Die Korallentaucherin
vorrätig.«
»Tatsächlich? Du bist ja gut ausgerüstet. Heiße Milch könnte vielleicht helfen.«
Im Mondschein knipste Tony die Taschenlampe aus. Sie machten kehrt und wanderten schweigend an den Unterkünften vorbei. Sie erreichten die großen Außentanks für Rudis Proben, die Betonbecken und die Aquarien der Studenten auf ihren Sockeln.
Beide hörten das Geräusch zur gleichen Zeit. Tony packte Jennifers Arm und bedeutete ihr, stehen zu bleiben. Sie sprachen kein Wort. Es war ein Scharren wie von Metall auf Beton, als würde etwas fortgeschleift. Sie standen außer Sichtweite auf der anderen Seite der erhöhten Plattform mit den großen Tanks. Tony spähte um den Sockel herum und näherte seinen Mund Jennifers Ohr.
»In Rudis Labor ist jemand.«
Sie warteten einen Augenblick, hörten wieder dieses Scharren. Jennifer zog Tonys Kopf dicht zu sich heran und flüsterte: »Was sollen wir tun?«
»Nichts. Nur beobachten.«
Etwas klirrte, eine schattenhafte Figur wurde sichtbar. Sie konnten lediglich erkennen, dass jemand einen Container auf einer Art Schubkarre fortschaffte.
»Das ist einer von Rudis Probencontainern, eine Art Sauerstofftank. Den hat er benutzt, um Flüssiggas zu destillieren, wenn er die Pflanzen eingekocht hatte«, flüsterte Jennifer.
»Das Zeug, das Rudi umgehauen hat. Warum sollte jemand es stehlen?«
»Rudi hat gesagt, bei der richtigen Anwendung wäre es ein starkes Beruhigungs- oder Betäubungsmittel, das zum Tod führen kann. Mein Gott, wer könnte davon wissen?« Jennifer hatte plötzlich Angst. Sie umklammerte Tonys Arm.
»Es ist nur einer. Zu Fuß. Er will natürlich nicht entdeckt werden. Ich gehe hier um die Ecke und veranstalte einen Heidenlärm. Hier, nimm die Taschenlampe. Sie ist aus Metall. Wenn ich schreie, schlag damit gegen den Tank. Das weckt die anderen auf.«
»Warum stellen wir ihn nicht einfach?«
»Wenn jemand etwas so Gefährliches so dringend haben will, dann ist er vielleicht bewaffnet oder wirft uns das Zeug ins Gesicht. Lass uns lieber kein Risiko eingehen.« Tony duckte sich und entfernte sich geräuschlos, und Jennifer erkannte, dass gefährliche Situationen nichts Neues für ihn waren.
Plötzlich klappte eine Tür. Tony hustete und rief: »Ist da jemand?«
Jennifer schlug mit der Taschenlampe gegen den eisernen Tank und schrie: »Was ist hier los?«
Licht ging an, Stimmen wurden laut. Die Gestalt huschte vom Laborgebäude fort und verschwand auf dem Weg zwischen den Bäumen. Tony lief dem Mann nach, wusste jedoch, dass er ihn im Irrgarten dieses dunklen Gestrüpps niemals finden würde. In einiger Entfernung knackten Zweige, kreischten zornig die aufgestörten Vögel.
»Was, zum Teufel …« Mac war beim Labor angelangt, als Tony und Isobel aus den Schatten traten. Als Nächste erschienen Carmel und Lloyd.
»Verdammt, was ist denn hier los?«, wollte Mac wissen.
»Jemand war in Rudis Labor.« Jennifer stürmte mit eingeschalteter Taschenlampe voraus. »Sieh nur …« Sie richtete den Lichtstrahl auf den Metallzylinder und zwei schwere Glasgefäße, die auf einem Gepäckwagen der Ferienanlage festgeschnallt waren.
»Herrgott. Die wussten genau, was sie wollten«, sagte Mac.
»Wer war das?«, fragte Carmel.
»Keine Ahnung. Wer könnte so scharf auf dieses Zeug sein?«, fragte Tony.
Mac betrachtete schweigend die zurückgelassene Beute. »Ich weiß es nicht. Hoffentlich kann Rudi Licht in diese Sache bringen. Lasst uns das hier erst einmal einschließen.«
Kirsty kam hinzu und rieb sich die Augen. »Ist etwas passiert?«
»Ein ungebetener Gast«, sagte Lloyd.
»Jemand hat versucht, Sachen aus Rudis Labor zu stehlen«, erklärte Carmel. Sie sah in die geschockten Gesichter der anderen und lächelte zaghaft. »Vielleicht wissen wir morgen mehr. Im Augenblick … haben wir hier eine interessante Modenschau.«
Kirsty lachte. »Jetzt wissen wir, welche Nachtkleidung ein jeder von uns bevorzugt. Ausgesprochen vielseitig!« Sie hob den Saum ihres kurzen, mit Rosenknospen bedruckten Nachthemdchens.
Jennifer schaute sich um und musste lachen. Sie war im Nachthemd, Mac trug einen Sarong, und sein Haar war ausnahmsweise mal nicht zu einem Pferdeschwanz gebunden, sondern rahmte sein Gesicht ein. Carmel hatte ein Tank-Top und Baumwoll-Leggings an, Lloyd Boxer-Shorts, bedruckt mit Walen mit witzigen Gesichtern, Tony weiße Shorts und ein T-Shirt mit dem Logo der Universität von Kalifornien.
»Ich habe mich angezogen, bevor ich rausging. Ich wusste
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