. Sein kleines Reihenhaus gefiel ihr, und es gefiel ihr, wie er ihr mit schöner Selbstverständlichkeit ein Glas Wein einschenkte, als sie auf einem Hocker saß und zusah, wie er lässig eine schlichte Mahlzeit zusammenbrutzelte, die sie von großen, bunten, eckigen Tellern auf seiner winzigen Terrasse verzehrten. Sie fühlte sich sehr weltgewandt und bemühte sich, nicht zu zeigen, wie beeindruckt sie war. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass irgendeiner von den Jungen, die sie zu Hause kannte, oder von den Freunden ihrer Mutter sie so bewirtete. Sie bestand darauf, ihm beim Abwaschen zu helfen, und als dann der träge, leere Nachmittag drohte, bekam sie es mit der Angst zu tun und erklärte, gehen zu müssen, weil sie ihre Tante und ihren Onkel besuchen wolle.
»Es war richtig schön. Tut mir leid, dass ich
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